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Testbericht

Stefan Grundhoff, 26. Dezember 2020
Seit Jahren werden immer wieder Drohgebärden aufgemalt, in denen es mit einem Benziner oder Diesel nicht mehr erlaubt sein soll, in die Innenstädte einzufahren. Die Zeit, in dem allenfalls noch Fahrzeuge mit Elektromotor in den Citybereich dürfen, scheint nicht mehr weit zu sein.

Davor graut es nicht nur den Autofahrern, sondern insbesondere auch den lokalen Gewerbetreibenden. Kaum anzunehmen, dass all diejenigen, die jetzt mit einem Auto, dem Roller oder einem Motorrad in die Stadt zum Einkaufen oder in Restaurants fahren, auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Und so ist es kein Wunder, dass die drohenden Fahrverbote für viel Unruhe in der Autoindustrie sorgen. Mittelfristig dürfte es beim Verbot von Euro-5-Dieseln oder Fahrzeugen mit roter oder gelber Abgasplakette kaum bleiben. So ist es keine Überraschung, dass sich die Autohersteller zunehmend Gedanken darüber machen, wie der Individualverkehr auch weiterhin in Innenstädten rollt. BMW testet ebenso wie einige andere Hersteller bei einigen seiner Plug-In-Hybriden einen Fahrmodus, der beim Einfahren in den Citybereich automatisch in den elektrischen Fahrmodus umschaltet. Möglich macht dies eine Vernetzung von Motorelektronik und dem Navigationssystem der neusten Generation, die den Verbrenner in einem definierten geografischen Gebiet automatisch abschaltet.

Die Analysten von Berylls hat eine Übersicht erstellt, worin alle Verbote (bestehende und angekündigte) in europäischen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern aufgeführt sind. Demnach sind von den Autoausschließungen künftig 16 Millionen Autos und fast 36 Millionen Menschen direkt betroffen sind. Bei den letzten Analysen waren es noch 12,6 Millionen Fahrzeuge gewesen. \"Für die Besitzer konventionell angetriebener Autos wird die Situation in Europa immer unübersichtlicher, denn die Zahl der Städte, die den Verkehr von Benzinern oder Dieseln eingeschränkt haben oder reduzieren wollen wächst weiter\", so Andreas Radics, geschäftsführender Partner bei Berylls Strategy Advisors, \"in Deutschland wird derzeit beispielsweise über ein Fahrverbot in Frankfurt nachgedacht, dass ab dem 1. Juli 2021 in Kraft treten soll. Kommt dieses Verbot, wird es für Diesel-Fahrzeuge mit den Euronormen 1-5 und Benziner mit den Euronormen 1-2 gelten. Auch Stuttgart sperrt bereits seit Juli 2020 Diesel aus, die nicht mindestens die Emissionsrichtlinie Euro 6 erfüllen.\"

Problematisch dabei: es wären allein in Europa nicht nur 16 Millionen Fahrzeuge mit reinem Verbrennungsmotor betroffen, sondern vielmehr ist die Effektivität der Aussperrungen bislang keinesfalls erwiesen. Im ersten bundesweiten Lockdown im Frühjahr 2020 gingen die Feinstaub- und Stickoxid-Emissionen nicht in dem Maß zurück, wie dies beim fast zum Stillstand gekommenen Individualverkehr zu erwarten gewesen wäre. Viele Fahrbeschränkungen sind nicht zuletzt politische Maßnahmen, denn durch die Sperrung von einzelnen Straßenzügen oder Bereichen in deutschen Städten wie Hamburg, Stuttgart oder München verringern sich die Emissionen auf den ersten Blick im Bereich der Messstellen. Jedoch müssen Autofahrer Umwege in Kauf nehmen, wodurch die Abgasbelastung an anderer Stelle sogar erhöhen wird.

\"Die Sperrung von ganzen Städten oder Stadtbezirken für Autos mit älteren Abgaseinstufungen, ist zudem aus sozialer Sicht problematisch. Viele Bewohner der betroffenen Städte, aber auch viele Pendler können nicht von heute auf morgen ein neues Auto anschaffen, das von den Beschränkungen ausgenommen ist. Häufig bieten aber der ÖPNV, Taxen oder Sharing-Angebote keine Alternativen, um die Mobilität zu gewährleisten\", erläutert Andreas Radics, \"ein Fahrverbot für Autos in Städten, ohne die anderen Verkehrsträger zu ertüchtigen, ist für viele Stadtbewohner und Pendler ein teures Problem, auf das weder Politik noch Kommunen bisher ausreichend reagieren. Fahrverbote mögen als symbolpolitische Maßnahmen Wirkung zeigen, dass sie die Luftverschmutzung reduzieren oder dem Klima dienlich sind, lässt sich dagegen bislang nicht hinreichend belegen.\"

Die Autohersteller sehen das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn nachdem vor Jahren so bereits Inhaber von älteren Benzinern und Euro-4- / Euro-5-Dieseln so indirekt zum Kauf eines neuen Autos gedrängt worden sind, könnte eine drohende Aussperrung den Kauf von elektrisierten Fahrzeugen weiter anheizen. Mit reinen Elektroautos oder Plug-In-Hybriden ist es nach den aktuellen Plänen uneingeschränkt möglich, in die gesperrten Bereiche einzufahren.

Als problematisch könnte sich jedoch herausstellen, dass Elektrofahrzeuge nach einer neuen OECD-Studie für eine erhöhte Feinstaubbelastung in Innenstädten sorgen. Denn nur ein Teil des Feinstaubs geht auf den Verbrennungsprozess selbst zurück. Untersuchungen haben bereits vor längerer Zeit ergeben, dass der Abrieb von Reifen, Bremsen und der Fahrbahn selbst ebenfalls einen nennenswerten Anteil an der Feinstaubbelastung hat, der sich prozentual durch die saubereren Fahrzeuge zuletzt erhöhte. Dabei dürfte sich die zunehmende Elektrifizierung als Problem für die Feinstaubbelastung herausstellen. Durch die schweren Akkupakete sind Plug-In-Hybriden und speziell die reinen Elektroautos deutlich schwerer als vergleichbare Verbrenner. Folglich nutzen diese Reifen und auch Fahrbahnoberflächen stärker ab. Problematisch zudem, dass sich der städtische Personenverkehr bis zum Jahre 2050 nach aktuellen Kalkulationen mehr als verdoppeln wird. \"Reifenverschleiß, Straßenverschleiß und Staubwiederaufwirbelung bleiben bedeutende Quellen für Nichtauspuffemissionen von elektrischen Fahrzeugen\", so der OECD-Bericht, \"die Nicht-Abgasemissionen aus diesen Quellen können bei Elektrofahrzeugen tatsächlich höher sein.\"

Quelle: Autoplenum, 2020-12-26

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