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Testbericht

Wolfram Nickel/SP-X, 5. November 2018

SP-X/Köln. Wo waren sie geblieben, die Familiencoupés mit Herzklopf-Faktor? In den späten 1980er Jahren verdrängten kompakte Sportlimousinen bis dahin begehrte Karriere-Coupés wie Ford Capri, VW Scirocco und Audi Coupé (B2). Neuer Sportsgeist war also gefragt und das deutsche Marken-Trio glaubte ihn gefunden zu haben: in aerodynamisch glatten Zweitürern mit langer Motorhaube und knackigem Heck. Ford Probe, Volkswagen Corrado und – wie bisher – Audi Coupé hießen die Allrounder fürs Reisen und Rasen und die großen Gefühle. Hingucker waren sie alle, der keilförmige Ford mit modischen Klappscheinwerfern, der kompakte Volkswagen mit keckem Hüftschwung und der Audi mit lichtem Dachpavillon und optionalem Quattro-Signet. Mit diesen stilistischen Eigenheiten differenzierten sich die drei designierten Sport-Stars auch von der Meute japanischer Newcomer im Coupé-Dress, die in Verkaufsstatistiken auf vordere Ränge drängten. Global betrachtet belegten die Samurai sogar schon die Pole Position bei Sportcoupés. Für Ford Anlass, die Entwicklung und Produktion des Probe in den USA in Kooperation mit Mazda anzugehen. Dagegen setzte Volkswagen für den bei Karmann gebauten Corrado auf technische Finessen wie den G-Lader, der schon bei niedrigen Drehzahlen viel Druck und Vorwärtsdrang aufbaute. Hochkarätig wie der Vorgänger wirkte das neue Audi Coupé, was sich in den ambitionierten Preisen ebenso spiegelte wie im optionalen Allradantrieb. Wahres Gipfelglück vermittelte jedoch das fast 250 km/h schnelle Audi S2 Coupé, der neue Intimfeind aller Vierzylinder-Porsche. Die Community konnte es kaum fassen: Ende der 1980er drohte Dearborn, den Mustang durch einen asiatischen Bastard zu ersetzen. Pläne für ein von Ford gemeinsam mit Mazda realisiertes kompaktes Frontantriebs-Coupé waren vorzeitig an die Öffentlichkeit geraten und hatten einen Proteststurm unter den Fans des Ponycars hervorgerufen. Tatsächlich gab Ford den Forderungen nach und der Probe genannte Vierzylinder wurde nur als Einstiegsmodell in die Welt sportlicher Ford positioniert. Vor allem aber war der im US-Werk Flat Rock produzierte Probe prädestiniert für eine transatlantische Karriere. Dafür erhielt der geradezu luxuriös ausgestattete Viersitzer ein temperamentvolles 2,2-Liter-Turboaggregat, dessen 108 kW/147 PS leichtes Spiel mit dem Dreitürer hatten. Wie der verblichene Ford Capri verfügte der Probe über eine weit aufschwingende Heckklappe und Ford Europa hoffte, dass diese Attribute genügten, eine hohe fünfstellige Coupé-Gemeinde für den Probe zu begeistern. Vorfreude ist die schönste Freude, heißt es. Als der Ford Probe Ende 1990 endlich in den europäischen Schauräumen eintraf, hatte der Athlet in den USA bereits eine Blitzkarriere absolviert und sich auf Platz zwei der Coupécharts hinter dem Mustang positioniert. Allein in Köln lagen deshalb 1.500 Blindbestellungen für den Ami mit japanischen Genen vor, in Großbritannien sogar die doppelte Anzahl. Versprach der 4,50 Meter lange Renner doch Goodies wie eine elektronische Fahrwerksabstimmung, Klimaanlage und großes Glas-Hubdach. Sensationell waren die Fahrleistungen: 220 km/h Höchstgeschwindigkeit, damit zog der Ford gleich mit einem fast 100 PS stärkeren Maserati 222 SE und er war dem 118 kW/160 PS leistenden VW Corrado G 60 fast ebenbürtig. Jenem Technik- und Aerodynamik-Meilenstein, der als erster Volkswagen mit Kompressormotor (Spirallader) und zugleich als erster erschwinglicher Sportwagen mit automatisch ausfahrendem Heckspoiler für Furore sorgte. Konstanter Schub ohne Turboloch, damit beeindruckte der vorzugsweise Tornadorot lackierte Corrado G 60 und mit dem bis dahin stärksten Vierzylinder der Marke schrieb das Heckklappen-Coupé Volkswagen-Geschichte. Den Porsche-944-Piloten bescherte der Corrado erstmals einen Gegner mit VW-Signet. So brachte der Corrado die Marke Volkswagen auf den Weg zu mehr Faszination und Strahlkraft als sie die meisten anderen Massenhersteller hatten. Ganz besonders als im Jahr 1991 der erste VW-Sechszylinder-Benziner unter der Haube des viersitzigen, nur etwas über vier Meter langen Coupés Einzug hielt. Die neue, besonders kompakte Bauform des 2,9-Liter-VR6 (V für V-Bauart und R für Reihenbauweise) ermöglichte den Einsatz in einem kompakten Coupé mit Frontantrieb und Quermotorkonzept. Klar, dass der in nur 6,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sprintende Corrado VR6 eine anpruchsvolle Zielgruppe im Visier hatte. Jene Kunden, die 47.900 Mark investierten, um mit einem VW beim Spurtduell V12-Fahrer zu beeindrucken, denn Sportcoupés wie BMW 850i oder Jaguar XJS gingen nicht besser. Auch der Porsche 968 war lediglich geringfügig flotter, kostete aber fast doppelt so viel wie ein 140 kW/190 PS freisetzender Corrado. Andererseits gab es den Volkswagen auch mit einem 16V-Vierzylinder für unter 40.000 Mark, denn der damals in den Ruhestand geschickte Scirocco sollte nicht ersatzlos gestrichen werden. Letztlich wurde der Corrado (von spanisch correr = rennen) aber nie ein Nachfolger des Scirocco, sondern er blieb eher ein Rivale zum Audi Coupé (B3). Die Ingolstädter Kollegen im VW-Konzern hatten ihre neue Coupé-Kollektion mit einem ähnlich breiten Aggregate-Programm ausgestattet wie den Audi 80/90 (B3). Das bedeutete, es gab Vier-, Fünf- und Sechszylinder, allerdings keine Diesel. Hinzu kamen der optionale Allradantrieb Quattro und eine technische Delikatesse in Form des bis 169 kW/230 PS starken 20-Ventil-Turbomotors für das Audi S2 Coupé. Damit übertraf der 4,40 Meter lange Dreitürer klar die Fahrleistungen seines legendären Vorgängers, des Ur-Quattro, aber dessen Faszination vermochte er nicht zu vermitteln. Auch die Preise von knapp 80.000 Mark – mehr als Porsche für den 968 CS aufrief – hielten den Fanclub klein. Zumal sich der S2 optisch lediglich dezent vom Vierzylinder-Coupé unterschied, das bei 44.000 Mark startete. Trotzdem: Die insgesamt 7.370 gebauten Audi S2 Coupé zeigten der Allradszene, wo der Hammer hängt, denn 5,9 Sekunden auf 100 km/h schaffte sonst nur der weit stärkere Porsche 911 Carrera 4. Andere Allrad-Sportcoupés wie Subaru SVX genehmigten sich dagegen fast neun Sekunden. Ob es daran lag, dass sportliche Coupés ab Ende der 1980er in immer härtere Konkurrenz zu leistungsstarken Limousinen traten oder ob die Kombination lange Haube und flotter Rücken schlicht aus der Mode war – jedenfalls gelang es Coupés nicht, die früheren Erfolge fortzuschreiben. Als die Produktion des Audi Coupé (B3) nach sieben Jahren auslief, kamen die Ingolstädter auf gut 68.000 gebaute Fahrzeuge während vom Vorgänger mehr als 166.000 Coupés ausgeliefert worden waren. Der Ford Probe erhielt 1993 einen Nachfolger, erreichte aber in Europa am Ende nur ein niedriges fünfstelliges Verkaufsergebnis. Dagegen wirkte der in 97.000 Einheiten gebaute VW Corrado fast schon wie ein Bestseller. Es passierte, was passieren musste: Die Kategorie der automobilen Sahnestücke pausierte. Erst ein Jahrzehnt später nahmen Coupés von VW und Audi einen neuen Anlauf. Technische Daten: Chronik: 1979: Ford präsentiert den Probe I, eine viersitzige Sportwagen-Studie 1981: Unmittelbar nach Marktstart der zweiten Generation des Volkswagen Scirocco beginnt das Entwicklungsprojekt EA 494 für ein neues Volkswagen Sportcoupé. Technische Basis sollte der Golf II sein. Marktstart sollte im Jahr 1986 sein 1982: Ford und Mazda kooperieren bei der Entwicklung des Probe, der in Flat Rock/USA produziert werden soll 1984: Im Dezember fällt die Entscheidung zur Höherpositionierung des künftigen VW-Sportcoupés, der VW Scirocco II soll mindestens bis 1988 weiter im Portfolio bleiben und dann durch ein weiteres Sportcoupé auf Polo-Plattform ersetzt werden 1986: Projektname für den Volkswagen EA 494 wird Taifun. Später wird der Name geändert in VW Corrado (von spanisch correr = laufen, rennen, rasen) 1987: Nachdem Medien über Pläne berichten, den Ford Mustang mit klassischem Layout 1989 zugunsten eines frontangetriebenen Coupés aus einer Kooperation mit Mazda einzustellen, hagelt es Proteststürme. Ford entscheidet sich schließlich, den Probe unterhalb des Mustang zu positionieren und für den Mustang einen Nachfolger mit Hinterradantrieb zu entwickeln    1988: Debüt des Audi Coupé (B3) in Birmingham, Serienanlauf im Dezember. Im Oktober erlebt der Volkswagen Corrado seine Markteinführung. Aufsehen erregt die gehobene Ausstattung des viersitzigen Sportcoupés, der automatisch ausfahrende Heckspoiler (ab 120 km/h bzw. ab 45 mph bei US-Modellen) und der G-Lader für das leistungsstärkste Topmodell. Serienanlauf des Coupés Ford Probe in Flat Rock/USA. Zu den ersten europäischen Exportmärkten des Probe zählt die Schweiz 1989: Mit 17.140 Einheiten in diesem Jahr erreicht das Audi Coupé (B3) sein Allzeithoch. Auf der Frankfurter IAA feiert das Audi Cabrio als seriennahe Studie Premiere. Außerdem ab September alle Audi serienmäßig mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator. In den USA ist der Ford Probe in diesem Jahr mit 133.650 verkauften Einheiten das erfolgreichste Sportcoupé nach dem Mustang 1990: Auf der Messe AAA in Berlin feiert der Ford Probe GT im Oktober seine Deutschlandpremiere. Zum Marktstart im November liegen Ford bereits 1.500 Bestellungen vor. Einzige Motorisierung des Probe GT ist ein 108 kW/147 PS starker Vierzylinder-Turbomotor, der das Klappscheinwerfer-Coupé auf 220 km/h beschleunigt. Die Preise beginnen bei 41.960 Mark. Für das Jahr 1991 rechnet Ford Deutschland mit dem Absatz von 6.000 Probe. Eine NASCAR-Version des Ford Probe stellt am 13. Februar 1990 einen bis heute gültigen Daytona-Geschwindigkeitsrekord auf für Fahrzeuge ohne Turboaufladung. Auf dem Daytona International Speedway erreicht der von Jeffrey Collier pilotierte Probe ein Tempo von 166,553 mph (268,041 km/h). Einführung des 162 kW/220 PS starken Audi S2 quattro als Spitzenversion des Coupés, dies mit der Frontoptik der späteren Audi 80 (B4) 1991: Ab August wird das Corrado-Motorenprogramm erweitert um 16V- und VR6-Aggregate. Mit der Einführung des VR6-Motors verbunden sind optische und technische Modifikationen wie breitere vordere Kotflügel, ein anderes Front- und Heckdesign sowie ein neuer vorderer Querträger. Ab September erweitert ein 2,8-Liter-V6-Motor das Triebwerksangebot beim Audi Coupé, gleichzeitig optisches Facelift für alle Coupés. Die Kühlermaske ähnelt nun dem S2 quattro 1992: Der Volkswagen Scirocco II wird im September zugunsten des Corrado aus dem Programm genommen. Der VW Corrado erhält ein neu gestaltetes Interieur. Einführung eines 2,6-Liter-V6 für das Audio Coupé. Leistungssteigerung für den Audi S2 auf 169 kW/ 230 PS, das Fünfzylinder-Coupé erreicht eine Vmax von 248 km/h und beschleunigt in 5,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Von beiden Versionen des Audi S2 Coupé werden insgesamt 7.370 Fahrzeuge gebaut. Modellwechsel beim Ford Probe. Nach dem Achtungserfolg des ersten Probe kalkuliert Ford Europa allein für Großbritannien (dem zuletzt wichtigsten Capri-Absatzmarkt) mit 60.000 Einheiten von der zweiten Probe-Generation. Tatsächlich werden es nur 15.000 Probe    1993: Im Sommer läuft der VW Corrado G 60 aus. Neue 2,0-Liter-Einstiegsmotorisierung mit 85 kW/115 PS. Ein Corrado Cabriolet wird entwickelt, bleibt aber Stilstudie 1994: Fahrer- und Beifahrerairbag optional für den Corrado VR6 1995: Im Juli Produktionseinstellung des Volkswagen Corrado. Bis auf die Typen 2.3 E und 16V endet die Produktion des Audi Coupé 1996: Im Dezember Einstellung des Audi Coupé nach achtjähriger Produktionszeit und knapp 70.000 gebauten Fahrzeugen 1997: Produktionsende der zweiten Generation des Ford Probe in Flat Rock Motorisierungen: VW Corrado (1988-1995) mit 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner (118 kW/160 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (85 kW/115 PS bzw. mit 100 kW/136 PS) bzw. mit 2,9-Liter-VR6-Benziner (140 kW/190 PS) Ford Probe Generation 1 (1988-1992) mit 2,2-Liter-Vierzylinder-Benziner (85 kW/115 PS bzw. als Turbo mit 108 kW/147 PS) bzw. mit 3,0-Liter-V6-Benziner (104 kW/141 PS) Audi Coupé (1988-1996) mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (85 kW/115 PS bzw. mit 103 kW/140 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Fünfzylinder-Benziner (125 kW/170 PS) bzw. mit 2,2-Liter-Fünfzylinder-Benziner (162 kW/220 PS bzw. 169 kW/230 PS) bzw. mit 2,3-Liter-Fünfzylinder-Benziner (98 kW/133 PS) bzw. mit 2,6-Liter-V6-Benziner (110 kW/150 PS) bzw. mit 2,8-Liter-V6-Benziner (128 kW/174 PS) Produktionszahlen: Volkswagen Corrado insgesamt: 97.521 Fahrzeuge, davon verkauft in Deutschland 44.025 Einheiten, in andere europäische Länder 29.030 Einheiten, in die USA 19.814 Einheiten, nach Kanada 2.817 Einheiten. Audi Coupé (1988-1996): 68.367 Einheiten, davon 7.370 Audi S2. Ford Probe (1988-1897 in zwei Generationen): rund 10.000 Einheiten für Europa.Sie waren der sportliche Traum einer ganzen Männer-Generation, doch dann ließ die Begeisterung für Ford Capri, VW Scirocco und das Audi Coupé im Quattro-Look überraschend nach. Das Coupé-Fieber frisch entfachen sollten aufregende Sturmspitzen, die als Ford Probe, VW Corrado und Audi Coupé (B3) sogar schnelle Porsche attackierten.  

Fazit

Sie waren der sportliche Traum einer ganzen Männer-Generation, doch dann ließ die Begeisterung für Ford Capri, VW Scirocco und das Audi Coupé im Quattro-Look überraschend nach. Das Coupé-Fieber frisch entfachen sollten aufregende Sturmspitzen, die als Ford Probe, VW Corrado und Audi Coupé (B3) sogar schnelle Porsche attackierten.  

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2018-11-05

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