Test: Opel Astra - Kompletter Allrounder ohne Anschluss
SP-X/Köln. Das Beste kommt zum Schluss: Zum Ende der General-Motors-Ära ist der Opel Astra wieder zum ernstzunehmenden Gegner des VW Golf geworden. Gerade in der mittleren Dieselvariante ist der Fünftürer ein extrem ausgewogenes Auto mit wenig Schwächen.
Dass man es bei Opel noch einmal wissen wollte, zeigt schon der erste Blick auf das elfte Kompaktauto der Marke. Äußerlich setzt er mit aufwändig modellierten Blechteilen und der durch einen optischen Trick filigran wirkenden C-Säule Akzente, im Cockpit sorgen breit geschwungene Chromspangen und jede Menge aufpolierte Kunststoffe für Glanz. Dass die Materialien nicht immer und an jeder Stelle erste Klasse sind verzeiht man angesichts des Formwillens und der peniblen Verarbeitung gerne. Auch, weil die Bedienung weitgehend logisch ist und leicht von der Hand geht.
Das Platzangebot wirkt vorne großzügig, was nicht zuletzt an der weit vorgezogenen Frontscheibe liegt. Werden die optionalen, 18-fach verstellbaren Ergonomie-Sitze geordert, fühlt sich der Astra direkt zwei Klassen größer und teurer an als er ist. Einen wirklich großen Sprung hat der Opel aber im Fond gemacht, wo nun auch zwei Großgewachsene vernünftig sitzen – und zumindest ein Kind in ihre Mitte nehmen können. Der Gepäckraum fällt immerhin durchschnittlich aus, Punktabzug gibt es für die Kopfstoßgefahr durch das aus der Klappe herausragende Schloss. Auch ein paar Ablagen für kleinere Utensilien hätten dem Astra-Kofferraum gut gestanden. Immerhin gibt es mittlerweile eine Durchladeklappe zwischen Fond und Gepäckraum, die im Paket mit der asymmetrisch klappenden Rückbank angeboten wird. Eine umklappbare Beifahrersitzlehne, die die das Transportpotenzial nochmals erhöhen würde, fehlt jedoch auf der Optionsliste.
Eine ordentliche Auswahl hat der Kunde bei den Dieselmotoren. Drei Stück gibt es, jeweils mit 1,6 Litern Hubraum und in den Leistungsstufen 81 kW/110 PS, 100 kW/136 PS und 110 kW/150 PS. Nach oben hin wäre auf dem Leistungsband zwar noch Platz, allerdings ist schon der mittlere Diesel in jeder Lebenslage ausreichend motorisiert. Nach einer kurzen Anfahrschwäche bietet der Vierzylinder souveränen Durchzug und beschleunigt den Opel gefühlt schneller auf Tempo 100, als es die 9,4 Sekunden aus dem Datenblatt vermuten lassen. Dabei bleibt er relativ genügsam, was den Kraftstoffkonsum angeht: Im Schnitt schluckt er 5,5 Liter, wer sich bemüht, erreicht auch eine 4 vor dem Komma. Der Normverbrauch (WLTP) liegt bei 4,8 bis 5,4 Litern, was wohl etwas näher an der Realität ist als der alte NEFZ-Wert von 4,4 Litern. Einziger kleiner Kritikpunkt: Der Motor verkneift sich zwar spezielles Brummen bei niedrigen Touren und hoher Last, ist aber über das gesamte Drehzahlband akustisch präsent. Nicht wirklich störend, aber auch nicht wie man es von einem als „Flüsterdiesel“ beworbenen Aggregat erhoffen würde.
Immer auf der Höhe präsentiert sich das Fahrwerk. Eher straff als komfortabel abgestimmt, findet der Astra jedoch einen guten Kompromiss aus Agilität und Sanftheit, der sowohl zu langen Autobahnetappen als auch zu kurvigen Strecken passt. Die sehr natürlich wirkende Lenkung tut das Ihrige zu einem stimmigen Fahrgefühl, bei dem sich der Fahrer immer eingebunden, aber nie vereinnahmt fühlt. Einen Eindruck, den die mechanisch präzise und leicht durch die Gassen führbare Sechsgang-Handschaltung unterstreicht. Alternativ ist für den mittleren Diesel eine Sechsgangautomatik zu haben, bei den beiden anderen Leistungsstufen fehlt diese Option, was vor allem bei der Top-Variante bedauerlich ist.
Von der Automatik-Lücke abgesehen bietet die Optionsliste des Opel alles, was man sich in dieser Klasse wünschen kann. Dazu kommen Besonderheiten wie das LED-Matrixlicht, ein breites Angebot an sehr guten Sitzen und ein umfassendes Assistenten-Programm zu fairen Preisen. Eine klaffende Lücke gibt es allerdings beim Trend-Thema Konnektivität: Das noch unter GM-Regie entwickelte OnStar-System ist zwar gegen Aufpreis verfügbar, wird aber wegen des Wechsels zu PSA Ende 2020 eingestellt. Besonders bedauernswert, da Opel mit der Technik einstmals zu den Connectivity-Vorreitern zählte. Das Nachfolgesystem, das man sich mit Peugeot und Citroen teilen wird, ist noch nicht verfügbar.
Der Astra ist vor allem als Diesel kein Schnäppchen. Für die mittlere Leistungsstufe werden mindestens 25.820 Euro fällig, bei eher durchschnittlicher Ausstattung. Da lohnt es sich, gleich das Sondermodell „120 Jahre“ für 900 Euro Aufpreis zu wählen, das einige nette Details wie Leichtmetallräder und Sitzheizung ergänzt. So bestückt ist der Astra ein stimmiger Allrounder mit hohen Langstreckenqualitäten - dank toller Sitze und niedrigen Verbrauchs.
Opel Astra – Technische Daten:
Fünftüriges, fünfsitziges Schrägheck-Kompaktauto, Länge: 4,37 Meter, Breite: 1,87 Meter (mit Außenspiegeln 2,04 Meter), Höhe: 1,49 Meter, Radstand: 2,66 Meter, Kofferraumvolumen: 370 – 1.210 Liter1,6-Liter-Diesel, 100 kW/136 PS, maximales Drehmoment: 320 Nm bei 2.000 – 2.250 U/min, 0-100 km/h: 9,4 s, Vmax: 213 km/h, Durchschnittsverbrauch nach WLTP: 4,8 Liter, CO2-Ausstoß: 126 g/km, Abgasnorm: Euro 6d-TEMP, Effizienzklasse: B-A, Testverbrauch: 5,5 Liter, Preis: ab 25.820 Euro [Edition], Testwagenpreis: ab 28.410 Euro
Kurzcharakteristik:
Warum: sparsamer Diesel, schickes Ambiente, tolle Sitze
Warum nicht: Konnektivität mit begrenzter Haltbarkeit
Was sonst: VW Golf, Ford Focus, Hyundai i30
Gegen den Kauf des Opel Astra mit Dieselmotor spricht wenig. Es sei denn, man ist Tekkie.
Quelle: Autoplenum, 2019-01-24
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