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Testbericht

Stefan Grundhoff, 11. April 2008
In Zeiten, in denen Individualität über alles geht, fällt es selbst mit einem Audi, BMW oder AMG-Geschoss schwer, noch aufzufallen. Hier schlägt die Stunde der Feinkost-Lieferanten. Zum Beispiel: Jaguar´s S-Type R.

Erst vor kurzem machten die finanziell nach wie klammen Briten durch die Neuauflage des Jaguar XK R auf sich aufmerksam. Der exzellente XK im dezenten Spo(R)tdress mit 416 PS und 580 Nm unter der Haube – eine optische wie fahrdynamische Versuchung der besonderen Art. Auch der etwas in die Jahre gekommene Jaguar S-Type ist nun im wenig aufdringlichen Trainingsdress mit dem dezent-grünen R-Signet zu haben - zwar noch mit dem alten Kompressor-Aggregat, aber allemal schnell genug, um der Konkurrenz eilig davon zu eilen.

Beim Thema Eile sibd die meisten Jaguar-S-Fans "not amused": Schnell fahren, ja, das ist in einem S-Type (gerade in einem R-Modell) zwar möglich - aber gewiß nicht stilecht. Der Gentleman genießt - und rast nicht. Tatsache bleibt: Der S-Type R ist eine echte Rennkatze. Von außen auf den ersten – oder zumindest zweiten – Blick nur zu erkennen durch den fast schon verspielt wirkenden Maschendraht-Kühlergrill und einige nette Accessoires.

Wenn das nach wie vor eine Spur zu feminine R-Gesicht des S-Type im Rückspiegel auftauscht, heißt es: Schnell die Spur freimachen. Dank Kompressor-Beatmung fauchen hinter den vier zarten Rundscheinwerfern wuchtige 291 kW/395 PS. Das maximale Drehmoment von 541 Nm steht ab 3.500 U/min zur Verfügung. Wirkt der 4,2 Liter große Achtzylinder ohne Kompressor-Stakkato trotz des sanft blubbernden Klanges noch etwas träge, so gibt es beim Einsetzen des Kompressors einen kraftvollen Tritt in den Rücken. Der fast geduckt auf der Straße dahingleitende S-Type prescht nach vorn und drückt seine Insassen in weiches Leder.

Der Spurt von 0 auf 100 km/h läßt sich so in sportwagentypischen 5,6 Sekunden absolvieren. Die gut abgestufte Sechsgang-Automatik sorgt dafür, dass die Kraft auch an die Hinterachse kommt. Bei Tempo 250 allerdings ist viel zu früh Schluss mit lustig: Auch beim S-Type R hält Jaguar an seiner Abregelung fest. Das könnte sich mit dem Start des Nachfolgers wohl im nächsten Jahr ändern. Das Gewicht von 1,8 Tonnen und die elektronische Dämpferregelung CATS sorgen dafür, dass die britische Oberklasselimousine auch dynamischen Fahrsituationen jederzeit gewachsen ist. Das Fahrwerk kann nicht ganz mit dem des größeren XJ mithalten, ist den fast 400 PS Maximalleistung jedoch spielend gewachsen.

Die servounterstützte Lenkung ist gut, könnte jedoch noch direkter sein und macht daher bei geringen Geschwindigkeiten einen besseren Eindruck jenseits von 120 km/h. Die Bremsen der R-Modelle wurden der kraftvollen Motorleistung angepasst. Statt der sonst üblichen 326 Millimeter haben sie vorn einen Durchmesser von 355 Millimetern. Das Sicherheitspaket ist standesgemäß. Front- und Seitenairbags sind ebenso Serie wie Kopfairbags vorne und hinten, Gurtstraffer, ABS, Bremsassistent, dynamische Stabilitätskontrolle und elektronische Handbremse.

Das Platzangebot im Jaguar S-Type ist gut - aber gewiß nicht üppig. Nehmen auf den vorderen Sitzen größere Personen Platz, geht es hinten recht eng zu. Die Kopf- und Schulterfreiheit könnte gerade im Fond besser sein. In der ersten Reihe nimmt die breite Mittelkonsole viel wertvollen Knieraum. Die Bedienung des Cockpits wurde seit dem Marktstart britischen S-Klasse im Jahre 1999 nicht verändert. Die meisten Bedieneinheiten liegen gut zur Hand, könnten optisch jedoch etwas zeitgemäßer sein. Gerade wer das neue Multifunktionsdisplay für Klimatisierung, Navigation und Soundsystem des neuen XK kennt, kann mit dem alten System des S-Type kaum zufrieden sein. Ganz anders dagegen die weichen Ledersitze, in die man sich weich und anschmiegsam hinein gleiten lassen kann. Trotzdem geben sie sehr guten Seitenhalt und durch die verlängerbare Sitzfläche kommt der Langstreckenkomfort auch für Fahrer über 1,85 Meter nicht zu kurz.

Überhaupt glänzt der Jaguar S-Type R nicht nur mit einem fast schon aufreizenden Understatement. Er verwöhnt seine Insassen auch mit serienmäßigem Luxus. Elektrische Ledersportsitze, 18-Zoll-Felgen, Tempomat, Einparkhilfe und Multifunktionslenkrad gibt es ohne Aufpreis. Zwei Abstriche muss man jedoch bei der Power-Version machen.Wegen der größeren Lüftungseinlässe muss man bei der R-Version auf Nebelscheinwerfer verzichten. Und auch die Rückbank lässt sich nicht umklappen.

Beim Preis allerdings hat sich der Jaguar S-Type R von seinem dezenten Understatement verabschiedet: 71.200 Euro. Das ist schon üppig. Dazu kommen teure 2.820 Euro für das DVD-Navigationssystem und 145 Euro für den obligatorischen Regensensor, den sich die Ford-Edeltochter extra bezahlen lässt.

Quelle: Autoplenum, 2008-04-11

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