Jaguar XF – wie ein Lexus?

„Wie ein Lexus”, funkt Sinn an Verstand. Doch der Verstand ist kein Tagelöhner, sondern im besten Fall in Festanstellung: Was spricht daher gegen die Jaguar-Moderne? Allein die Tradition – und die ist prinzipbedingt von Gestern.

Der Barock des S-Type ist dahin. Kühle Geraden ersetzen warme Kurven. Das – eine Fahrt im Pariser Stadtverkehr beweist es – funktioniert. Der neben den oberen Mittelklassen von BMW, Lexus und Daimler geparkte XF macht dem Fußvolk Geschmack. Der soeben erlebte Stauexzess – Typ: deutsche Jahresdosis – ist da so ein typischer Pariser Parkplatz: Köpfe recken sich, Daumen zeigen nach oben … – im Lexus passiert das auch?

Eben nicht. Der luxuriös-britische Purismus ließ sich realisieren, weil der Innenraum mit Drehreglern und Touchscreen konsequent leer geräumt wurde. Das Bedienkonzept – manchmal intuitiv, manchmal mit Gewöhnung, selten mit Handbuch – geht auf. Das schon bei Fingerkuppen-Annährung reagierende Kartenlicht oder der rot pulsierende Start-Stopp-Knopf bringen die etwas verspielte Insel-Philosophie auf den Punkt. Der XF ist dabei nicht XXL. Für 4,96 Meter Fahrzeuglänge ist der hintere Fußraum nicht besonders üppig. Der hintere Luftraum wird dagegen vom coupéartig abfallenden Dach vorgegeben, deshalb sind die Rücklehnen leicht geneigt. Dem Wohlfühlfaktor im Innenraum tut´s nichts an. Und um den geht es doch in der Hauptsache. Denn wo verbringt der Fahrer die meiste Zeit mit seinem Auto: Davor?

Fahrer und Beifahrer sind puritanisch durch die hoch bauende Mittelkonsole getrennt, sprechen über´s Fahrwerk jedoch wieder mit einer Stimme: Eines der besten, was von Jaguar bisher auf vier Räder gestellt wurde – mehr kann man, muss man aber nicht sagen. Im Sportmodus „S” der geschmeidigen Sechsgang-Automatik (Optionen: D, S und Lenkradwippen) reagiert das Gaspedal spontaner, haftet die Automatik mehr am Kraftfluss, und das Drehzahlniveau steigt. Fragt sich nur, bringt es einen in der großen Limousine entspannter ans Ziel?

Famoser Motor
Ausgezeichnete Laufkultur und ein sattes Säuseln sind Grundtugenden des famosen 2,7 Liter-Twin-Turbo.  Das drehmomentstarke Aggregat fühlt sich bei Durchzug und gefühlter Kraft an wie ein 300 PS-Benziner. Ein Lob, was man einem Aggregat mit knapp über 200 Pferden eher selten macht.

Mancher Fortschritt geht jedoch auch im XF nicht auf: „Der Sensor (der des Handschuhfachs) kann zwischen sich annährenden Fingern und einer zufälligen Berührung unterscheiden.” Aber nicht immer. Das nervt. Wie das gelegentliche Gestammele der Navi-Dame: Liegt es an ihrer Fütterung mit immer noch verbesserbaren Verkehrsdaten? Der Kofferraum selbst ist sehr tief, aber nicht ganz eben. Das Warndreieck (an der Heckdeckel-Innenseite befestigt) segelt manchmal mit einen Krachen hinein – Diagnose: Die Halterung ist zu fragil  …  Trotzdem, der XF ist, was man vielleicht nicht sogleich vermutet: ein echter Jaguar: Die Mühelosigkeit des Seins, die Ruhe ein Genuß, das Leder ein Duft, der Motor ein Hintergrund, das Fahrwerk eine wollüstige Kurve, der Alltag ein Freund “… Wie ein Lexus?” Dumme Vermutung.

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