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Testbericht

Stefan Grundhoff, 25. Januar 2008
Wie kaum eine andere Luxuslimousine weckt ein Jaguar XJ Begehrlichkeiten. Dabei kennen ihn viele nur aus einem der alten Derrick-Krimis: Tatort München-Grünwald. Auch heute noch trifft man dort besonders viele XJ8.

Natürlich fährt hier in Grünwald nicht jeder Jaguar. Auch in dem Nobelvorort im Münchner Süden sind andere Marken unterwegs - bevorzugt die Topmodelle von Mercedes, Porsche oder BMW, daneben eine handvoll Audi und Maserati. Doch wer an Grünwald denkt und sich in TV-Krimiklassikern halbwegs auskennt, der verbindet mit Grünwald vor allem den Jaguar XJ. In dem fuhren die wohlhabenden Bösewichte immer wieder in der noblen Einfahrt vor der ebenso noblen Villa rauf und runter - um schließlich doch von Horst Tappert, alias Derrick, dingfest gemacht zu werden. Bevor Harry schon mal den Wagen holte. Der war meist bayrischer Bauart.

Lang ist's her - und Derrick Fernsehgeschichte. Der XJ aber ist noch da. Auch in Grünwald. Mittlerweile in der siebten Generation. Edelstes Leder, Hölzer, elektrische Sitze, natürlich beheizt oder gekühlt - und das ganze untermalt von bulliger V8-Power. In dieser Liga geht man von einem exzellenten Grundniveau aus.

Da beleidigt es das Auge fast schon, wenn Jaguar bei der Erstellung eines solchen Prachtstücks nach wie vor zu Armaturen und Bedienelemente aus der Ford-Mittelklasse greift: Temperaturregler, Lichtschalter, Heckrollo und zahllose Kunststoffapplikationen. Das können auch weiches Leder, polierte Holzpaneele und Klavierlack in der Mittelkonsole nicht kompensieren. Es ist eine Vielzahl an Kleinigkeiten, die einen Enthusiasten stören. Und man muss schon Jaguar-Liebhaber sein, um ihn lieben oder zumindest kaufen zu können.

Denn in Sachen Preisgestaltung steht der XJ8 seiner deutschen Konkurrenz im nichts nach. Alles ist möglich - vom XJ6 Diesel über den XJ8 3.5 bis zum Topmodell XJR mit Kompressoraufladung. Heißt: Für ein phantastisches Auto irgendwas zwischen 63.800 und 91.000 Euro als Basispreis ausgeben - und Leistungen zwischen 207 und 395 PS genießen. Nicht nur aus der Sicht von Preis und Leistung lockt besonders der 2.7 Liter große Diesel.

Besonders in der Langversion wird der Achtzylinder mit 4,2 Litern Hubraum interessant. Er startet als 5,21 Meter langer Sovereign immerhin bei 77.150 Euro und lockt mit standesgemäßen Fahrleistungen. 219 kW/299 PS und 411 Nm Drehmoment bei 4.100 U/min sind in der Liga der Besten trotz perfekter Sechsstufenautomatik zwar nicht das Maß der Dinge, aber kraftvoll genug.

Denn bei Kritik an der Leistung weisen Entwickler und Marketing der Briten immer wieder auf den imposanten Gewichtsvorteil hin. Dank Aluminiumkarosse und zahlloser Leichtbauelemente wiegt der 1,7 Tonnen schwere XJ8 mindestens 300 Kilogramm weniger als die kräftiger motorisierten Audi-, BMW- und Mercedes-Modelle. So erklären sich vielleicht nicht die abgeregelten 250 km/h Spitze. Wohl aber der sportliche Spurt von 0 auf 100 km/h in 6,6 Sekunden.

Trotzdem könnte der XJ8 auch ohne Kompressoraufladung mehr Power vertragen. Gerade in höheren Drehzahlen oder ab Tempo 210 fahren viele dem XJ8 davon. Hier fehlt es gerade an der Elastizität und lässigen Souveränität, die bei ihm unten herum so begeistern. Wer den versprochenen Durchschnittsverbrauch von 11,4 Litern pro 100 Kilometern real erreichen möchte, sollte sich vorher die geeigneten Wegstrecken aussuchen. Real ist unter 13 Litern kaum was zu machen, doch auch 15 Liter und mehr sind selbst ohne Vollgasetappen jederzeit drin.

Das Design lässt dann aber wieder vergessen, dass dieser XJ8 seine Makel hat. Die filigran gezeichnete Doppelscheinwerfer-Front, die grandiose Seitenansicht und das sehenswerte Heck - da sieht man auch über den zerklüfteten und viel zu flachen Kofferraum mit 470 Litern Stauraum hinweg. Besonders mit dem langen Radstand des Sovereign genießt das Publikum im Fond noch mehr Freiheiten. Wer zwischen Grünwald und dem Münchner Flughafen draußen im Nordosten einmal zu viert unterwegs ist, der wird den zusätzlichen Komfort schnell zu schätzen wissen. Denn der normale XJ8 ist durch die niedrige Dachlinie und seine Sitzkonstruktion zumindest nicht mit den opulentesten Platzverhältnissen gesegnet. In Grünwald und den Derrick-Nachfolgeserien wird der Jaguar XJ8 sicher ein gern gesehener Nebendarsteller bleiben.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-25

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