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Testbericht

Benjamin Bessinger/SP-X, 1. Dezember 2021
SP-X/Turin/Italien. Der Schlag kommt hart und vor allem unvermittelt. Ohne jede Vorwarnung und insbesondere ohne jedes verräterische Geräusch fährt einem wie aus dem nichts eine Faust mit der geballten Nacht von 2.300 Nm in die Magengrube und presst einen das letzte Quäntchen Luft aus dem Körper.  Und das alles nur, weil man mal mit dem kleinen Zeh gewackelt hat. Mehr braucht es nicht, damit einen dieser Sportwagen dem Horizont entgegen schleudert, als wolle er einen gleich in die nächste Galaxie befördern.Tut er ja auch. Denn dieser Sportwagen ist nicht irgendein Sportwagen. Der elektrische Überflieger ist tatsächlich von einem andern Stern und gilt als das stärkste Auto mit Straßenzulassung,  das in Italien je gebaut wurde. Und das will im Heimatland von Ferrari und Lamborghini schon etwas heißen. Vorhang auf und Straße frei also für den Pininfarina Battista, der mit ein paar Monaten Verspätung im Frühjahr endlich ausgeliefert werden soll. Und so abgehoben der Preis von mindesten 2,38 Millionen Euro anfangs erscheinen mag, so bodenständig ist er gemessen an dem, was Ferrari & Co für ihre Spitzenmodelle mit nicht einmal halb so viel Leistung aufrufen - zumal der Battista mit maximal 150 Exemplaren obendrein ein ausgesprochen exklusives Vergnügen bleibt.0 auf 100 km/h in fast schon schmerzhaften 1,9 Sekunden. Und die Raserei geht munter weiter: Schon nach weniger als sechs Sekunden flimmern 200 km/h über den kleinsten der drei Bildschirme im Triptychon hinter dem Lenkrad und wenn die Gerade dann noch immer nicht zu Ende wäre, stünden in weniger als zwölf Sekunden 300 km/h auf dem Tacho, und man könnte den Fuß bis 350 stehen lassen. Erst dann zieht die Elektronik den Stecker und macht den Battista so zu einem der schnellsten Stromer auf dem Planeten.  Neben dem schieren Schub begeistert dabei vor allem die Präzision, mit der man den Battista fahren kann, wenn jeder Motor einzeln angesteuert und die Kraft auf diese Weise perfekt an alle vier Räder verteilt wird. Auch wenn der Wagen mit 2,2 Tonnen alles andere als ein Leichtgewicht oder gar ein Track-Tool ist, hält man ihn mit einer beeindruckenden Leichtigkeit auf der Ideallinie. Kein Driften, kein Ausbrechen, kein Versatz, ja nicht einmal ein feines Schlingern bremst den Vorwärtsdrang – viel mehr als den kleinen Finger braucht es nicht, um den Battista um diesen engen Kurs zu führen.Der Battista ist aber nicht allein auf der Rennstrecke zuhause. Als Gran Turismo entwickelt, ist der Pininfarina dem Rennwagen vor allem abseits der Rundstrecke haushoch überlegen. Man sitzt bequemer. Das Ambiente ist zwar nicht ganz so barock und verspielt wie bei Bugatti, aber nicht minder luxuriös. Er bietet ein bisschen mehr Platz und im richtigen Fahrmodus gibt er sich ausgesprochen sanftmütig. So sehr einem das Brüllen des Verbrenners beim Kickdown im Tunnel fehlen mag, so entspannend und buchstäblich beruhigend ist die Stille des Stromers auf der Langstrecke. Das ist das erste Mal, dass es in einem Sportwagen sinnvoll ist, Geld für ein gutes Soundsystem auszugeben. Mit Naim hat Pininfarina einen in jeder Hinsicht wertvollen Partner. Wo man sich in Bugatti & Co. bisweilen nach einer Pause sehnt, will man aus dem Battista deshalb gar nicht mehr aussteigen.Muss man auch nicht, zumindest nicht so schnell. Auch darin unterscheidet sich der Battista von konventionellen Supersportwagen und ihrem steten Durst nach Sprit: Mit der größten bislang in einem Auto eingebauten Batterie wird er zum Dauerläufer. Unter verschärften Bedingungen auf einem Rundkurs soll der Akku mindestens eine Stunde halten, und auf der Straße für bis zu 500 Kilometer.Dafür haben die Italiener fast 7.000 Lithium-Ionen-Zellen zusammengepackt und t-förmig in dem aus Karbon gebackenen Chassis integriert. Das sind am Ende zwar 650 Kilo mehr Gewicht, aber eben auch 120 kWh Kapazität, die selbst Tesla noch nicht kontern kann. Der Battista fährt damit nicht nur schnell, sondern macht auch an der Ladesäule Tempo: Mit 250 kW Gleichstrom befüllt, sind die ersten 80 Prozent eines leeren Akkus in weniger als 25 Minuten wieder voll.Die Ehre dafür gebührt, aber streng genommen nicht Pininfarina, sondern keinem geringeren als Mate Rimac. Der hat mit dem Nevera die Blaupause für den Battista gezeichnet und liefert seine Technik nach Italien – neben den Akkus auch das Karbon-Chassis und die vier nahe der Räder montierten Motoren mit je 250 kW/340 PS vorne und noch einmal 450 kW/720 PS pro Antrieb hinten. Und einmal mehr erweisen sich die Turiner danach als Verpackungskünstler, wie sie es schon seit 90 Jahren. Nur dass sie es diesmal eben nicht für Ferrari, Alfa oder Maserati machen, sondern ihren eigenen Namen aufs Blech schreiben – und dem Auto mit eigenem Fahrwerk und eigener Elektronik auch einen eigenen Charakter geben.Zwar kann man den Battista auf Messers Schneide fahren, bis einen selbst in einem bis zur Unterkühlung perfektionieren Spitzensportler das Blut kocht, die Ohren rauschen oder das Hemd am Rücken klebt. Nicht umsonst heißt das schärfste der fünf Fahrprogramme „Furiosa“. Muss man aber nicht. Selbst unter verschärfter Gangart hält die Batterie das länger aus als der eigene Körper, von Geist ganz zu schweigen. Dankbar dreht man den Regler deshalb nach ein paar Minuten zurück in eine andere Stellung, für deren Übersetzung es kein Wörterbuch braucht: „Calma“ - denn ein bisschen Ruhe nach dem Rasen kann auch auf der Electric Avenue nicht schaden.Kompakte mit über 400 PS, SUV mit 600 PS und Limousinen mit 1.000 PS - Leistung verliert in der elektrischen Welt ein wenig an Bedeutung. Es sei denn, man sitzt im neuen Pininfarina Battista.
Fazit
Kompakte mit über 400 PS, SUV mit 600 PS und Limousinen mit 1.000 PS - Leistung verliert in der elektrischen Welt ein wenig an Bedeutung. Es sei denn, man sitzt im neuen Pininfarina Battista.

Quelle: Autoplenum, 2021-12-01

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