Mini Wildgoose - Schuhschachtel fürs Wochenend
Testbericht
Bei einem kleinen Wohnmobil von vorgestern sollte niemand vorschnell an Joker oder Sven Hedin denken. In den 60er Jahren wohnten besonders mutige Briten in dem Mini Wildgoose.
Die 60er Jahre waren eine andere Zeit. Luxustrips waren längst nicht erfunden und farbige Armbänder kannte man kunstvoll geflochten allenfalls im Kindergarten um die Ecke. Campingurlaube standen besonders in Europa hoch im Kurs und wenn es nach Holland oder Spanien ging, gab es nur wenig bezahlbare Alternativen zum bunt getünchten Hauszelt oder einem winzigen Wohnwagen. Die verrückten Briten waren einmal mehr einfallsreicher. Gewohnt schamlos vereinigten sie kurzerhand Wohnwagen und das landeseigene Kultfahrzeug Mini und machten daraus den spektakulären Mini Wildgoose - eine automobile Wildgans, die besonders Rentnerpaare ansprechen sollte. Die wilde Gans wurde nur ein paar dutzend Mal gebaut und ist seit den 60ern in den Jagdgründen der südenglischen Campingplätze verschwunden.
Die Wildgoose könnte hässlicher kaum sein. Sie sieht so aus, als sein ein historischer Mini unachtsam rückwärts in einen Wohnwagen gekracht. Der Mini Wildgoose fährt sich auch so. Krampfhaft versuchte dieser Mini mit Schneckenhaus in den turbulenten 60er Jahren die Vorteile eines Wohnwagens mit denen eines Alltagsmobils unter ein fahrendes Dach zu bringen. Kaum vier Meter lang, mag man nicht daran glauben, dass diese Wildgans zumindest theoretisch für vier Personen gedacht war. Selbst zu zweit ist die Übernachtung auf kleinstem Raum eine stimmungsvolle Herausforderung, die man sich gerne erspart. Diese wird nicht kleiner, wenn der Mini Wildgoose wie der Dienstwagen von Inspektor Gadget seine Geheimnisse erst auf den zweiten Blick preisgibt. Denn der hässliche Brite ist klein, aber oho. Elektrisch lässt sich sein Hubdach ausfahren und wem bei seinem Anblick in schmuckem weiß-vailantgrün vorher noch nicht die Spucke weggeblieben ist, der verlangt spätestens jetzt im ausgefahrenen Zustand nach einem Glas Wasser - oder schalem Ale. Wer sich seinerzeit in den rollen Schuhkarton verguckte, musste sich erst einen Mini Van kaufen und dann je nach Ausstattung nochmals zwischen 400 und 650 britische Pfund für den Umbau auf den wackelnden Tisch des Hauses legen. Kaum mehr als 60 Fahrzeuge sollen je verlauft worden seien. Es dürfte kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es 60 klassische Fehlkäufe waren.
Ein elektrisches Hochdach - und das in den 60er Jahren? Naja, die Briten eben. Nur die Arretierung des wilden Dachkonstrukts geschieht nach der geradezu verblüffenden Aufzugsorgie über ein Kettensystem mit einer Handkurbel hinter dem Fahrersitz des Rechtslenkers. So sah Campingkomfort in den 60ern aus. Der Mini Wildgoose ist einfach eine verrückte Kiste. Monty Python lässt grüßen. Nach heutigen Maßstäben kann man sich weder vorstellen, dass einmal jemand mit diesem Schuhkarton auf Rädern in Urlaub gefahren ist; noch mag man daran denken, dass erwachsene Personen in diesem Vehikel ihre Nächte verbracht oder tagsüber gekocht haben. Denn auch wenn es die äußeren Dimensionen kaum befürchten lassen - die wilde Gans ist ein vollwertiges Wohnmobil. Ist der gewünschte Stellplatz in den stürmisch-feuchten Highlands erst einmal gefunden und hat sich das Hochdach teilelektrisch in den verhangenen Himmel gereckt, wird der Wohnraum hinter der winzigen Fahrgastzelle zu einem eben solchen. Das zusätzliche Gepäck befördert der winzig-klobige Brite in einer gebastelten Box über der Fahrgastzelle.
Der Zahn der Zeit hat an einem der wenigen verbliebenen Einzelstücke mit der laufenden Nummer 18 genagt. Egal ob im Stand oder während der Fahrt ächzt die Holzkonstruktion des verlängerten Mini als hätte ihr letztes Stündlein geschlagen. Besonders schlimm ist es bei Kopfsteinpflaster oder unebener Fahrbahn. Hier scheint der Retro-Camper jede Sekunde in seine Bestandteile auseinanderzubrechen. Das kleine Motörchen schnurrt mit der aerodynamisch wenig filigranen Form längst nicht munter vor sich hin, sondern hat Mühe, auf Touren zu kommen. Tempo 80 ist locker drin - alles Schnellere wird zum Himmelfahrtskommando auf winzigen 10-Zöllern. Der Geradeauslauf des Brit-Campers ist kaum als solcher zu bezeichnen. Auch auf schnurgeraden Strecken windet sich das kleine Campingmobil wie eine Klapperschlange auf dem Weg zur Nachspeise. Da schadet es nicht, dass der gerade einmal 848 Kubikzentimeter große Vierzylinder mit seinen 34 PS nur die schmalsten Ansprüche an ein flottes Fortkommen befriedigt. Geschaltet wird natürlich mit Zwischengas. Nach hinten sieht man nichts, denn das Fenster der zweiteiligen Hecktür ist von einer schmucken Gardine nicht nur gegen neugierige Blicke von außen geschützt und die Teleskop-Außenspiegel geben kaum Informationen über den nachfolgenden Verkehr.
Und die Platzverhältnisse in der schmalen Fahrgastzelle sind so karg, dass man nicht nur bei den zahlreichen Schaltvorgängen schon einmal Körperkontakt mit dem oder der Copilotin aufnimmt. Schadet nicht für den späteren Verlauf des Abends - die nächste Nachtruhe kommt bestimmt. Im Stand beruhigt sich die Lage erst einmal. Per Kletterorgie geht es vorbei an dem überdimensionalen Lenkrad und den dünnen Stöckchen, mit denen sich Blinker oder Schaltung bedienen lassen. Wirklich dicht ist es rund 50 Jahre nach dem Stapellauf nicht mehr. Durch die porösen Gummidichtungen pfeift der Wind, als hätte man die hintere Tür geöffnet. Ist sie aber nicht. Gleiches gilt für die kaum vorhandene Isolierung für Wärme oder Geräusche. Die Mini Wildgoose bietet nur einen Hauch mehr Komfort und Wetterschutz als ein wackeliges Zelt. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die Polster der Inneneinrichtung in die rechte Position gebracht und man kann Platz nehmen, um die außerhalb des Campers auf einem Gasherd bereiteten Speisen zu verdrücken.
Nach dem Abendessen wird der Tisch per mehrteiliger Stabkonstruktion zur Unterlage des Bette. Die Sitzkissen klettern ebenfalls nach oben während der Mini Wildgoose getreu seinem Namen wild im Wind wankt. Man sollte sich mögen, wenn man gemeinsam in welcher Konstellation auch immer im Mini Wohnmobil von einst sein Lager teilt - sehr mögen. Sonst zieht der erste in die nur 20 Meilen entfernte Bed-and-Breakfast-Pension um, noch bevor man sich zum ersten Mal herum gedreht hat. Vielleicht sollte man dort direkt die Nacht verbringen und im Mini Wildgoose nur seine Tage genießen. Die sind spannend genug. Da tut Erholung Not.
Die 60er Jahre waren eine andere Zeit. Luxustrips waren längst nicht erfunden und farbige Armbänder kannte man kunstvoll geflochten allenfalls im Kindergarten um die Ecke. Campingurlaube standen besonders in Europa hoch im Kurs und wenn es nach Holland oder Spanien ging, gab es nur wenig bezahlbare Alternativen zum bunt getünchten Hauszelt oder einem winzigen Wohnwagen. Die verrückten Briten waren einmal mehr einfallsreicher. Gewohnt schamlos vereinigten sie kurzerhand Wohnwagen und das landeseigene Kultfahrzeug Mini und machten daraus den spektakulären Mini Wildgoose - eine automobile Wildgans, die besonders Rentnerpaare ansprechen sollte. Die wilde Gans wurde nur ein paar dutzend Mal gebaut und ist seit den 60ern in den Jagdgründen der südenglischen Campingplätze verschwunden.
Die Wildgoose könnte hässlicher kaum sein. Sie sieht so aus, als sein ein historischer Mini unachtsam rückwärts in einen Wohnwagen gekracht. Der Mini Wildgoose fährt sich auch so. Krampfhaft versuchte dieser Mini mit Schneckenhaus in den turbulenten 60er Jahren die Vorteile eines Wohnwagens mit denen eines Alltagsmobils unter ein fahrendes Dach zu bringen. Kaum vier Meter lang, mag man nicht daran glauben, dass diese Wildgans zumindest theoretisch für vier Personen gedacht war. Selbst zu zweit ist die Übernachtung auf kleinstem Raum eine stimmungsvolle Herausforderung, die man sich gerne erspart. Diese wird nicht kleiner, wenn der Mini Wildgoose wie der Dienstwagen von Inspektor Gadget seine Geheimnisse erst auf den zweiten Blick preisgibt. Denn der hässliche Brite ist klein, aber oho. Elektrisch lässt sich sein Hubdach ausfahren und wem bei seinem Anblick in schmuckem weiß-vailantgrün vorher noch nicht die Spucke weggeblieben ist, der verlangt spätestens jetzt im ausgefahrenen Zustand nach einem Glas Wasser - oder schalem Ale. Wer sich seinerzeit in den rollen Schuhkarton verguckte, musste sich erst einen Mini Van kaufen und dann je nach Ausstattung nochmals zwischen 400 und 650 britische Pfund für den Umbau auf den wackelnden Tisch des Hauses legen. Kaum mehr als 60 Fahrzeuge sollen je verlauft worden seien. Es dürfte kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es 60 klassische Fehlkäufe waren.
Ein elektrisches Hochdach - und das in den 60er Jahren? Naja, die Briten eben. Nur die Arretierung des wilden Dachkonstrukts geschieht nach der geradezu verblüffenden Aufzugsorgie über ein Kettensystem mit einer Handkurbel hinter dem Fahrersitz des Rechtslenkers. So sah Campingkomfort in den 60ern aus. Der Mini Wildgoose ist einfach eine verrückte Kiste. Monty Python lässt grüßen. Nach heutigen Maßstäben kann man sich weder vorstellen, dass einmal jemand mit diesem Schuhkarton auf Rädern in Urlaub gefahren ist; noch mag man daran denken, dass erwachsene Personen in diesem Vehikel ihre Nächte verbracht oder tagsüber gekocht haben. Denn auch wenn es die äußeren Dimensionen kaum befürchten lassen - die wilde Gans ist ein vollwertiges Wohnmobil. Ist der gewünschte Stellplatz in den stürmisch-feuchten Highlands erst einmal gefunden und hat sich das Hochdach teilelektrisch in den verhangenen Himmel gereckt, wird der Wohnraum hinter der winzigen Fahrgastzelle zu einem eben solchen. Das zusätzliche Gepäck befördert der winzig-klobige Brite in einer gebastelten Box über der Fahrgastzelle.
Der Zahn der Zeit hat an einem der wenigen verbliebenen Einzelstücke mit der laufenden Nummer 18 genagt. Egal ob im Stand oder während der Fahrt ächzt die Holzkonstruktion des verlängerten Mini als hätte ihr letztes Stündlein geschlagen. Besonders schlimm ist es bei Kopfsteinpflaster oder unebener Fahrbahn. Hier scheint der Retro-Camper jede Sekunde in seine Bestandteile auseinanderzubrechen. Das kleine Motörchen schnurrt mit der aerodynamisch wenig filigranen Form längst nicht munter vor sich hin, sondern hat Mühe, auf Touren zu kommen. Tempo 80 ist locker drin - alles Schnellere wird zum Himmelfahrtskommando auf winzigen 10-Zöllern. Der Geradeauslauf des Brit-Campers ist kaum als solcher zu bezeichnen. Auch auf schnurgeraden Strecken windet sich das kleine Campingmobil wie eine Klapperschlange auf dem Weg zur Nachspeise. Da schadet es nicht, dass der gerade einmal 848 Kubikzentimeter große Vierzylinder mit seinen 34 PS nur die schmalsten Ansprüche an ein flottes Fortkommen befriedigt. Geschaltet wird natürlich mit Zwischengas. Nach hinten sieht man nichts, denn das Fenster der zweiteiligen Hecktür ist von einer schmucken Gardine nicht nur gegen neugierige Blicke von außen geschützt und die Teleskop-Außenspiegel geben kaum Informationen über den nachfolgenden Verkehr.
Und die Platzverhältnisse in der schmalen Fahrgastzelle sind so karg, dass man nicht nur bei den zahlreichen Schaltvorgängen schon einmal Körperkontakt mit dem oder der Copilotin aufnimmt. Schadet nicht für den späteren Verlauf des Abends - die nächste Nachtruhe kommt bestimmt. Im Stand beruhigt sich die Lage erst einmal. Per Kletterorgie geht es vorbei an dem überdimensionalen Lenkrad und den dünnen Stöckchen, mit denen sich Blinker oder Schaltung bedienen lassen. Wirklich dicht ist es rund 50 Jahre nach dem Stapellauf nicht mehr. Durch die porösen Gummidichtungen pfeift der Wind, als hätte man die hintere Tür geöffnet. Ist sie aber nicht. Gleiches gilt für die kaum vorhandene Isolierung für Wärme oder Geräusche. Die Mini Wildgoose bietet nur einen Hauch mehr Komfort und Wetterschutz als ein wackeliges Zelt. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind die Polster der Inneneinrichtung in die rechte Position gebracht und man kann Platz nehmen, um die außerhalb des Campers auf einem Gasherd bereiteten Speisen zu verdrücken.
Nach dem Abendessen wird der Tisch per mehrteiliger Stabkonstruktion zur Unterlage des Bette. Die Sitzkissen klettern ebenfalls nach oben während der Mini Wildgoose getreu seinem Namen wild im Wind wankt. Man sollte sich mögen, wenn man gemeinsam in welcher Konstellation auch immer im Mini Wohnmobil von einst sein Lager teilt - sehr mögen. Sonst zieht der erste in die nur 20 Meilen entfernte Bed-and-Breakfast-Pension um, noch bevor man sich zum ersten Mal herum gedreht hat. Vielleicht sollte man dort direkt die Nacht verbringen und im Mini Wildgoose nur seine Tage genießen. Die sind spannend genug. Da tut Erholung Not.
Quelle: Autoplenum, 2013-12-22
Getestete Modelle
Für diesen Testbericht sind keine passenden Modelle vorhanden.
Ähnliche Testberichte
Autoplenum, 2020-01-12
SUV ohne Geländeambitionen - Mogelpackung für jedermannGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-08
Mini Cabrio Sidewalk - Offener HinguckerGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2019-07-11
Die E-Kleinwagen kommen - Fahrspaß oder Reichweite?Ganzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2018-08-14
Mini Cooper S Delaney Edition - Lässiger Le-Mans-LookGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2017-08-30
Mini Electric Concept - Ein AusblickGanzen Testbericht lesen