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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 31. Dezember 2020
Der Mazda R130 Luce war italienischer als so mancher Fiat und ein Prestigeobjekt des japanischen Herstellers. Das Fahren des eleganten GT, von dem bis Ende 1971 weniger als 1.000 Stück gebaut wurden, ist noch heute ein Erlebnis.

Die Besucher der Tokyo Motor Show des Jahres 1967 trauten ihren Augen nicht. Auf dem Mazda-Stand hatte sich doch glatt ein Italiener eingeschlichen. Denn das Konzeptfahrzeug, ein eleganter Zweitürer mit der Bezeichnung RX-87 glich eher einem Alfa Romeo als einem Mazda. Manch einer glaubte schon an eine Zusammenarbeit des italienischen Autobauers mit den Japanern. Weit gefehlt: Der RX-87 war kein südeuropäisches Kuckucksei, das sich im japanischen Nest breitmachte, sondern trug tatsächlich italienische Gene in sich.

Die offenbarten sich zwei Jahre später, als der Mazda mit dem Namen R130 Luce auf den Markt kam. Luce ist italienisch für Licht. Die stolzen Japaner hatten diesen Beinamen nicht ohne Hintergedanken gewählt, denn der Formengeber des schmucken Fahrzeugs war kein Geringerer als Giorgetto Giugiaro für die \"Carrozzeria Bertone\". Giuseppe Bertones Designschmiede schuf solche rollenden Preziosen wie den Lamborghini Miura, den Lancia Stratos oder den Alfa Romeo 2000 GTV Bertone, dem der Mazda wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich sieht. Kein Wunder, dass der Mazda R130 Luce italienischer aussieht als manches Modell, das Anfang der 1970er-Jahre aus den Montagehallen in Turin oder Mailand rollte.

Den südeuropäischen Charme versprüht der Japaner auch noch heute mit seinen Doppelscheinwerfern, der langen Motorhaube und der geschwungenen Dachlinie samt Vinylbezug sowie den rahmenlosen versenkbaren Scheiben. Innen geht das Dolce Vita made in Nippon mit klassischen Rundinstrumenten und dem Drei-Speichen-Holzlenkrad weiter. Rechts, versteht sich. Angesichts dieser Anhäufung italienischer Details würde man einen Vierzylindermotor mit zwei oben liegenden Nockenwellen und einen Hubraum von 1.750 Kubikzentimetern erwarten. Mazda blieb auch bei diesem Bech-Beau seinem Kreiskolbenmotor-Prinzip treu und packte einen seltenen 13A Zweischeiben Wankelmotor mit einem Kammervolumen von 2 x 665 Kubikzentimetern (also 1.310 Kubikzentimetern Hubraum) und 93 kW / 125 PS unter die Motorhaube.

Das Kreiskolben-Triebwerk (Rotary, deswegen das \"R\" im Namen) war eine technische Meisterleistung. Damit erreichte der knapp unter 1,2 Tonnen schwere Luce eine Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h und absolvierte den Standardsprint von null auf 100 km/h in 8,3 Sekunden. Heute noch schnell genug, damals eine echte Ansage. Das passt auch ins Bild: Der Luce war für Mazda ein Prestigeobjekt, mit dem der Autobauer aus Hiroshima zeigen wollte, was er kann. Also war nur das Beste gut genug: Klimaanlage, Servolenkung und rundherum Einzelradaufhängung samt Scheibenbremsen. Der R130 Luce war der erste Mazda, der den Wankelmotor mit einem Frontantrieb koppelte. Zu einer Zeit, in der die meisten japanischen Limousinen noch eine Starrachse mit Hinterradaufhängung hatten, ein Novum.

Das Fahren in dem schmucken Coupé ist noch heute eine Wonne. Das hochdrehende surrende Aggregat passt zu dem Zweitürer. Damit was vorwärtsgeht, verlangt das Triebwerk nämlich ziemlich vehement nach Drehzahlen. Bei jedem Alfista wandern angesichts dieser Tatsache die Mundwinkel nach oben. Mithilfe der Viergangschaltung kommt man dieser Forderung nur allzu gerne nach und lässt die Drehzahlnadel konstant jenseits der 4.000 Touren tanzen. Dann zeigt der Mazda R130 Luce, was er draufhat.

Am besten tut er das auf Landstraßen. Denn bei aller Kraft aller italienischen Grandezza bleibt das 4,59 Meter lange Coupé im Grunde seines Herzens ein Gran Turismo. Ein Langstrecken-Gleiter. Das merkt man auch am Fahrwerk, das dementsprechend komfortabel abgestimmt und der Grund ist, weshalb sich die Karosserie geschmeidig in die Kurve legt. Von kompromissloser Sportwagen-Härte ist keine Spur. Auch die Lenkung ist kein Muster an Direktheit, aber das stört bei einem Auto wie den Mazda R130 Luce kaum. Denn um das Licht zu sehen, muss man sich auf dieses seltene Auto einlassen. Dieses Vehikel, von dem bis zu seinem Produktionsende 1971 weniger als 1.000 Stück gebaut wurden, entschleunigt.

Nicht umsonst bekam der ebenso rare wie mit Preisen von rund 1,7 Millionen Yen teure Mazda in Japan den ehrfurchtgebietenden Spitznamen \"Lord of the Road\" - Herr der Straße. Der regierte allerdings nur im Heimatland des asiatischen Autobauers. Von dem geplanten Sprung nach Europa schreckten die Mazda-Manager letztendlich zurück. Sehr zum Bedauern der Mazda-Fangemeinde. So ist der Mazda R130 Luce heute eine Rarität, die nach wie vor für Aufsehen sorgt.

Quelle: Autoplenum, 2020-12-31

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