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Testbericht

Stefan Grundhoff, 24. Januar 2008
Die knuffige Knutschkugel namens Twingo brachte Renault Anfang der 90 auf die Erfolgsspur zurück. Vor allem die weibliche Fahrer liebten den Nachfahren des R4 - nicht nur wegen der treuen Augen. Bald kommt der Neue.

Wahre Liebe oder nicht – das entscheidet nicht nur im Privatleben meist schon ein kurzer Blick. Doch die Liebe nutzt sich bekanntlich über die Jahre ab und sollte daher regelmäßig aufpoliert werden. Der seit 1992 europaweit beliebte Twingo ist mittlerweile ganz schön in die Jahre gekommen. Sein günstiger Preis und das pfiffige Innenraumkonzept sicherten dem Franzosen bis heute ein Stammpublikum, vom dem andere nur träumen können. Ob der neue Twingo die vordringlich weibliche Kundschaft auch in der zweiten Generation ähnlich begeistern kann, das darf bezweifelt werden. Dabei liegt das sicher nicht an seinen objektiven Qualitäten – im Gegenteil. Hier hat der 3,60 Meter lange Neuling die meisten Schwächen des Vorgängers ausgemerzt. Das Fahrwerk ist komfortabel, das Motorenangebot vielfältig - und klappernde Seitenverkleidungen gehören der Vergangenheit an. Doch der treue Augenaufschlag ist dahin: Der Twingo ist verwechselbar geworden.

Das gilt weniger für den Innenraum. Hier ist es um den Sitzkomfort des Twingo leider nach wie vor nicht zum Besten bestellt. Beinauflage und Seitenhalt sind allenfalls Mittelmaß – man sitzt sehr hoch. Das werden insbesondere die Beifahrer monieren, denn ihr Gestühl ist nicht in der Höhe zu verstellen. Hinten gibt es wie gewohnt zwei in der Länge verschiebbare Einzelsitze. Daher kann man das Fondabteil nicht nur dem eigenen Nachwuchs, sondern selbst hühnenhaften Erwachsenen zumuten.

Es gibt mehr als genug Platz, um den Nachwuchs aus der Schule abzuholen oder die Einkäufe für das verlängerte Wochenende nach Hause zu bringen. Der Kofferraum schluckt zwischen 160 und 285 Litern. Wer die zweite Reihe komplett umklappt, dem stehen bis zu 959 Liter zur Verfügung. Niemand weiß, wie viele Studentenumzüge bisher mit einem der insgesamt 2.422.714 produzierten Twingos vollzogen wurden. Für solche Extratouren lässt sich der Beifahrersitz komplett umlegen. Der Innenraum ist auch sonst praktischer denn je. In den Türen, dem Armaturenbrett und überall wo man hinschaut gibt es zahlreiche Ablagen. Hier die Wasserflasche, da ein paar Gummibärchen und auch Platz für Taschentücher & Co. gibt es an allen Ecken des rundlichen Twingo. Besonders das Schubfach unter dem Fahrersitz und das Handschuhfach gehen durchaus als Miniaturkofferräume durch. Allerdings wird nicht nur der weiblichen Klientel auffallen, dass sich der obligatorische Schminkspiegel bei den einfachen Modellen nur auf der linken Seite befindet. Wer auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, sollte sich daher bereits vor dem heimischen Badezimmerspiegel in Form gebracht haben. Während dessen kann die beste Freundin im Auto ihre Lieblingsband genießen: Der Twingo des dritten Jahrtausends glänzt mit Schnittstellen für USB-Stick, iPod oder andere MP3-Player. Dass das Radio im Stile der frühen 90er Jahre wenig schnittig an die Unterseite der Mittelkonsole angeklebt wurde, wird allerdings nicht nur feminine Schöngeister stören. Und auch der Sound lässt kaum einen Zweifel daran, dass man in einem preiswerten Kleinwagen Platz genommen hat. In der zweiten Generation hat dennoch ein Hauch Komfort Einzug in den Twingo gehalten. Neben Fensterhebern ab der Authentique-Variante lässt sich auch das große Sonnendach elektrisch öffnen.

Beim Thema Sicherheit patzt der Twingo wie kaum ein anderer und spielt so mit dem ansonsten nahezu blütenweißen Renault-Image. Kleinwagen hin oder her – ABS und Frontairbags sind zu wenig, um die überwiegend junge Kundschaft in Sicherheit zu wiegen. Seitenairbags gibt es serienmäßig erst ab der Ausstattungsversion Expression und Kopfairbags muss man in jedem Fall separat ordern. ESP bleibt - alles andere als zeitgemäß - komplett außen vor. Das gilt auch für einen sechsten Gang, den man nicht nur bei dem eindrucksvoll motorisierten 100 PS starken Topmodell Twingo GT vermisst.

Zum ersten Mal gibt es den Renault Twingo auch mit einem Dieselmotor. Der bekannte 1,5 Liter große Allzweck-Selbstzünder aus dem Konzernregal leistet in dem französischen Fronttriebler 47 kW/64 PS und ein maximales Drehmoment von 160 Nm, das bei 1.900 U/min zur Verfügung steht. Der Vierzylinder zieht ambitioniert durch und hat keinerlei Probleme, den 1,1 Tonnen schweren Kleinen sparsam über Stadt und Land zu bringen. Durchschnittlich reichen für die Strecke von 100 Kilometern 4,3 Liter Diesel – macht 113 Gramm CO2 pro Kilometer. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 164 km/h. Auch bei höherem Tempo kann der Twingo mittlerweile überzeugen. Fahr- und Windgeräusche halten sich im Rahmen, der Federungskomfort ist ordentlich und die breitere Spur tut zusammen mit der steiferen Karosserie dem Fahrverhalten ebenfalls gut.

Wenn der neue Twingo ab September in den Verkauf geht, werden die Preise angesichts der Serien- und Sicherheitsausstattung überraschend stattlich sein. Bereits das 58 PS starke Basismodell beginnt satten 9.250 Euro. Der Twingo 1.2 16v mit 75 PS bildet mit einem Preis von mindestens 10.700 Euro die volumenstarke Mitte. Der Diesel startet bei 11.900 Euro und das Topmodell GT mit 100 PS starken Turbotriebwerk kostet 14.700 Euro. Mindestens.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-24

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