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Testbericht

Stefan Grundhoff, 28. Januar 2008
Die Zeiten, in denen Chevrolet allein durch die Umbenennung von Daewoo für Gesprächsstoff sorgte, sind vorbei. Nun muss die Marke selber glänzen. Neben dem Captiva soll dafür auch der große Epica sorgen.

Dass Chevrolet erfolgreich Kleinwagen bauen kann, ist längst bewiesen. Die Marke steht unverändert gut da, wächst und gedeiht. Nach dem Pflichtprogramm mit Matiz, Kalos und Nubira nimmt man sich nun die größeren Segmente vor. Gerade die neuen Flaggschiffe Captiva, ein Bruder des Opel-SUV Antara, und die Limousine Epica sollen das Markenprofil schärfen und Image bringen. Dazu kommt, dass sich Chevrolet durch die Nachrüstung von Gasantrieben einen Namen gemacht hat.

Dass der Epica auf dem allenfalls zweitklassigen Vorgänger Evanda basiert, sieht man ihm nicht einmal auf den zweiten Blick an. Allein schon vom Design her trennen die beiden Welten. Die Optik ist elegant wie bei keinem anderen Chevrolet. Fließende Formen, markante Leuchten und üppige Dimensionen schinden nicht nur an der Tankstelle Eindruck. Unser Münchner Tankwart hat den Epica noch nie gesehen. "Was ist denn das für einer?", fragt er deutlich interessiert und schaut verdutzt auf die Flüssiggaszapfsäule: "Tankt der etwa Gas?" Genau. Nach ein paar Minuten Tech-Talk sind die Fakten geklärt, Herr Friesener hat auf allen erdenklichen Positionen im Innenraum Platz genommen - und ist durchaus beeindruckt. Einen Chevrolet hätte er trotz des großen Logos und des Heckschriftzuges nun doch nicht in diesem Kleid erwartet.

Trotzdem wird es hier nichts mit der Erdgasbetankung - die Zapfsäule funktioniert gerade nicht. Hätte er auch früher sagen können. Aber er wollte anscheinend den Wagen erst einmal in Augenschein nehmen und die Frühstückspause verlängern. Das entschuldigt. Viel Platz hat der Epica – das ist dem Tankwart direkt aufgefallen. Das Platzangebot liegt über Mittelklasse-Standard. Die Ellenbogen von Fahrer und Beifahrer kommen sich nicht ins Gehege und hinten haben auch größere Passagiere ausreichend Raum für Kopf und Knie. Vorne und hinten sitzt man trotz der üppigen Dimensionen jedoch nur mittelprächtig. Die Ledersitze sehen zwar gut aus. Doch beim Thema Seitenhalt und Beinauflage haben die Koreaner geschlampt. Auch der Verstellbereich der vorderen Sitze ist allenfalls mittelprächtig und die hinteren Kopfstützen genügend gerade mal für Personen bis 1,60 Meter. Der Kofferraum bietet 480 Liter Stauraum - mehr als bei Audi A4 oder Mercedes C-Klasse.

Schlecht sieht es im Epica nicht aus. Gerade die Haptik stimmt. Wer auch tagsüber mit eingeschaltetem Licht fährt, hat ein Problem, das man aus Cadillac und Saab schon kennt: Das Radio-Display lässt sich kaum entziffern. Ein vernünftiges Bildschirmnavigationssystem sollte in dieser Fahrzeugklasse ebenfalls zumindest in der Optionsliste stehen – tut es aber nicht.

Dafür ist der Epica mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Für eine Limousine dieser Dimension sicher passend – im Epica eine glatte Fehlbesetzung. Die zwei Liter Hubraum haben trotz sechs Zylindern und 105 kW/144 PS alle Mühe, den Epica flott zu bewegen. Egal ob in der Stadt, auf der Landstraße oder auf der Autobahn: Der 24-Ventiler erweist sich als lahme Gurke. Jeder Hauch von Elastizität wird von der untauglichen Automatik geschluckt. Auch das maximale Drehmoment von 195 Nm bei 4.600 Touren ist kaum zu spüren. Den Spurt von 0 auf Tempo 100 erledigt der Fronttriebler in knapp zwölf Sekunden. Wer den Kick-Down der Automatik reizt, bekommt ein so lautes Motorengeheul zurück, dass man Zweifel hegt, ob da unter der Motorhaube wirklich sechs Brennräume ihre Arbeit verrichten. Lässt man den Epica dagegen lässig cruisen, säuselt er sanft und besser gleich für den Epica 2.5 entscheiden. Auch der ist mit 116 kW/156 PS zwar kein Leistungsträger. Aber das Plus an Hubraum ist gerade bei der Automatikversion unverzichtbar.

Über einen unscheinbaren Schalter an der Mittelkonsole kann man die Betriebsart auswählen: Gas oder Benzin. Einen merkbaren Unterschied beim Fahren sucht man vergeblich. Egal ob mit konventionellem Superkraftstoff oder dem günstigen Autogas: Der Epica schnurrt wie ein Kätzchen - wenn man ihn nicht reizt. Mit dem kleinen Sechszylinder schafft der Epica eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 200 Km/h. Der Durchschnittsverbrauch pendelt sich bei knapp zehn Litern auf 100 Kilometern ein.

Wer sich mental und seelisch auf die fehlenden Kraftreserven einstellt, der kann die Fahrt im Epica durchaus genießen. Die Federung ist komfortabel und ordentlich, die Lenkung jedoch zu unpräzise. In schnell gefahrenen Kurven stören die spürbaren Nick- und Wankbewegungen. Spätestens dann kommen die Erinnerungen an den alten Evanda wieder hoch.

Sollte man nun mit dem Chevrolet Epica flirten oder ihm gleich einen Korb geben? Eine sehr gut ausgestattete Mittelklasselimousine bekommt man kaum irgendwo anders für die 20.890 Euro des Epica. Wer die höhere LT-Ausstattungsvariante (ab 22.990 Euro) wählt, freut sich über beheizbar Ledersitze, Klimaautomatik, sechs Airbags und Einparkhilfe. Die 1.500 Euro teure Automatik kann man sich getrost sparen. Manko: Ein standesgemäßes ESP ist derzeit ebenso wenig zu haben wie lichtstarke Xenonscheinwerfer. Die optionale Gasanlage kostet 2.690 Euro und ist wegen des günstigen Kraftstoffs und der zusätzlichen Reichweite eine gute Wahl – wenn man genügend Zapfsäulen in der Umgebung hat. Das ist immer noch schwieriger als erwartet. Schon deshalb ist ein entsprechend ausgestattetes Navigationssystem mit Infos über die Autogas-Tankstellen unvermeidlich.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-28

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