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Testbericht

Jürgen Wolff, 1. Dezember 2008
Wer kauft sich so ein Auto? Einer, der elegant Coupé fahren und trotzdem Platz für Vier haben will. Einer, der sportlich und trotzdem komfortabel unterwegs sein will. Einer, der Lust hat an Form und Funktion - und sich diese Lust leisten kann.

Wer zum ersten Mal vor einem Mercedes CLS steht, der wird bei diesen Formen zuerst an einen klassischen Italiener denken. Wer dann den Stern sieht, wundert sich: Die Schwaben können also Avantgarde - wenn sie nur wollen. Technisch basiert der CLS auf der E-Klasse. Aber optisch hat er nichts mit den biederen Dienst-Limousinen gemein.

Länger, breiter - wie ein Bogen spannt sich die geschwungene Karosserie über beinahe fünf Meter bis zum stark abfallenden Heck. Die vier(!) Türen sind - wie es sich für ein Coupé gehört - rahmenlos. Die Spur hat um 3,5 bzw. fünf Zentimeter zugelegt - das macht den CLS zusammen mit den Scheinwerfern und den Lufteinlässen optisch breit und flach. Nicht anders die Wirkung der schmalen Seitenfenster und der durchgehenden Sicke an den Seiten. Langgestreckt, dynamisch, kraftvoll, schnittig elegant. Emotional. Ein Mercedes, der ein Hingucker ist. Einzig störend: Die beiden etwas arg bullig ausgefallenen Auspuffrohre. Doch mit den dicken Dingern ist man schnell versöhnt, wenn man sie mal bei der Arbeit hört - der Sound hat Sportwagenniveau.

Kaum eine gerade Linie ist am CLS zu finden. Nicht außen. Und nicht innen. Dort herrscht luxuriöse Clubatmosphäre mit viel edles Holz und Leder. Und die Dimensionen sind eher die einer Limousine denn die eines herkömmlichen Coupés. Man fühlt sich, nun ja, "geborgen". Wie es sich für solch ein Automobil gehört, ist die Verarbeitung bis in die Details vom Feinsten. Mattes Wurzelholz, Chromringe, glänzende Leisten. Einziger Minuspunkt an unserem Testwagen: Die Düsen der Klimaanlage pfiffen beim Fahren leise vor sich hin, sobald man sie auf Null regelte.

Die Sitze sind schon so selbst für lange Strecken sehr bequem und bieten in jeder Situation den passenden Seitenhalt. Wer will, kann sie gegen Aufpreis hochrüsten mit Massagefunktion und Fahrdynamik-Option. Die pumpt je nach Kurvenfahrt die Seitenpolster auf und stützt den Körper so zusätzlich. Platz ist reichlich - erst recht für ein Coupé. Vorne finden selbst Basketballer ausreichend Platz, hinten zumindest normal gewachsene Mitteleuropäer unter 1,85 Körpergrösse. Angenehm auch, dass der durchgezogene Mitteltunnel von vorne herein klar macht: Vier Passagiere maximal. Das sorgt für reichlich Luftraum zu den Seiten. Platz genug ist auch für das Gepäck: Mit 505 Litern hat der Kofferraum des CLS Limousinenmaße.

Als schön, aber nicht unproblematisch zeigen sich im Alltag schnell die schmal laufenden Seitenfenster. Ein bisschen erinnert das an den Audi TT - der hat als bösen Spitznamen nicht von ungefähr "Panzerspähwagen". Aber: Dem CLS verzeiht man die enge Rundumsicht schnell - sie ist nun mal dem ausgefallenen Design geschuldet. Und zum Rangieren ordert man bei einem 5-Meter-Auto ohnehin am besten gleich die Parktronic. Der Einstieg ist unproblematisch - selbst hinten findet man ohne größere Verrenkungen Platz. Der Lärmpegel ist selbst bei höheren Geschwindigkeiten niedrig - weder Motor noch Wind trüben den Genuss der Musik, die aus einer Anlage kommt, die selbst manches Wohnzimmer schmücken würde.

Technisch haben sich die Ingenieure beim CLS an allem bedient, was bei Mercedes-Benz gut und teuer ist - und das Autofahren angenehm macht. Serienmäßig gibt es beim CLS 500 die Luftfederung Airmatic, SBC-Bremsen und Siebengang-Automatik. Das Fahrwerk bietet den gewohnt hohen Abrollkomfort und macht den CLS mit zu einem exzellenten Langstrecken-Auto. Ab 130 km/h senkt die Niveauregulierung den CLS um 15 Millimeter ab - auch das sorgt für ein sattes Fahrgefühl.

Kaum Seitenneigung, ein wenig Untersteuern - dynamisch und agil geht der CLS um jede Kurve. Gleiten statt fahren. Ein weitere Wohlfühl-Faktor: das Automatik-Getriebe 7G-Tronic. Es ist perfekt auf den bulligen Motor abgestimmt und schaltet ohne Hektik ruckfrei und kaum spürbar. Nur wenn man gerne selbst ein wenig mehr Hektik hätte und beim schnellen Überholen auf der Landstraße voll durchtritt, reagiert das Getriebe auf den Kickdown etwas träge. Da hilft dann der straffere und höher drehende Sportmodus: Über einen Knopf lassen sich die Fahrprogramme "C"omfort, "S"port und "M"anuell einstellen. Im M-Modus werden die Gänge über die Wipptasten am Lenkrad hoch und runter schalten.

Bleibt noch der Motor. Der 350er CLS ist schon ausreichend motorisiert - der CLS 500 mit seinem V8 mehr als das. Fünf Liter, 225 kW/306 PS - das reicht für jede Lebenslage. Das Drehmoment von 460 Nm sorgt schon ab 2700 U/min für einen Vortrieb, der der Optik des CLS entspricht. In 6,1 Sekunden katapultiert der V8 die 1,8 Tonnen Auto aus dem Stand auf Tempo 100, bei 250 km/h wird abgeregelt. Die 11,3 Liter Super, die Mercedes als Durchschnittsverbrauch angibt, sind dabei allerdings reines Wunschdenken: Wir haben den CLS 500 gut 3700 Kilometer bewegt, wie es sich für einen Reisewagen gehört meistens auf Autobahnen und Landstraßen. Der Durchschnittsverbrauch dabei: 13,7 Liter. Aber wer CLS fährt sollte nicht nur einen guten und extravaganten Geschmack haben sondern auch ein ordentlich ausgepolstertes Konto. 69.310 kostet die "Basisversion" des CLS 500. Und wie gewohnt hat Mercedes noch eine ganze Reihe von Annehmlichkeiten im Katalog. Gegen Aufpreis, versteht sich. Wer also fahrdynamische Sitze, Parktronic und ähnliches will hat wenig Mühe, über die 80.000er-Grenze zu kommen. Es war eben schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben.

Quelle: Autoplenum, 2008-12-01

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