Fahrbericht Jaguar XF 3.0 V6-Diesel Edition: Der Edel-Brite
Testbericht
Nach Raubkatzenart hat Jaguar mit dem neuen XF einen Sprung gemacht, der zu einer interessanten Startposition verhalf: Das Auto ist das erschwinglichste Dieselmodell der aktuellen XF-Formation. Zuerst legt es sich wohl mit Modellen der oberen Mittelklasse an, die deutsche Premiumhersteller ins Rennen schicken.
Während ein XFR eher Fahrer mit rennsportlichen Ambitionen anspricht, erfüllt der XF vor allem Erwartungen, wie sie an eine anspruchsvolle Reiselimousine gestellt werden. Motorisiert mit dem V6-Turbo-Diesel, dessen Leistung auf 155 kW/211 PS begrenzt wurde, kann er mit seinen potenteren Brüdern nicht mithalten, deren V6-Selbstzünder 177 kW und 202 kW erarbeiten. Aber die fast fünf Meter lange und gut 1,8 Tonnen schwere Limousine, die in 8,1 Sekunden Tempo 100 und eine Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h erreicht, hat durchaus einen selbstbewussten Auftritt.
Ein Jaguar ist darauf aus, hohe Ansprüche zu erfüllen. Selbst der „kleinste“ XF-Diesel Edition glänzt mit verwöhnender Ausstattung, ansprechendem Design, erlebbarem Fahrkomfort und einem imponierend leisen V6-Selbstzünder. Der Treibsatz geht so kultiviert und harmonisch zur Sache, dass er letzte Vorbehalte gegenüber Dieselmotoren, sollten sie sich bei jemandem gehalten haben, schon auf den ersten Metern vertreibt. Nicht aggressiv fauchend, eher behaglich schnurrend, wohl aber dieseltypisch kraftvoll geht die Raubkatze ans Werk. Anteil an der ausgesprochen gediegenen Fortbewegung bei wohltuender Ruhe im „Aufenthaltsraum“ (doppelte Motorschottwand, zweifach isolierter Hilfsrahmen, laminierte Windschutzscheibe!) hat das Automatikgetriebe, das die Gangwechsel in selbstverständlicher Harmonie bewältigt.
Anstelle des üblichen Wählhebels gibt es für die ZF-6-Stufenautomatik einen kreisrunden aluminiumblanken „JaguarDrive Selector“. Der originelle Drehregler erhebt sich erst nach dem Motorstart (rot pulsierender (!) Start/Stopp-Knopf) aus dem Mitteltunnel und beendet damit anfängliches Rätselraten, wie dieses Auto wohl zu schalten sei. Die Selector-Innovation überzeugt. Intuitiv fasst man hin zum Drehregler, der schnell und präzise funktioniert. Seine Haptik ist sympathisch. Wer Spaß an manuellem Schalten hat, kann ihn über Wippen am Lenkrad haben.
Drücken einer Taste, die symbolisch mit einer Startflagge gekennzeichnet ist, bewirkt einen Temperamentsausbruch des Treibsatzes, für den spontan gesteigerte Motordrehzahlen mit entsprechender Leistungsentfaltung sorgen. Aber auch ohne diese Drehzahlspritze packt der Selbstzünder stets ordentlich an, um schließlich bei 4.000 U/min 155 kW/211 PS und bei 2.000 U/min ein Drehmoment von stattlichen 450 Newtonmetern zu präsentieren. Das Fahrwerk, vorn und hinten Einzelradaufhängung mit Doppelquerlenkern und Federbeinen, beschert erwarteten Komfort, spielt aber auch willig mit, wenn es sportlich-temperamentvoller zur Sache geht.
Die Dämpfung des Fahrwerks passt sich den Fahrbedingungen an, indem das System („Drive Control“) die Karosseriebewegungen erfasst und in Sekundenbruchteilen die jeweils optimale Einstellung für jeden Dämpfer errechnet. Registriert werden auch Lenkeinschlag, Gas- und Bremseinsatz, um auftretender Karosserieneigung zu begegnen. Dem XF, der schnell unterwegs sein kann, kommen zusätzliche Investitionen in die Fahrsicherheit zugute. Neben der dynamischen Stabilitätskontrolle DSC wird erstmalig bei ihm ein System verwandt, das bei einsetzendem Untersteuern durch gezielte Eingriffe ins Motormanagement und Bremssystem für bessere Haftung der Vorderräder sorgt.
Stürmische Fortbewegung hat ihren (Diesel-)Preis. Nach 100 Kilometer Autobahnfahrt im Hochgeschwindigkeitsbereich können im Tank schon mal gut elf Liter Diesel fehlen. Bei ziviler Gangart zeigt sich der V6 erstaunlich genügsam. Ein Verbrauch zwischen sechs und acht Litern ist die Norm, selbst wenn das Gaspedal nicht sonderlich behutsam bedient wird.
Mit kraftvollem Durchzug spielt der V6 seine Überlegenheit aus, die in einer anhaltend harmonischen Fortbewegung mündet. Auch auf diese Weise sorgt die elegant ausstaffierte Limousine für Sympathiegewinn. Das Interieur definiert Luxus britischer Abstammung: Als schmückende Elemente dienen Eichenholz-Paneele im ästhetischen Verbund mit Aluminiumapplikationen und Lederverkleidungen.
Motorische Laufkultur, Fahrverhalten und anspruchsvolles Ambiente in der Kabine vereinen sich zu gediegenem Fahrgenuss. Apropos Sicherheit: Die radargestützte Überwachung des toten Winkels mit Warnanzeigen in den Außenspiegeln erweist sich in der Praxis nützlicher noch als die vorderen und hinteren akustischen Einparkhilfen samt Rückfahrkamera, die ihre Weitwinkelansichten dem Farbdisplay übermittelt. Serienmäßige Selbstverständlichkeiten beim Jaguar XF sind Bremsassistent, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung mit variabler Übersetzung, elektrische Parkbremse, schlüsselloses Jaguar Smart Key System.
Bei der Gestaltung des Cockpits wurde Wert auf Übersichtlichkeit und Glattflächigkeit gelegt. Die Funktion der Bedientasten und Drehregler, die der Fahrer geordnet in der Mittelkonsole und auf den Lenkradspeichen vor sich sieht, ist auf Anhieb zu erfassen. Ein wenig Training erfordert lediglich das Multimediasystem mit 7-Zoll-Touchscreen-Farbdisplay, das die detaillierte Steuerung der Klimaautomatik, des Audio- und Navigationssystems ermöglicht. Die kompakte Touchscreen-Lösung erspart eine unübersichtliche Tasten- und Schalter-Plantage.
Jaguar wirbt für den XF 3.0 V6 Diesel Edition mit der aufmunternden Zeile „Günstig und luxuriös“. Durchaus Bestand mag das behauptete „Günstig“ beim Vergleich des XF-Einstiegspreises mit dem Kostenfaktor stärker motorisierter und noch luxuriöser ausgestatteter Jaguar-Varianten haben. Denn bei Leistung, Luxus und Preis geht es dort stetig nach oben – bis zum V8, der 510 PS mobilisiert und 90.000 Euro kostet. Gut, dass auch ein Jaguar XF 3.0 V6 Diesel in der Ausstattung „Edition“ britischen automobilen Luxus sehr überzeugend vermitteln kann. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)
Daten Jaguar XF 3.0 V6 Diesel Edition:
Länge x Breite x Höhe (Meter): 4,96 x 1,87 x 1,46
Motor (Bauart, Hubraum): Twin-Turbodiesel V6, 2.993 ccm
Max. Leistung: 155 kW/211 PS
Max. Drehmoment: 450 Nm bei 2.000 U/min
Kraftstoffverbrauch (nach NEFZ, kombiniert) 6,8 l/100 km
CO2-Emission: 179 g/km
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 8,1 s
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Leergewicht/zul.Gesamtgewicht: 1.820/2.360 kg
Gepäckraum (mit Notrad) 500 Liter
Basispreis: 53.000 Euro
Testwagenpreis: 58.290 Euro
Quelle: auto-reporter.net, 2011-07-28
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