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Testbericht

Jürgen Wolff, 15. März 2009
Mit dem Cruze will Chevrolet in der Kompaktklasse neue Zeichen setzen. In der Kompaktklasse? An dem Amerikaner aus Korea ist wenig kompakt - außer vielleicht dem Preis: Er bietet viel Auto für wenig Geld.

Die Amerikaner haben bekanntlich ihren eigenen Maßstab. Dass Chevrolet den neuen Cruze in der "Kompaktklasse" einparken will, dürfte sich nur so erklären. Denn mit einer Länge von 4597 mm ist der "kompakte" Viertürer fast zwei Zentimeter länger als eine C-Klasse und schlägt den 3er-BMW um knappe fünf Zentimeter. Der Golf - Quasi-Messlatte der Kompaktklasse - ist sogar fast 40 Zentimeter kürzer. "Kompakt" sind immerhin die Preise: Die schon ordentlich ausgestattete Basisversion mit 1,6-Liter-Benzinmotor gibt es ab 14.990 Euro - außer Metallic-Lackierung steht an Wichtigem nur noch die Klimaanlage mit 600 Euro in der Aufpreisliste. Ein vergleichbar motorisierter aber deutlich magerer ausgestatteter ?koda Octavia ist ab 16.590 Euro zu haben, der günstigste Subaru Impreza ab 16.490. Selbst die Chinesen wollen für den Brilliance BS4 noch mindestens 15.990 Euro.

"Revolution statt Evolution" verspricht Taewan Kim, Chevrolet-Designer aus Korea, mit dem Cruze. Verglichen mit den aktuell durchweg eher unauffälligen Chevy vom Schlage eines Lacetti oder Epica hat er damit nicht mal Unrecht. Die bogenförmige Dach-, die leicht konkave Schulterlinie, das kurze Heck mit den üppigen Doppelleuchten, der mächtige, zweigeteilte Wabenkühler mit dem goldglänzenden Markenlogo, der finstere Blick aus den pfeilförmig weit in die Kotflügel auslaufenden Scheinwerfern - der Cruze fährt mit dem dynamischen Look eines viertürigen Coupés vor. Klar gezeichnet und vorzeigbar. Auch innen ist der Fünfsitzer mit seinen faden Geschwistern kaum noch vergleichbar. Sportliches Wohlfühlambiente rundum. Die zweifarbig gehaltenen Materialien wirken - erst recht für diese Preisklasse - hochwertig und sind angenehm anzufassen. Die Verarbeitung ist tadellos, selbst auf schlechten Straßen knarzt oder knackt es nirgends. Und das Design der Cockpitverkleidung, die von der Mittelkonsole aus symmetrisch zu beiden Seiten inklusive der Türen hin nach außen läuft, dürfte man sich auch nach ein paar Jahren noch mit Genuss anschauen können. Dazu hat der Cruze durchaus praktische Werte. Das griffige Lenkrad lässt sich in drei Dimensionen einstellen, die Vordersitze sind auch für Leute mit langen Beinen gut verschiebbar. Die Sitze selbst sind fest, bequem und langstreckentauglich. Die Lehnen bieten auch in Kurven einen guten Halt. Die Bedieninstrumente sind übersichtlich, durchdacht und gut erreichbar platziert, das "Eisblau" der hintergrundbeleuchteten analogen Anzeigen ist nachts angenehm und entspannend für die Augen.

Hinten geht es vom Platz her ebenfalls großzügig zu. Der Einstieg durch die Hecktüren geht ohne größere Verrenkungen vonstatten, die Knie- und Beinfreiheit ist fast schon üppig. Drei Leute haben es etwas eng, bei zweien sind auch längere Fahrten kein Problem. Durch die abfallende Dachlinie wird die Kopffreiheit auf den Rücksitzen zwar etwas eingeschränkt - bis 1,85 Meter Körpergröße geht es aber noch gerade so. Der durchweg sehr positive Eindruck vom Innenraum wird auch durch kleine Nachlässigkeiten nicht getrübt. So lassen sich etwa die Rücklehnen der Vordersitze kaum ohne eingeklemmte Finger einstellen, weil die Hebel dafür direkt unter den Gurtbefestigungen liegen. Der Kofferraum ist dank der großen Öffnung und der hoch schwingenden Heckklappe zwar gut zu beladen, mit 450 Litern Fassungsvermögen allerdings für die Klasse nicht gerade geräumig. Der Dacia Logan etwa bringt es auf 510 Liter, der Skoda Octavia auf mindestens 560 Liter. Der VW Jetta schafft 527 Liter. Zudem fehlte in den Testwagen ein Handgriff, um den Kofferraumdeckel zu schließen - das garantiert schmutzigen Fingern. Der Griff stehe allerdings auf der Agenda der Dinge, die bis zum Marktstart noch zu ändern seien, verspricht Chevrolet.

Zwei Benzin- und einen Diesel-Motor bietet Chevrolet zum Start für den Cruze an - keiner von ihnen kann angesichts der so sportlich-coupéhaften Optik des Cruze allerdings wirklich überzeugen. Am allerwenigsten der 1,6-Liter Benziner. Seine 83 kW/113 PS haben es bei einem maximalen Drehmoment von 153 Nm merkbar schwer mit den 1,4 Tonnen Leergewicht. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in offiziell 12,5 Sekunden dehnt sich gefühlt auf gut das Doppelte. Zum Vergleich: Der Dacia Logan schafft mit dem 1,6-Liter-Benziner nahezu das gleiche Drehmoment und braucht für den Spurt 10,2 Sekunden. Nur wer fleißig schaltet, zwingt den schwachbrüstigen kleinen Cruze in die Puschen: Berge sind auch auf der Autobahn allenfalls im vierten, mitunter gar nur im dritten Gang halbwegs flott zu bewältigen. Beim Überholen sollte man ein gutes Sicherheitspolster einplanen. Immerhin macht einem die Schaltung die Arbeit einfach: Die Wege des kurzen Hebels sind angenehm knackig, gehakelt wird auch nicht. Ein weiterer Nachteil: Der Verbrauch, den Chrysler offiziell mit durchschnittlich 6,8 Litern Super auf 100 km angibt, liegt in der Realität deutlich höher. Wer es vom Naturell her entspannt angehen lässt und ein paar Kilometer mehr im Windschatten eines Sattelzuges ohne Stress verkraftet, für den dürfte der 1,6-Liter-Motor dennoch reichen.

Deutlich lebhafter geht der 1,8-Liter-Benziner im Cruze zu Werke - solange man sich die 1400 Euro Aufpreis für die 6-Stufen-Automatik erspart. Denn die schluckt einen Gutteil der 103 kW/141 PS und des Drehmoments von 176 Nm. Bei jedem Kick aufs Gaspedal hat man das Gefühl, Motor und Getriebe sind über ein sehr dehnbares Gummiband verbunden. Wer bei der serienmäßigen 5-Gang-Handschaltung bleibt, der kann dagegen durchaus Freude mit dem Motor haben. Auch dann glänzt der Cruze zwar nicht gerade durch sportlich sprühendes Temperament - lässt sich aber flott und angemessen durch Stadt und Land chauffieren. 10,0 sec. für den Spurt von 0 auf 100 km/h, 200 km/h Spitze - damit ist gut zu leben. Den Verbrauch gibt Chevrolet auch hier mit 6,8 Litern auf 100 km an.

Den Turbo-Diesel hat Chevy neu entwickelt. Von den drei Motoren dürfte er die beste Wahl sein. Allerdings merkt man auch bei ihm die angegebenen Leistungswerte von 110 kW/150 PS und 320 Nm Drehmoment in der Praxis nicht wirklich. Ein wartungsfreies Partikelfilter bekommt der Diesel serienmäßig mit auf den Weg nach Deutschland - anders als die Euro-5-Benziner schafft er allerdings nur Euro-4. Den Verbrauch gibt Chevrolet mit 5,6 Litern auf 100 km an - das würde bei vollem 60-Liter-Tank für über 1000 km reichen. Die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h dürfte man dann allerdings besser vergessen.

Das ausgezeichnete und in Europa entwickelte Fahrwerk des Cruze gibt schon einmal einen Vorgeschmack auf den neuen Opel Astra, der im November auf den Markt kommen soll und sich mit dem Cruze die gleiche Fahrzeugbasis teilen wird. Der Chevy liegt stramm auf der Straße, zirkelt präzise um die Kurven und lässt sich nur schwer aus der Ruhe bringen. ABS, Traktionskontrolle und ESP sind Serie, der große Radstand und die breite Spur besorgen den Rest. Die Lenkung kommt direkt, hatte in einigen der Testwagen allerdings noch etwas viel Spiel. Die Federung ist stramm, aber komfortabel, der Geräuschpegel angenehm niedrig - weder Abroll- noch Windgeräusche nerven. Nur die Motoren werden gelegentlich etwas lauter, weil die Gänge ausgefahren werden wollen.

Quelle: Autoplenum, 2009-03-15

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