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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 22. Dezember 2014
Emory Motorsports peppt klassische Porsche 356 mit moderner Technik auf. Damit die Symbiose aus alt und neu funktioniert, ist mehr als echte Handwerkskunst nötig.

Der fliegende Rochen am Himmel, weckt Interesse. Geräuschlos fegt das Fluggerät am blauen kalifornischen Himmel entlang. Das wird doch nicht. Das ist doch ... Erst das sekundenlange Starren auf die elegante Silhouette des Fluggerätes verweist eine Fata Morgana in das Reich der Unmöglichkeit. Es ist tatsächlich ein Tarnkappen-Bomber, eine B2, die da am Himmel lautlos ihre Runden dreht. Wir sind die Einzigen, die sich nach dem eleganten Flugzeug die Hälse recken. Im kalifornischen Lancaster interessiert das die Einwohner so viel, als wenn in China der berühmte Sack Reis in die Horizontale fällt.

In dem verschlafenen 160.000-Einwohner-Nest nördlich von Los Angeles gehören die top-modernen Jets zum Alltag. Schließlich sind hier wichtige Aeronautik-Firmen wie Boing und Loockheed-Martin stationiert. Im Speckgürtel des Ortes ist auch Emory Motorsports beheimatet. Die Gebäude mit den flachen Dächern und den gelblich grauen Putz sind eher schlicht. Niemand käme auf die Idee, dass in diesen Hallen auch für die Hightech-Flugfirmen gearbeitet wird. "Mehr kann ich nicht sagen", erklärt Inhaber Rod Emory und fügt fast entschuldigend hinzu, dass es da um wichtige Geheimnisse der Flugindustrie ginge.

Bei anderen Themen ist der freundliche 40jährige schon auskunftsfreudiger. Zum Beispiel, dass seine Firma die Raumkapsel für Felix-Baumgartners Rekord-Sprung aus der Stratosphäre gebaut hat. Die Idee mit der scheibenfömigen Tür, die zur Seite weggerollt wird, wurde in diesen schmucklosen Gemäuern ersonnen und umgesetzt. Doch Rods Augen leuchten richtig auf, wenn es um seine Porsches geht. Die Begeisterung für die Sportwagen aus Zuffenhausen wurde dem Firmenchef schon in die Wiege gelegt. "Mein Spielplatz war das Ersatzteillager des Porsche-Händlers. Ich habe mit 14 Jahren angefangen Porsches zu restaurieren" erzählt der Mann in dem schwarzen Sweatshirt und der jugendlichen Max-und-Moritz-Tolle auf dem Vorderkopf.

Die Schule war eine harte. Sein Großvater Neil Emory hatte seinen eigenen Tuning-Shop und wies Rod in die Welt der Karosseriespenglerei ein. "Mein Großvater wollte immer, dass wir die Arbeit so ausführen, wie sie in der Fabrik gemacht worden wäre." Das bedeutet perfekt und Rod demonstriert seine Kunst gleich an dem Kotflügel eines 356er Porsches. Mit gezielten Hieben, schlägt er die Lüftungsschlitze in das Blech. Nicht zu stark nicht zu schwach. Der Hammer stammt noch von seinem Großvater, wie so einiges anderes Werkzeug auch. Jede Bewegung ist kontrolliert, kein Zucken, kein Zaudern. Mit gezieltem Schwung saust der fein austarierte Kopf auf den Meißel. Kling, kling, kling - die Porsche Fans wissen die Kunst des kalifornischen Handwerkers zu schätzen. Auch die Tuning-Größen Magnus Walker und Singer-Porsche arbeiten mit Rod Emory zusammen.

"Die Arbeit an der Werkbank macht mir am meisten Spaß", sagt der Geschäftsmann Rod Emory. In den Hallen stehen Maschinen aus den 50er und 60er Jahren, Rod will keine anderen. Grau oder grün lackiert stehen sie da, keine Hightech-Robotik, sondern Mechanik aus einer anderen Zeit, als der Autobau noch mehr Manufaktur denn Produktions-Prozesstechnik war. Im nächsten Raum stehen die Preziosen: nackte Porsche-356-Skelette, halbfertige automobile Rohbauten, die mit Decken geschützt sind. Die Arbeit an den seltenen Autos erfordert Sorgfalt und damit auch Zeit. Antiseptische Fabrikhallen sucht man hier vergebens. Eine Tür weiter warten die 356er-Roadster und Coupés nebeneinander, bis sie zu einer Fahrt abgeholt werden. Auf den ersten Blick sind das sauber restaurierte Karossen. Der Blick des Porsche-Fachmanns verrät, dass zum Beispiel das Heck etwas länger ist und die Technik im Cockpit eine andere.

Etwa 150 Porsches hat Rod Emory mit seinem Team schon gebaut. Hauptsächlich 356er, aber auch 904er und 911er. Das Prinzip ähnelt dem der Kollegen von Singer: neue Technik im klassischen Kleid. Zum Beispiel sorgen Scheibenbremsen für eine gute Verzögerung, die durch eine Verkleidung aussehen, wie die traditionellen Trommelbremsen. Schließlich haben die 356er rund 200 PS - deswegen sind auch moderne Fünf- oder Vierganggetriebe aus einem Porsche 911 oder Porsche 901. Die Motoren stammen aus 911ern. "Wir machen aus den Boxer-Sechszylinder einfach einen Vierzylinder, indem wir zwei Zylinder abschneiden", grinst Rod Emory. Was so lapidar klingt, ist eine Tüftelei mit großem technischen Aufwand: Neue Kurbelwellen und Nockenwellen müssen her. Weber-Vergaser sorgen für genug Luft, um die Leistung zu garantieren.

Das Team von Emory Motorsports verwendet nur Porsche-Teile und frischt so die Technik der Oldtimer auf. Das Konzept zieht: Die Kunden stehen auf die aufgepeppten Renner. Bis zu 18 Monaten müssen die Interessenten auf ihr Auto warten und dann zwischen 200.000 und 450.000 Dollar berappen. Alleine ein Porsche 356 Speedster kostet rund 150.000 Dollar. Nachschub gibt es genug. Dazu nutzten Rod und seine Truppe die sozialen Netzwerke, um die begehrten Fahrzeuge auf der ganzen Welt aufzustöbern. Für das viele Geld bekommt der Kunde dann auch ein maßgeschneidertes Fahrzeug. "Ich will die Kunden erst immer kennenlernen und verbringe viel Zeit mit Ihnen, um ein Gefühl für Ihre Vorlieben zu bekommen", erzählt Rod. Porsche-Puristen schütteln jetzt womöglich den Kopf. So ganz kann der freundliche Westküsten-Mann sein Außenseiter-Attitüde nicht verbergen: ein Adler, der dem Vereinswappen der Frankfurter Eintracht ähnelt, ziert die Fahrzeuge. Darin befindet sich auch das Wort "Outlaws" (dt. Gesetzlose). Der Grund: In den 80er Jahren nannte man die, mit moderner Renntechnik aufgerüsteten, Porsche 356 "Outlaws". "Passt doch ganz gut", sagt Rod und grinst dabei schelmisch.

Quelle: Autoplenum, 2014-12-22

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