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Testbericht

Marcel Sommer, 12. März 2015
Wem Autovermietungen zu teuer sind oder wer seinen eigenen Wagen nur selten nutzt, für den bietet Carsharing eine gute Lösung. Wer will kann sich auch privat ein Auto mieten.

Was sehen die Werbeplakate der Autovermieter nicht immer ansprechend aus. Und auch vor großen Installationen zum Zwecke der Aufmerksamkeithascherei schreckt so manch großes Unternehmen nicht zurück. Nur blöd, wenn am Ende der angefixte Kunde kurz vor der finalen Unterschrift am Mietwagen-Schalter die Biege macht. Zu hoch sind die Kosten für zu wenig Auto. Und wenn dann noch Extrawünsche wie Babyschalen, Kindersitze oder Sonstiges hinzubestellt werden müssen, kommt der Gang zum Gebrauchtwagenhändler fast schon billiger als das Geschäft mit einem Premium-Vermieter. Kein Wunder, dass dieser Zustand für Handlungsbedarf sorgte. Der große Begriff des Carsharings wurde geboren und mit ihm mittlerweile rund 150 Anbieter. Bis zum Jahr 2020 soll laut Experten die Anzahl der Nutzer allein in Europa auf 15 Millionen steigen. Eine Millionen sind es aktuell in Deutschland.

Dabei haben sich zwei Systeme herauskristallisiert: das Free Floating und die stationären Anbieter. Bei letzterem muss das Auto dort wieder abgestellt werden, wo man es abgeholt hat. Zudem werden diese Fahrzeuge für einen festen Zeitraum gebucht. Beim Free Floating wird sich spontan erkundigt, ob und wo gerade ein Fahrzeug verfügbar ist. Die Abgabe des Autos kann dann an irgendeinem Abgabepunkt im Geschäftsgebiet erfolgen. Neben den durch Hersteller wie Smart oder BMW oder die Deutsche Bahn bekannt gewordene Carsharing-Modelle a la Car2go, DriveNow oder Flinkster stehen noch kleinere, geradezu private Auto-Leih-Netzwerke zur Verfügung. Die sogenannten Community-Carsharer wie Autonetzer legen gesteigerten Wert auf persönlichen Kontakt und gute Bewertungen untereinander. Im Zeitalter des Smartphones wird natürlich auch dieses Portal online bereitgestellt.

Seit rund fünf Jahren macht in Frankreich das von Paulin Dementhon gegründete Unternehmen Drivy von sich reden. Bis heute hat Drivy bei unseren Nachbarn über 450.000 registrierte Benutzer, die auf rund 20.000 Fahrzeuge zugreifen können. Nun startet Paulin Dementhon erste große Schritte auf deutschem Boden: "Wir freuen uns sehr, mit Deutschland den Startschuss für unsere Expansion geben zu können und wollen auch hier innerhalb kürzester Zeit so viele Autos mit Drivy wie möglich zurück auf die Straßen bringen."

Damit aus der Idee keine Schnapsidee wird, hat er sich starke Unterstützung aus Deutschland mit ins Team geholt, mit Gero Graf an der Spitze. Der Drivy-Geschäftsführer Deutschland war zuvor sechs Jahre lang bei Google in London für den Bereich Strategische Partnerschaften verantwortlich und verrät nun seine Ziele: "Mit Berlin und Hamburg haben wir den ersten großen Schritt gemacht. Eines unserer Kernziele ist es, unsere Vermieter wie Mieter aktiv zu unterstützen. Diese Präsenz ist unabdingbar bei einem Modell, das von einer aktiven Community lebt." Vor kurzem erst ist die bayrische Landeshauptstadt München hinzugewonnen worden. Allerdings ist Drivy schon jetzt in ganz Deutschland verstreut vertreten.

Doch wie funktioniert das Ganze eigentlich? Und vor allem: Wie sicher ist das? Ganz zu Anfang steht die kostenlose Registrierung auf der Website oder der Smartphone-Applikation. Dort fällt direkt auf, dass das Mindestalter 21 Jahre beträgt und der Führerschein mindestens zwei Jahre alt sein muss. Grundvoraussetzung ist aber nicht nur ein geeignetes Baujahr des Mieters oder das Führerscheinalter, sondern der Besitz einer Kreditkarte. Denn bei Drivy kann und darf nur online bezahlt werden. Der Grund dafür liegt in der Versicherung, die nur diese Art der Zahlung akzeptiert. Was zum nächsten Punkt führt, der Absicherung von Mieter und Vermieter.

Einfach formuliert tritt für die vereinbarte Mietdauer bei Diebstahl oder Beschädigung nicht etwa die Versicherung des Vermieters ein, sondern eine eigens entwickelte Ad-hoc-Versicherung der Allianz. Sie deckt sowohl Haftpflicht-, als auch Teil- und Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung in Höhe von bis zu 800 Euro ab - diese kann auch reduziert werden. Zudem ist der Mieter durch einen integrierten Schutzbrief rundum abgesichert, ein 24 Stunden Pannendienst steht außerdem kostenlos zur Verfügung. Diese spezielle Versicherung deckt Autos mit einem Wert bis zu 45.000 Euro ab. Für die Reinigung am Ende der Mietdauer ist der Mieter zuständig. Kommt es zu groben Verschmutzungen, die nur durch professionelle Fachkräfte gesäubert werden können, können zusätzliche Kosten anfallen.

Vor der endgültigen Miete des Privatwagens, der im Optimalfall dem Nachbarn oder einem in Wurfdistanz wohnenden Fahrzeugbesitzer gehört, muss noch die Kilometeranzahl geschätzt werden, die während der Mietdauer zurückgelegt wird. Wird mehr gefahren, muss nachgezahlt werden. Wird weniger gefahren, gibt es eine Rückzahlung. Die Tankfüllung gehört nicht zum Mietvertrag hinzu, soll heißen, das Fahrzeug sollte mit der gleichen Spritmenge wieder abgegeben werden, die es zuvor hatte. Dass an dem Gesamtvorgang nicht nur der Vermieter des im Schnitt 30 Euro pro Tag teuren Fahrzeugs verdient, ist klar. 70 Prozent des Mietbetrags bekommt der Vermieter, die übrigen 30 Prozent decken die Kosten für die Versicherung und das Betreiben der Website ab. Wer sein eigenes Auto innerhalb eines Monats also nur selten benötigt, kann mithilfe von Drivy nicht nur anderen Menschen eine Freude machen, sondern auch knapp 1.000 Euro nebenher verdienen. Und das ganz legal und ohne große Risiken.

Quelle: Autoplenum, 2015-03-12

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