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Testbericht

Jürgen Wolff, 3. Oktober 2009
Seit 2005 ist der Fiat Punto auf dem Markt - Zeit also für eine Renovierung. Die Italiener haben sich denn auch nicht mit Retuschen begnügt, sondern Design und Motoren gründlich überarbeitet.

Der Name ist Programm: Fiats Punto Evo soll die evolutionäre Weiterentwicklung des (Fast-)Vorgängers Grande Punto sein - nicht eine Revolution. Und so schicken die Italiener denn auch kein völlig neues Auto auf die Straße, sondern ein innen und außen konsequent weiterentwickeltes. Den "alten" Grande Punto soll es zumindest vorläufig noch in einer Basisversion weiter geben - ab 9.990 Euro Kampfpreis. Schon die optischen Retuschen fallen beim Evo zwar deutlich, aber doch noch im üblichen Rahmen aus. Am nachhaltigsten haben sich die hauseigenen Designer aus dem Centro Stile Fiat am Gesicht des Neuen zu schaffen gemacht. Der Stoßfänger, in den die Blinker integriert sind, teilt den nun schon fast aggressiv wirkenden, üppig gewachsenen Kühlergrill in der Waagerechten. In den Kühler integriert: Die optionalen Nebelscheinwerfer, die auch als Kurvenlicht fungieren. Über der wulstigen Kühlereinfassung zieht sich selbstbewusst eine Chromleiste mit dem integrierten Fiatlogo, wie man es schon vom 500er kennt. Die Länge des Punto Evo strecken optisch auf jeder Seite eine leicht geschwungene Sicke und eine Zierleiste. Hinten rahmen hochkant schmale Rückleuchten das Heckfenster ein. Gründlich überarbeitet worden ist auch der Innenraum: Er wirkt nun wertiger und durchaus edel. Dem bislang eher drögen Cockpit haben die Designer neuen Schwung und stimmigere Farben verpasst. Richtig was her macht vor allem die frisch gestaltete Mittelkonsole mit ihrem Materialienmix. Die Instrumente sind modernisiert worden und passen gut zum neuen Armaturenbrett. Positiv auch, dass Fiat dem neuen Punto ein paar praktische Ablagen mehr spendiert hat.

Mit der Verarbeitungsqualität hat Fiat schon lange keine Probleme mehr - beim Punto Evo ist es nicht anders. Wo es noch Potenzial zum Nachbessern gibt, das ist bei der Haptik: Der harte Kunststoff des Armaturenbretts sieht zwar wertiger aus, fasst sich aber nicht besser an als beim Vorgänger. Deutliche Fortschritte hat Fiat bei der Geräuschdämmung innen gemacht - der Punto Evo wird auch bei höherem Tempo nicht so laut wie sein Vorgänger. Die Sitze sind bequem, könnten aber deutlich mehr Seitenhalt vertragen - da hat sich dann nicht viel verbessert. Wer viel in der Stadt unterwegs ist wird sich freuen, dass sich auch im neuen Punto die Lenkung wieder in den leichtgängigen City-Modus schalten lässt - praktisch vor allem beim Einparken. Mit Fiat geht ein weiterer Hersteller dazu über, zumindest in seinen Kompaktmodellen preiswerte mobile Navigationsgeräte als Option anzubieten. Die Italiener haben sich dafür mit TomTom zusammengetan. Der praktische Anschluss für den kurzen Schwanenhals des Systems ist gut in Augenhöhe neben dem Radio vorgesehen. Fiat hat dabei den fälligen Schritt weiter getan und nutzt das TomTom-Navi auch als Bordcomputer.

So richtig überzeugen konnte das TomTom-Navi bei einer ersten Ausfahrt in Italien allerdings nicht: Bei so ziemlich allen Testwagen verirrte es sich nach den ersten 50 Kilometern hoffnungslos und nervte nur noch mit unsinnigen Anweisungen. Zudem ist die Bedienung während der Fahrt selbst deutlich zu kompliziert. Wenigstens abschalten lassen sollte sich eine Routenführung mit höchstens zwei Klicks und ohne langes Suchen in Untermenüs. Mit nun 4065 mm Länge ist der Punto Evo um 30 mm gewachsen. Beim Radstand hat sich das allerdings ebenso wenig ausgewirkt wie bei Höhe, Breite oder dem Innenmaß. Leider - denn damit hat sich der Punto Evo ein Ärgernis seines Vorgängers bewahrt: Große Passagiere haben in ihm ihre Probleme. Die Vordersitze sind von der Sitzfläche her vergleichsweise hoch ausgelegt. Schon mit 1,82 Metern Körpergröße stößt man auf dem Beifahrersitz an den Fahrzeughimmel. Und auch auf dem Fahrersitz wird es trotz Höhenverstellung schnell eng über dem Kopf. Auch hinten geht es ähnlich knäpplich zu. Und wer nicht überwiegend allein oder zu zweit unterwegs ist, der sollte die 800 Euro Aufpreis zahlen und den Evo besser gleich mit vier Türen ordern. Gleich geblieben ist mit 275 Litern auch das Volumen des Kofferraumes. Das reicht schon bei voller Bestuhlung gut für den Einkauf inklusive diverser Sprudelkästen. Wer mehr Platz braucht, kann wie gehabt die Rückbank umklappen und gewinnt so insgesamt 1020 Liter Stauraum. Die Heckklappe lässt sich ohne viel Kraftanstrengung nach oben schwingen, die Ladekante stört nur wenig.

Deutlich weiterentwickelt hat Fiat, was unter der Haube steckt. Zwei der Benzinmotoren haben die neue elektrohydraulische Ventilsteuerung MultiAir, die seit kurzem auch im Mito bei der Schwestermarke Alfa Romeo verwendet wird. Laut Fiat senkt die Technik den Benzinverbrauch um bis zu 25 Prozent. Entsprechend gibt Fiat den Durchschnittsverbrauch für den Benziner mit 99 kW/135 PS und 206 Nm maximalem Drehmoment mit durchschnittlich 5,6 Liter auf 100 km an. Das wäre ein satter Liter weniger als bisher im Grande Punto 1.4 T-Jet. Der hat allerdings 15 PS weniger Leistung und schafft auch nicht die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Der MultiAir-Motor ersetzt die Nockenwelle der Einlassventile durch eine elektrohydraulische Steuerung, mit der die Öffnungszeiten der Ventile stufenlos und angepasst an den Lastzustand des Motors geregelt werden können. Das bringt mehr Leistung und weniger Verbrauch und Emissionen. Die Italiener bieten die Technik sowohl in einem Saugmotor (77 kW/105 PS) als auch ab Januar 2010 mit Turbolader (135 PS) an - Euro-5 schaffen beide. Fiat kombiniert die zwei Motoren zudem mit Start-Stopp-Automatik. Optimiert haben die Ingenieure auch die Turbodiesel für den Punto Evo. Die zweite Generation des Multijet liefert einen höheren Einspritzdruck und arbeitet zum ersten Mal im 1,3-Liter-Motor. Je nach Auslegung schafft der in Euro-5 eingestufte Selbstzünder nun 55 kW/75 PS oder 70 kW/95 PS. Der kleine Diesel kommt laut Fiat mit 4,1 Liter im EU-Zyklus aus, der 95-PS-Motor braucht nur 0,1 Liter mehr.

Von ausgeprägter Spritzigkeit zeigt sich allerdings auch nicht die 95-PS-Version. Mit ihr ist man zwar durchweg ordentlich motorisiert unterwegs, muss aber fleißig schalten - das nervt vor allem in der Stadt. Denn speziell im unteren Drehzahlband mag er nicht so richtig in die Puschen kommen. Fahren lässt sich der Punto Evo ansonsten leicht und sicher. ESP gibt es endlich serienmäßig und bringt eine Berganfahrhilfe gleich mit. Die Schaltung ist präzise und hat kurze Wege. Die Federung zeigt sich durchweg komfortabel, nur tiefe Schlaglöcher werden kräftig polternd an die Passagiere weitergegeben. Geradeauslauf, Spurhaltung in der Kurve - alles im grünen Bereich. Und wenn es doch mal schief geht: Der Punto Evo bringt unter anderem nun sieben Airbags serienmäßig mit. In der Basisversion mit 1,2-Liter-Benzinmotor und 65 PS kostet der Punto Evo 11.500 Euro - genauso viel wie bisher der kleinste Grande Punto. Zwar ist die Ausstattung ab Werk besser als beim Vorgänger - Freudentränen treibt sie dennoch nicht gerade in die Augen. Diesel ist beim Evo mit dem 75-PS-Multijet ab 15.550 Euro zu haben, der 95-PS-Selbstzünder kostet mindestens 17.500 Euro. Das Top-Modell mit 120 PS-Diesel soll Anfang 2010 kommen - dafür sind dann mindestens 19.550 Euro fällig.
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2009-10-03

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