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Testbericht

Stefan Grundhoff, 29. Januar 2017
Hollywood - das ist für viele die Traumfabrik schlechthin. Der Autonarr Troy Ladd hat sich seinen ganz persönlichen Traum verwirklicht, denn unter Experten gilt er gemeinhin als "King of Hot Rods". Wer sich einen besonders spektakulären US-Klassiker bauen lassen will, ruft bei dem Amerikaner an und hofft, dass dieser auch drangeht.

Burbank, die schmucklose 100.000-Einwohner-Stadt im Norden des Los Angeles Countys, ist nicht nur bekannt durch ihre zahllosen Filmstudios. Die Zahl der hoch spezialisierten Autowerkstätten ist jedoch kaum kleiner als die der Filmstudios, die an der Stadtgrenze der Millionenmetropole L.A. Monat für Monat Streifen nicht immer jugendfreien Inhalts drehen. Wer sein Herz an klassische Autos verloren hat, der fühlt sich hier schnell zu Hause. Auch Troy Ladd ist vor Jahren in Burbank hängen geblieben. Seine kleine Schmiede muss man suchen und findet sie dann doch nicht. Mit Emails muss man es bei Troy gar nicht erst probieren. Eine WhatsApp oder ein Glückstreffer mit einem Telefonanruf sind die einzigen Möglichkeiten in eine ebenso spektakuläre wie geheimnisvolle Parallelwelt der Hot Rods einzusteigen.

So stellt man sich die Werkstatt eines Autobastlers vor. Vor dem Tor von Hollywood Hot Rods stehen zwei coole Custom Cars - beides Ford Roadster aus den frühen 30er Jahren. Das Rolltor dahinter ist offen und nur ein Absperrband verhindert, dass Passanten nicht in die gute Stube stolpern, in dem Tageslicht mit jedem Schritt nach hinten Mangelware zu werden scheint. Troy hat nie Zeit - so auch heute. "Ich muss zum Zahnarzt", sagt er mit leicht verschmitztem Lächeln, das unter der grob gewebten Schiebermütze hervorlugt, "dauert mindestens eine Stunde. Hoffe ich." Er hat nicht viel Zeit und scheinbar schmerzt ein Zahn. Doch wenn Troy Ladd einmal über seine Autos ins Plaudern kommt, muss eben auch der Zahnarzt warten. Auch das ist Burbank - die automobile Traumfabrik.

"Die ganze Sache ist aus meiner ganz persönlichen Leidenschaft entstanden", legt Troy Ladd nach, "ich habe Hot Rods schon immer geliebt. Meine eigene Firma zu eröffnen war im Jahre 2004 ein Traum für mich, der wahr geworden ist." In der Werkstatt in der Palm Avenue geht es laut und betont hemdsärmelig zu. Nur 30 Meter entfernt brüllt die Interstate 5 ihre seine Motorengeräusche herüber und untermalt das Nerv tötende Geräusch, das von der Schleifmaschine durch die Werkstatt tönt. Ein Abgaskrümmer bekommt gerade seinen letzten Schliff während Karosserieschlosser Jack gerade einen geschwungenen Kotflügel in die unvergleichlich weich geschwungene Art-Deco-Form bringt.

Zu Troy Ladd kommt keiner, der nur einen coolen Oldtimer oder einen ganz normalen Hot Rod will. Da spielt der Szenekünstler in einer anderen Liga. "Pro Jahr schaffen wir hier zwei bis drei komplette Autos", sagt Troy Ladd, immer noch auf dem Sprung zum Zahnarzt, "es geht so bei 100.000 Dollar los. Die Autos kosten sonst meist um die 200.000 bis 250.000 Dollar." Doch es geht noch wertvoller. An der Wand hängt das Bild eines spektakulären Klassikers. "Der ist leider gerade zum Lackieren", lächelt Greg Guenthard, der bei Hollywood Hot Rods als guter Geist für Ordnung sorgt, "war unser bisher teuerstes und aufwendigstes Projekt. Fünf Jahre Bauzeit und Kosten von rund einer Million." Doch nicht nur die überdimensionale Zeichnung an der Wand schafft Eindruck. Auch die Fahrzeuge, an denen in der düsteren Halle herumgebastelt wird, lassen nicht nur Hot-Rod-Fans das Wasser im Munde zusammenlaufen. Dass man über Gestänge, Bauteile und Motoren herüberklettern muss, um nicht zu stürzen, scheint hier keinen der Angestellten zu stören. Metall- und Entwicklungsarbeiten sowie der Zusammenbau findet in der Werkstatt selbst statt. Nur die aufwendigen Lackierungen sowie die Arbeiten an Leder und Holz gehen die Fahrzeuge zu Fremdfirmen, die hierauf spezialisiert sind.

"Oft kommen die Leute nur mit groben Ideen zu mir und wissen selbst nicht genau, wie das Auto hinterher aussehen soll und wohin die Reise geht", erklärt Troy Ladd, "einfach ein Auto zu choppen, das machen viele. Doch das ist mir einfach zu wenig. Es muss ein echtes Kunstwerk werden. Flammen und wilde Malereien an der Seite sollen andere machen. Wir bauen viele Autos von null auf und haben noch nicht einmal ein Chassis." Troy und Greg arbeiten an den Fahrzeugprojekten der späten 20er und frühen 30er Jahre nicht allein. Insgesamt werkeln in der Palm Avenue acht Profis, die genau wissen, was sie tun - jeder ein Spezialist auf seinem Gebiet. Die Leidenschaft zu Vorkriegsmodellen verbindet sie alle und ganz nebenbei ist jeder für sich genommen ein wahrer Künstler mit dem Werkzeug in der Hand. Die Auftragslage ist vorsichtig ausgedrückt prächtig. Wer schnell einen coolen Hot Rod will, muss sich erst einmal gedulden. Die Wartezeit liegt aktuell bei zwei bis fünf Jahren für ein komplettes Auto. Neben den Komplettkreationen werkeln die Hollywood Hot Roder auch an Teilprojekten herum. Andere Firmen bringen besonders schwierige Detailarbeiten gerne zu Troy und seinen Experten. Was die Künstlertruppe rund um Troy Ladd kann, sieht man bei einem Abstecher in den offiziellen Eingangsbereich. Durch eine unscheinbare weiße Holztür geht es ins Vorzimmer zum großen Automobilglück. Die Wände selbst sind kaum zu erkennen. Hunderte von Magazinen, Pokalen, Auszeichnungen und Fotostrecken haben sich dort verewigt. Kaum ein Projekt der letzten knapp 15 Jahre, das hier nicht künstlerisch in Szene gesetzt wurde. Vieles dreht sich um die großen Events der SEMA in Las Vegas und den Hot-Rod-Höhepunkt jedes Jahres im kalifornischen Pomona.

Troy Ladd und seine Hot-Rod-Rasselbande baut Vorkriegsklassiker von Ford oder Chevrolet nicht nur aufwendig um. "Einige Projekte entstehen vom Reißbrett komplett neu", erklärt der King of Chop, "wir machen dann alles selbst: Rahmen, Aufbau, Karosserie - wirklich alles." Neben der fehlenden Historie ein Grund, wieso man in Deutschland und Europa kaum Hot Rods sieht. Die neu gestalteten oder umgebauten Klassiker bekommen hier keine Zulassung. "Ich habe lange Jahre auf der SEMA in Las Vegas gearbeitet", lacht Greg Guenthard, "unglaublich was wir bei Teilen und Zulassungen immer für Probleme mit dem deutschen TÜV hatten. Verrückt, was es da für Richtlinien gibt. Bei uns in den USA und selbst vielen anderen Ländern auf der Welt hat man davon noch nie gehört." Hollywood Hot Rods verkauft seine Schmuckstücke aus den 30er Jahren jedoch nicht nur in den USA. "Einige Autos gehen nach Skandinavien. Besonders in Schweden ist man ganz heiß auf Hot Rods", erläutert Guenthard, "aber wir haben auch einige Kunden aus Frankreich, Spanien und England."

Kommt ein Kunde zu Troy Ladd, geht es erst einmal in das wenig repräsentative Büro. Man lernt sich kennen, kommt wieder, lernt sich besser kennen und unterhält sich erstmals grob über erste Ideen und Vorstellungen des Projekts. "Danach geht es zu meinem Zeichner, der versucht den Input vom Kunden und mir in eine erste Skizze am Computer umzusetzen", erklärt Troy, "wir legen mit den Skizzen dann die Proportionen fest. Bekommt der Wagen Stoßfänger oder Kotflügel und ist der Motor frei zu sehen? Alles ist möglich. Es dauert dann natürlich etwas, ehe wir in der Werkstatt loslegen können." Oftmals wird ein entsprechendes Basisfahrzeug gesucht, das umgebaut werden soll. Manchmal kreieren die Bastler von Hollywood Hot Rod gleich von Grund auf ein neues Auto - natürlich im Retrolook. "Wir arbeiten meist mit Stahl und machen Anbauteile aus Aluminium", zeigt Troy auf einen weich geschwungenen Kotflügel, der bald schon einen alten Chevy zum Schmuckstück verzieren soll, "wir haben dabei einen ganz eigenen Stil. Ich liebe Einflüsse von historischen Rennwagen wie zum Beispiel alten Bugattis." Diese europäischen Designrichtungen muss man an der Karosserie des spektakulären Eigenbaus in der Mitte der Werkstatt nicht lange suchen. Die Fahrgastzelle wanderte weit nach hinten, der Heckabschluss wurde besonders knackig und die Auslässe der Auspuffendrohre in Türen und Seitenteil sind eine echte Schau. Fertig ist der Traum-Hot-Rod aus Burbank.

Doch Show alleine reicht nicht. "Alle Wagen sind komplett alltagstauglich", unterstreicht der grau beschnauzte Greg Guenthard, dessen Vorfahren der Schweiz stammen, "die Autos stehen nicht nur in irgendwelchen Sammlungen." Die moderne Technik wird dabei jedoch obligatorisch versteckt. So gibt es auf Wunsch Turbolader, Hightech-Soundsysteme und modernste Triebwerke. Die kommen in den meisten Fällen aus dem Hause Ford und werden auf Wunsch komplett im Retrostil umgebaut. Besonders beliebt ist dabei der aktuelle Fünfliter-V8, der rund 420 PS stark den aktuellen Mustang befeuert. Damit er jedoch auch optisch perfekt in einen Hot Rod passt, werden sämtliche Anbauteile aus Kunststoff durch eigens angefertigte Module aus gefrästem Stahl oder Aluminium ersetzt. Kosten: mindestens 18.000 Dollar. Wie cool so ein Triebwerk dann aussehen kann, belegt der 1932er Ford Roadster, der in coolem schwarz vor dem Werkstatttor parkt. Geradezu blass steht dem gegenüber das neue V8-Kraftpaket gegenüber, das die Monteure in den grünen 1967er Mustang verpflanzt haben, der unter einer Plane fast schamhaft ebenfalls in der Halle parkt. Hollywood Hot Rods bastelt bisweilen auch an moderneren Fahrzeugen herum und erledigt Auftragsarbeiten. Doch letztlich dreht sich fast alles um die gechoppten Spaßmacher aus den 30ern. "Unsere Hot Rods sind absolut alltagstauglich", ergänzt Troy Ladd, "doch wirklich gut fahren tun die Dinger natürlich nicht. Es wie bei einem alten Motorrad. Man spürt den Fahrtwind und die Natur im Gesicht und am Körper - das ist einzigartig." Und jetzt geht es für Troy dann doch noch zum Zahnarzt.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-01-29

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