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Testbericht

Stefan Grundhoff, Chicago, 13. Oktober 2008
Zum Jahreswechsel gibt es einen neuen Audi Q7 3.0 TDI. Seine Qualitäten sieht man ihm nicht an und zunächst gibt es den Sauber-SUV nur in den USA: Audi will den Amis endlich Geschmack auf Diesel machen.

Für die meisten Amerikaner sind Diesel lahm, dreckig und laut. Das in den frühen 80ern entstandene Bild konnte auch der finanzstarke Einsatz von Mercedes und Volkswagen in den vergangenen beiden Jahren nicht ändern. In diesem Winter gibt es nun eine neue Dieseloffensive - und insbesondere Audi prescht mit seinem neuen Q7 voran. Dass der V6 TDI mit 165 kW/225 PS weniger Leistung hat und auch einen Hauch mehr verbraucht als das bekannte Europa-Modell soll dem Ingolstädter nicht als Schwäche ausgelegt werden. Im Gegenteil: Der 3.0 V6 TDI ist der erste Audi-Diesel in den USA. Er gilt Dank Harnstoffeinspritzung und zahlreicher innermotorischer Maßnahmen als ULEV – ultra low emission vehicle - und erfüllt die strengste Abgasvorschrift der Welt, die kalifornische LEV II BIN 5, die weitgehend der für 2014 geplanten Euro-6-Norm entspricht.

Insofern ist der neue Q7 nicht nur eine Eintrittskarte für den begehrten US-Markt, sondern auch ein Testballon für Europa. Im Laufe des Jahres 2009 soll der Saubermann-Q7 auch nach Deutschland kommen. Das einzige, was dem neuen Hoffnungsträger aus Ingolstadt fehlt, ist ein veritabler Name. Denn anders als Mercedes-Benz, die ihren Clean-Diesel-Modellen den Namenszusatz "Bluetec" verpassten, heißt der Audi Q7 schlicht "TDI" - und somit genauso wie seine erfolgreichen Diesel-Brüder aus Europa. Im Gegensatz zum bekannten 3.0-TDI-Aggregat verfügt der US-Q7 nicht nur über Abgasrückführung und einen Partikelfilter der neusten Generation, sondern auch über Zusatzkatalysator und AdBlue-Tank, aus dem eine Harnstofflösung in den Abgasstrom eingespritzt werden kann. Dieses Reinigungssystem reduziert die Stickoxide um bis zu 90 Prozent.

Dafür gibt es 225 statt 240 PS, 550 Nm maximales Drehmoment, eine Spitzengeschwindigkeit von 216 km/h, ein besseres Ansprechverhalten des Turbos und einen Durchschnittsverbrauch von gut 9,2 Litern Diesel auf 100 Kilometern. Der soll die Verbrauchsvorgaben der Hybridmodelle gerade auf Autobahnen und Landstraßen deutlich schlagen. Während der Q7 V6 TDI in den USA generell mit dem Clean-Diesel-Paket ausgestattet ist, wird der deutsche Kunde dies ab kommendem Jahr nur als Extra ordern können – für ein reines Gewissen und eine handvoll zusätzliche Euros. Der Aufpreis steht jedoch noch nicht fest. "Wir haben den Preis für den US-Markt noch nicht kalkuliert", sagt Johan de Nysschen, Chef von Audi of Amerika: "Wahrscheinlich wird man 2.500 bis 3.000 Dollar über dem Preis des V6-Benziners liegen."

Und beim Topmodell Audi Q7 wird es mittelfristig nicht bleiben. Als nächste Modelle sollen A4 und Q5 folgen. Auch Modelle wie der Audi A3 Sportback und der im nächsten Jahr auf den Markt kommende neue A8 dürften eine ULEV-Zukunft haben. "In fünf Jahren können wir über die ganze Palette einen Dieselanteil von 15 Prozent erreichen", blickt Johan de Nysschen hoffnungsfroh in die Zukunft.

Doch Audi ist in diesem Winter nicht der einzige deutsche Autobauer, der den Amerikanern mit neuer Dieseltechnik Lust auf Selbstzünder machen will. BMW hält sich etwas mehr zurück, arbeitet jedoch mit Hochdruck an der Einführung von 335d und X5 3.0 sd auf dem US-Markt. Los gehen soll es noch im Dezember. Der 265 PS starke Dieselmotor mit doppelter Turboaufladung soll grandiose Fahrleistungen und sparsamen Verbrauch unter einen Hut bringen. Bis zu 35 Meilen Reichweite sollen mit einer Gallone Dieselkraftstoff möglich sein. Dank Harnstoffeinspritzung wollen die Bayern für ihre neuen Diesel die Zulassung in allen 50 US-Staaten bekommen. In einem nächsten Schritt kann man BMWs Saubermann-Technik auch für Deutschland erwarten.

Volkswagen bietet den Jetta in den USA bereits seit einiger Zeit mit einem zwei Liter großen TDI-Triebwerk an. Der Touareg soll als Selbstzünder bald folgen. Tim Regenold, Verkaufsleiter bei dem VW-Händler Gossett: "Wir könnten gerade von dem Jetta TDI mehr Diesel verkaufen, wenn wir nur mehr Fahrzeuge bekommen würden. Gerade ein Auto wie den Audi Q5 könnten wir als Diesel bei uns gut brauchen. Wenn der Q7 TDI als Clean Diesel jetzt kommt, sollte ein Modellanteil von 25 Prozent drin sein. Wenn saubere Diesel flächendeckend beworben werden, auch deutlich mehr."

Bisher sieht es in den USA düster aus. Von Januar bis Ende August wurden in diesem Jahr gerade mal 11.605 Dieselfahrzeuge zugelassen. Im gleichen Zeitraum gab es 265.032 Hybride. Beides alles andere als imposant angesichts von zu erwartenden 14 Millionen US-Neuzulassungen gesamt. Mercedes wagte vor knapp zwei Jahren mit dem E 300 Bluetec den Sprung ins kalte Wasser. Mittlerweile sind in den USA auch GL-, ML- und R-Klasse mit dem 210 PS starken Bluetec-Diesel zu bekommen. Doch die Zeiten für die Einführung einer neuen Idee könnten besser sein. Die Vorurteile der Amerikaner in Sachen Diesel sind trotz aller Hightech-Bestrebungen riesig.

Zudem ist der amerikanische Kraftstoffpreis in den vergangenen drei Monaten wieder mächtig in den Keller gegangen. Von weit über vier Dollar pro Gallone (3,8 Liter) normal bleifrei ist der US-Markt flächendeckend wieder unter drei Dollar angekommen. Der gefallene Rohölpreis macht es möglich. Zudem ist Diesel in den USA nach wie vor um 20 bis 25 Prozent teurer als Benzin. Wer fühlt sich da schon genötigt, auf einen sparsamen und hoch effizienten Diesel umzusteigen? Schließlich haben viele Amerikaner derzeit ganz andere wirtschaftliche Probleme.

Quelle: Autoplenum, 2008-10-13

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