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Testbericht

Stefan Grundhoff, 11. Oktober 2008
Die gute Nachricht zuerst: es gibt wieder einen Dodge Challenger. Die schlechte: offiziell will Dodge das Aushängeschild der Marke nicht in Deutschland einführen. Also ab zum Importeur und mit der Neuauflage des legendären Muscle-Cars fremdgehen.

Denn der Dodge Challenger ist eines der schärfsten Autos, die man derzeit fahren kann. Sportwagen, Luxuslimousinen und Geländekreuzer können echte Autofans kaum mehr aus den Sitzen reißen. Doch wer den neuen Challenger sieht, der braucht sich nicht in die Filmszenerie des legendären Streifens Bullit zu versetzen, um feuchte Hände zu bekommen. In einer ersten Serie hat Dodge 6.400 Fahrzeuge produziert – nur vom Sportmodell SRT-8. Wer eines ergattert, kann sich glücklich schätzen. Erst später kommen die zahmen Versionen mit 3,5 Liter V6 und 5,7 Liter V8. Doch wer heißen automobilen Sex will, kommt um den SRT-8 nicht herum.

Schön, dass es bei allen - richtigen - Tendenzen zum "grünen" Auto auch noch so politisch völlig unkorrekte Spaßmacher wie den neuen Dodge Challenger gibt. Schade, dass der Chrysler-Konzern ähnlich wie Ford vor ein paar Jahren beim Mustang nicht den Schneid hat, den Challenger in Deutschland als Imageprodukt selbst auf den Markt zu bringen. "So faszinierend der Dodge Challenger auch ist - er bleibt eine automobile Spezialität für einige wenige Kunden", bedauert Dodge-Sprecher Markus Hauf. "Die zu erwartende kleine Stückzahl rechtfertigt nicht den logistischen und administrativen Aufwand für die Aufnahme eines zusätzlichen Modells in das deutsche Programm.“

Importeure wie Geiger Cars in München wird diese automobile Enthaltsamkeit freuen. "Der Challenger SRT-8 ist ganz neu. Erst ein paar Wochen auf dem Markt", sagt Karl Geiger. "Wir sind froh, dass wir einige Modelle der ersten Serie bekommen haben." Knapp 54.000 Euro muss man auf den Verkaufstisch der Münchner legen, um mit einem SRT-8 vom Hof zu bollern. Der Challenger ist die Widerauferstehung jener alten Muscle-Cars, die Mitte der 70er Jahre nahezu vollständig vom Markt verschwanden. Mit dem Mustang gab die Ford Motor Company dann vor einigen Jahren den Startschuss für ein neues Muscle-Car-Zeitalter im Pony Style. Jetzt folgt mit dem Dodge Challenger das zweite Aushängeschild der alten Zeiten. Chevrolet lässt mit dem neuen Camaro die Tradition ebenfalls wieder aufleben.

53.900 Euro sind trotz Komplettausstattung mit elektrischen Ledersitzen, 20-Zoll-Alufelgen, Xenonlicht und weiteren Annehmlichkeiten kein Pappenstiel. Daran ändern auch der 6,1 Liter große V8 mit seinen gewaltigen 575 Nm Drehmoment und 431 PS wenig. Doch zunächst ist alles Klang. Denn die meisten werden den Challenger erst hören – und dann sehen. Dabei ist auch der Anblick höchst beeindruckend. Dodge hat die Launch-Farbe namens HEMI-Orange prächtig gewählt. Der 5,02 Meter lange Zweitürer ist ein Hingucker wo man mit ihm auch vorfährt. Wenn der SRT heranrauscht, reißen Kids verzückt die Augen auf, automobilresistente Familienväter und Renault Kangoo-Fahrer verdrehen sich die Köpfe - und selbst vor der Seniorenbegegnungsstätte recken sich die Hälse nach dem wild brüllenden US-Car um. Was für ein Styling!

Die runden Doppelscheinwerfer machen einem besonders im Rückspiegel Angst. Und die schwarzen Rallye-Streifen auf orangefarbenem Grund erinnern zusammen mit den Lufteinlässen in der nicht enden wollenden Motorhaube an den legendären Vorgänger von 1969, gezeichnet vom ehemaligen Chefdesigner Carl Cameron. Stoßstangen sucht man auch bei Neuauflage sowohl vorne als auch hinten vergebens. Stattdessen gibt es bauchige Schürzen, den stechenden Blick und Fensterflächen, die an Schießscharten erinnern. So haben sich die Autos im Pony-Style vor 40 Jahren die Automobilwelt in Aufruhr gebracht. Als die Idee zu einer Neuauflage des Dodge Challenger geboren wurde, waren Daimler und Chrysler noch schiedlich-friedlich verehelicht. Obwohl diese Zeit längst Vergangenheit ist, trägt das im kanadischen Brampton produzierte Sportcoupé noch die Gene vom Chrysler 300C und somit auch von der längst abgelösten Mercedes E-Klasse W 210 in sich.

Der Dodge Challenger fällt innen ebenso wie alle seine Brüder aus der Chrysler Gruppe gegenüber dem schneidigen Außendesign deutlich ab. Die engen Sportsitze sind zwar bequem und lassen sich nur auf der Fahrerseite standesgemäß verstellen. Eine etwas niedrigere Sitzposition würden sich nicht nur Sportwagenfans ebenso wünschen wie ein Plus an Beinauflage. Peinlich, dass eine Limousine wie der Challenger auf der Beifahrerseite noch immer über keine Höhenverstellung verfügt. Die zweite Reihe wirkt nur durch das dunkle Leder, den schwarzen Dachhimmel und die kleinen Fensterflächen eng. Über die lieblosen Kunststoffoberflächen an Türtafeln und Armaturenbrett sollte man den Mantel des Schweigens hüllen. Der Kofferraum schluckt imposante 500 Liter.

Viel wichtiger ist dagegen das grollende Ungetüm unter der Motorhaube. Der 6,1 Liter große Achtzylinder leistet 317 kW/431 PS und ein maximales Drehmoment von 575 Nm. Das reicht, um den knapp 1,9 Tonnen schweren Hecktriebler in 14 Sekunden über die Viertelmeile zu scheuchen. Im Gegensatz zu europäischen Beschleunigungstiraden 0 auf 100 km/h interessiert einen US-Fan schließlich nur das. Wer es dennoch wissen will: Bis zur 100-km/h-Marke vergehen aus dem Stand kaum mehr als fünf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeriegelt. Und der Durchschnittsverbrauch pendelt sich zwischen 17 und 20 Liter ein – wenn man betulich angehen lässt.

Der Challenger ist ein typisches Muscle-Car, das geritten werden will. Daran ändern auch ABS, ESP und die fetten 20-Zöller wenig. Die Federung des 1,92 Meter breiten Boliden ist mit Einzelradaufhängung, Schraubenfedern und Gasdruckstoßdämpfern straff bis hart, dabei für ein solches Auto aber nicht zu unkomfortabel. Das Gesamtpaket passt. Schließlich will man spüren, auf welchen Spuren man unterwegs ist.

Quelle: Autoplenum, 2008-10-11

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