Test: VW ID 4 - Eine IDee fürs grüne Gewissen
Testbericht
SP-X/Köln. Der VW ID 4 ist der große Bruder des ID 3 und dazu gedacht, den weltweiten Absatz von E-Modellen der Marke VW anzukurbeln. Entsprechend tritt er in der global beliebten Klasse der kompakten SUV an und hat zumindest hierzulande seinen kompakten Bruder schon überholt, so wie es in der alten Benzinerwelt der Tiguan mit dem Golf weltweit vorgemacht hat. Wir baten den ID 4 in der Performance-Variante mit großer Batterie und Heckmotor zum Alltagstest. Der 77 kWh-Speicher verspricht fast schon Urlaubsreichweiten und die 204 PS sollten für die nötige Souveränität sorgen.Doch bleiben wir erstmal vor dem Auto. Den Designern von VW wird gern ein langweiliges, dafür aber relativ zeitloses Design vorgeworfen. Das trifft auch auf den ID 4 zu und hebt ihn damit in unseren Augen von seinen technischen Zwillingen von Skoda, Cupra und Audi ab. Der ID 4 wirkt ein wenig leichter, offener, sogar eine Spur eleganter, was nicht zuletzt an der silberfarbenen C-Säule liegt, die recht hübsch mit dem Lack des Testfahrzeugs kontrastiert. Zudem gefällt uns, dass der ID 4 weder ein großes Maul in Form eines überbordenden Kühlergrills mitschleppt noch sonst wie aggressiv wirkt.Diese schlichte, entspannte Linie setzt sich auch im Interieur fort. Das kleine, an der Lenksäule platzierte Display zeigt die wesentlichen Informationen zum Fahren an und beherbergt rechts den Drehschalter für die Getriebesteuerung, der außer vor, zurück und neutral nur die Stellung P kennt und sehr dezent, aber praktisch untergebracht ist. Das allermeiste, was man sonst heute so im Auto regeln muss, klappt mit dem großen Display auf der Mittelkonsole und ein paar wenigen Schaltern. Das man zur Änderung der Lautstärke des Radios nichts zum Drehen findet, sondern tatschen muss, nehmen wir als bedienungstechnischen Unsinn hin und hoffen auf das erste Facelift. Man gewöhnt sich dran.VW hat es geschafft, das Auto gewissermaßen von innen ein Stück weit neu zu denken. Der ID 4 ist anders als ein herkömmliches Auto und auch als seine Geschwister der anderen Konzernmarken, die den möglichen Schritt bei der Interieurgestaltung nicht so weit gegangen sind. Letztlich ist es Geschmacksache, aber uns hat es gut gefallen, zumal mit dem reduzierten Schick keinerlei praktische Einschränkungen verbunden sind. Im Gegenteil. Platz ist reichlich vorhanden. Angesichts des Knieraums hinten dürften selbst Passat-Fahrer erstaunt schauen – anderswo braucht man dazu schon ein Oberklassemodell.Zum dezenten Fortschritt gehört auch der zunächst etwas irritierende, dann aber als selbstverständlich wahrgenommene Verzicht auf einen Startknopf. Nähert man sich dem Auto, entriegelt sich die Tür. Sitzt man drin samt Schlüssel in der Tasche, ist der Wagen startklar. Umgekehrt ist das Auto aus, wenn man samt Schlüssel ausgestiegen ist. Zur Sicherheit erinnert der ID 4 noch daran, auch das Smartphone aus der kabellosen Ladeschale zu entnehmen. Danke, sehr freundlich.Fahren kann der ID 4 auch. Womit wir bei den Kerntugenden auch elektrischer Autos wären. Der 150 kW/204 PS E-Motor wohnt an der Hinterachse und treibt diese an wie der Boxer den seligen Käfer. Die Batterie im Unterboden sorgt für eine gleichmäßige Gewichtsverteilung und eine theoretisch mögliche Reichweite von 477 Kilometern nach WLTP. Praktisch ist es natürlich weniger. Bei sommerlichen Testbedingungen - aber auch nicht gerade bei Hitze - kamen wir auf Reichweiten um 450 Kilometer, wenngleich wir zur Beruhigung der Nerven auf die Aufforderung zum Laden durchaus hörten. Sie erfolgt rund 100 Kilometer vor dem rechnerischen Ende der Fahrt.Wir haben also nicht versucht, die Batterie völlig zu entleeren und deshalb lieber auch mal dem Hypercharger von Ionity eine Chance gegeben. Der packte in einer knappen Viertelstunde Kaffeepause rund 35 kWh in die Batterie und sorgte entsprechend für eine entspannte Weiterfahrt. Im Alltag ohne Reiseambitionen genügt die Reichweite quasi immer, und der nötige Strom kommt allabendlich oder auch nur einmal die Woche – je nach Bedarf – aus der heimischen Wallbox.Auf Reisen empfiehlt es sich, die vorgesehen Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen nicht zu überschreiten. Das dankt der Wagen mit Verbrauchswerten zwischen 18 und 19 kWh je 100 Kilometer. VW gibt 17,7 kWh als Normwert an. Wer will, kommt auf Landstraßen mit etwas Rekuperationsmöglichkeiten auch mit weniger hin. Flott, aber regelkonform gefahren kommt man außer im Winter kaum einmal über 20 kWh, womit man dann bei Energiekosten von rund 6 Euro je 100 Kilometer liegt. Da muss ein Diesel schon unter 5 Litern verbrauchen, um mitzuhalten. Am Schnelllader haben wir 49 Cent bezahlt. Lädt man nur da, steigen die Kosten auf knappe 10 Euro, aber Diesel gibt es an der Autobahn auch nicht mehr für 1,30 Euro.Die Kosten sind bei einem E-Auto natürlich trotzdem ein Thema, auch wenn die Batteriepreise auf Dauer sinken und die Fahrzeuge relativ billiger werden. Unser Testwagen hatte einen Basislistenpreis von knapp 45.000 Euro und kam mit ein paar zusätzlichen Assistenten, dem vorzüglichen Matrixlicht und einem sonnigen Panoramadach locker auf 54.000 Euro. Das ist eine Menge Geld für ein Mittelklasseauto. Andererseits kann man auch einen Tiguan in ähnliche Regionen bringen und beim ID 4 gehen derzeit ja noch 9.570 Euro Förderung vom Preis ab. Das gute Umweltgewissen gibt es umsonst dazu, zumal sich ja auch in immer neuen Studien herausstellt, dass die Stromer nicht mehr so lange brauchen wie immer behauptet, um ihren CO2-Produktionsrucksack gegenüber einem Verbrenner auszugleichen.VW ID 4 Performance – Technische Daten: Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV; Länge: 4,58 Meter, Breite: 1,85 Meter, Höhe: 1,61 Meter, Radstand: 2,77 Meter, Kofferraumvolumen: 543- 1.575 LiterElektromotor, 150 kW/204 PS, maximales Drehmoment: 310 Nm bei 1 U/min, 1-Ganggetriebe, Hinterradantrieb, 0-100 km/h: 8,5 s, Vmax: 160 km/h (abgeregelt), Normverbrauch: 17,7 kWh/100 Kilometer (WLTP), CO2-Ausstoß: 0 g/km (WLTP), Abgasnorm: entfällt, Effizienzklasse: A+, Testverbrauch: 18,8 kWhPreis: ab 44.915 EuroKurzcharakteristik: Warum: mehr E-Auto braucht man nicht Warum nicht: weil man keine Wallbox installieren kannWas sonst: die Geschwister Skoda Enyaq iV, Audi Q4 etronWer einen Stellplatz mit Wallbox sein Eigen nennt, kommt mit einem E-Auto als Erstwagen in vielen Fällen aus. Zumindest sollte das mit unserem Testexemplar gehen.
Fazit
Wer einen Stellplatz mit Wallbox sein Eigen nennt, kommt mit einem E-Auto als Erstwagen in vielen Fällen aus. Zumindest sollte das mit unserem Testexemplar gehen.Quelle: Autoplenum, 2021-08-01
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