Test: Lexus LS 500h - Erziehung zur Gelassenheit
Seit fast 30 Jahren kämpft Lexus um seinen Platz unter den Premium-Herstellern, in der japanischen Heimat und in Nordamerika mit großem, in Europa mit überschaubarem Erfolg. Dies gilt speziell für die große Limousine LS, die 1989 als erstes Lexus-Modell überhaupt auf den Markt kam und die äußerlich die ziemlich freche Kopie eines großen Benz war.
Seit Anfang des Jahres ist nun die bereits fünfte Generation des großen Lexus auf dem Markt. Und auch wenn im Lande von S-Klasse und BMW 7er jetzt kaum der große Durchbruch bevorsteht, ist der mächtige 5,24 Meter lange Fünfsitzer einen genaueren Blick wert. Was wie häufig bei Lexus vor allem am Antrieb liegt. Denn im 500h schlägt ein Doppel- oder sollte man besser sagen Dreifachherz bestehend aus einem V6-Benziner und zwei Elektromotoren, mithin reden werden wir also über einen Hybrid-Antrieb. Um es gleich zu sagen: Ja, es gibt den LS auch wieder in einer Version als reinen V6-Benziner, aber wenn der Hybrid in Deutschland schon kaum gekauft wird, ist die Otto-Variante praktisch völlig unbekannt. Wenn schon, dann Hybrid, sagen sich die Käufer. Und sie haben Recht, macht der hierzulande trotz Toyota Prius und Co. immer noch ein wenig exotisch wirkende Antrieb doch nicht den geringsten Kaufanreiz aus. Der 3,5-Liter-Benziner und die beiden, vor allem beim spritfressenden Anfahren und Beschleunigen zum Einsatz kommenden E-Motoren leisten gemeinsam 264 kW/359 PS und schicken 350 an die Hinterachse, und gegen einen Aufpreis von 3.300 Euro auch an alle vier Räder, dann gehen allerdings 2 Newtonmeter verlustig.
Wer sich in der Lexus-LS-Historie ein wenig auskennt, mag gerade gestutzt haben. Knapp 360 PS? War da nicht mal mehr Power? Ja, der Vorgänger kam sogar auf 445 Pferdestärken, dort arbeitete allerdings auch ein V8-Verbrenner unter der Haube. Den haben die Japaner unter Hinweis auf den Verbrauch in der neuen Generation gegen einen sparsameren V6 eingetauscht. Im Alltag macht das wenig aus. Denn die hybride Luxuslimousine ist ein komfortabler Gleiter und kein Sportler. Bei normaler Autobahngeschwindigkeit fühlt sich das Fahrzeug offensichtlich wohl, geht es über 180 km/h hinaus, wirkt der Motor angestrengt und das Fahrwerk überfordert. Will man gar in deutscher Autobahnmanier flott beschleunigen, zwingt das zehn Gänge simulierende Viergang-Getriebe den Motor zu hohen Drehzahlen, was ziemlich unsouverän wirkt. Andererseits animiert gerade diese Schwäche den Fahrer zu einer gelassenen Fahrweise, was dann sowohl dem Blutdruck als auch dem Geldbeutet gut tut. Denn selbst bei normaler Fahrweise sind die versprochenen 6,5 Liter nicht annähernd zu halten, mit über 10 Liter muss man im Schnitt immer rechnen. Wer gleitet lebt nicht nur günstiger und wahrscheinlich länger, er kann auch das Innenleben des LS und dessen perfekte Verarbeitung viel besser bewundern. Und die Fahrt genießen. Adaptive Dämpfer und serienmäßige Luftfederung (außer in der Basisversion) lassen die immerhin 2,2 Tonnen wiegende Limousine geradezu dahinschweben.
Ein toller Reisebegleiter, wäre da nicht der mit 430 Litern eher auf Mittelklasse-Niveau rangierende Kofferraum. Komfort-Höhepunkt im Wortsinn ist die Ein- und Ausstiegshilfe: Nach dem Öffnen der Türe pumpt die Luftfederung die Karosserie um 4 Zentimeter nach oben. Da freut sich der Rücken. Wurde Lexus früher häufiger mal für sein langweiliges Design angegangen, hat die Marke mittlerweile eine 180-Grad-Wende hingelegt. Sagen wir so: Der LS ist nichts mehr für Menschen, die den Nerz innen tragen. Der riesige „Diabolo“-Kühlergrill nimmt fast die gesamte Vorderfront ein, dazu schaut der Lexus verkniffen aus engen Scheinwerfergläsern. Von der Seite wirkt der Fünftürer mit seinem relativ geringen Glasanteil und der abfallenden Dachline eher wie ein Sportcoupé denn wie ein S-Klasse-Konkurrent. Immerhin sitzen normalgewachsene Menschen trotzdem auch hinten noch ganz kommod. In der von uns gefahrenen Spitzenversion Luxury Line zu 127.700 Euro ist der rechte hintere Sitz, dort also wo gerne wichtige Menschen sitzen, als elektrisch verstellbarer echter Liegesitz ausgelegt, inklusive Massagefunktion mit sieben Programmen. Mehr geht nicht, meinen Sie? Doch, doch: Die Aufpreisliste hält auch für diese Variante noch einige Optionen bereit. Ins Auge fällt zum Beispiel das Ausstattungsfeature „Japanische Tradition“ mit Glasapplikationen und einer Stofftürverkleidung in „Origami-Faltung“. Zum Kleinwagen-Preis von 15.200 Euro.
Auch damit wird deutlich: Der Lexus LS 500h will zwar eine Alternative zu Mercedes, BMW, Audi oder auch einem großen Jaguar sein, spielt dabei aber keinesfalls eine Rolle als „günstiges Angebot“. Die Preise tragen sicher zusätzlich dazu bei, dass japanischer Luxus auf deutschen Straßen eine Seltenheit bleiben wird. Den LS-Besitzer wird es freuen, nimmt man staunende Gesichter und neugierige Nachfragen zu solch einem Fahrzeug doch gerne in Kauf.
Lexus LS 500h Luxury Line Technische Daten: Viertürige, fünfsitzige Limousine der Oberklasse
Länge: 5,24 Meter
Breite: 1,90 Meter (mit Außenspiegeln: 2,16 Meter)
Höhe: 1,46 Meter
Radstand: 3,13 Meter
Kofferraumvolumen: 430 Liter 3,5-Liter-Sechszylinder-Benziner, Elektromotoren, Systemleistung: 264 kW/359 PS, 0-100 km/h: 5,4 s, Vmax: 250 km/h, Normverbrauch: 6,5 Liter, CO2-Ausstoß: 141 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: A+, Testverbrauch: 10,5 Liter Preis: ab 93.300 EuroKurzcharakteristik:
Warum: weil die Kombination aus Hybrid und Oberklasse was Besonderes ist
Warum nicht: weil der Hybrid-Antrieb Kompromisse erfordert
Was sonst: Mercedes S-Klasse oder den Lexus LS mit reinem V6-Motor
Wer sich einen Lexus LS kauft ist eigentlich was? Ein Genießer, ein Technik-Freak, ein Komfort-Junkie? Kann sein. Auf jeden Fall erzieht die Luxuslimousine ihren Fahrer zwangsläufig zu einer Art neuen Souveränität. Was dem gestressten Autoren während seinen Testfahrten durchaus gut getan hat.
Quelle: Autoplenum, 2018-06-17
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