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Testbericht

Holger Holzer/SP-X, 5. Juni 2019

SP-X/Köln. Mit dem Scirocco III wollte VW 2008 ein Erfolgskonzept der 70er- und 80er-Jahre wiederbeleben. Trotz anfänglicher Verkaufserfolge gelang das nicht wirklich: Das kompakte Sport-Coupé war teuer und unzuverlässig. Als Gebrauchtwagen kann der coolere Golf-Cousin trotzdem eine gute Wahl sein, wenn man seine Schwachstellen kennt.Karosserie und Innenraum: Coupés müssen nicht praktisch sein, sondern sollen in erster Linie gut aussehen. Ob dem bis 2017 angebotenen Scirocco letzteres gelingt, liegt im Auge des Betrachters, ersteres erfüllt der VW aber voll: Ein enger Fond, die schlechte Übersicht und die extrem hohe Ladekante am Heck dürften den gewöhnlichen Golf-Kunden schrecken. Gleiches gilt für das schon in der Basisvariante sehr harte und unkomfortable Fahrwerk. Im Trend der Zeit hat es VW bei der Abstimmung von Federn und Dämpfern deutlich in Richtung Sportlichkeit übertrieben. Darüber hinaus überzeugt der 2+2-Sitzer aber mit den typischen Tugenden seines Technik-Spenders Golf VI. Dazu zählen die einfache Bedienung, eine wertige Cockpit-Anmutung und vor allem sehr guten Sportsitzen.Motoren: Beim Antriebsangebot profitiert der Scirocco vom gut gefüllten Motorenregal des Golf. Mehr als ein Dutzend unterschiedliche Vierzylinder waren über die Baujahre im Portfolio, das Leistungsband reicht von 90 kW/122 PS bis 206 kW/280 PS im Sportmodell Scirocco R. Am unteren Ende rangieren 1,4-Liter-TSI-Benziner, die für ihre Steuerkettenprobleme bekannt sind. Einen Teil der Triebwerke hat VW damals auf Kulanz repariert – heute würde der Hersteller abwinken. Als solider gelten die 2,0-Liter-TSI-Benziner, die mit mindestens 132 kW/180 PS jedoch bereits relativ teuer und durstig sind. Das alltagssportliche Potenzial des Scirocco heben sie aber am besten. Auch die 2,0-Liter-Diesel können sich dank ihrer hohen Drehmoments sehen lassen: Die Palette reicht vom sehr sparsamen Blue-Motion-Technology-Variante mit 110 kW/150 PS bis zu einer besonders durchzugsstarken Ausführung mit 135 kW/184 PS. Alle Motoren treiben die Vorderräder an, selbst im R-Modell ist im Gegensatz zum entsprechenden Golf keine Allradtechnik zu haben. Bei der Kraftübertragung ist ein manuelles Sechsganggetriebe Standard, alternativ sind die meisten Motoren auch mit Doppelkupplungsgetriebe zu haben. Die nerven allerdings häufig mit Ruckeln und Anfahrschwäche, VW hat das teilweise durch Software-Updates behoben. Interessenten sollten sich über alle durchgeführten Nachbesserungen informieren lassen. Das gilt auch in Bezug auf die Diesel, die teilweise von den Rückrufen im Rahmen des VW-Skandals betroffen sind.Ausstattung und Sicherheit: Passend zum seinerzeit recht hohen Neupreisniveau (Start jenseits der 22.000 Euro) ist der Basis-Scirocco besser ausgestattet als ein Durchschnitts-Golf. Immer an Bord sind unter anderem 17-Zoll-Räder, Klimaanlage und Sportsitze. Untypisch für VW ist der Verzicht auf Ausstattungslinien. Wer mehr als das Standardprogramm wollte, musste das über einzelne Kreuzchen auf der Optionsliste tun. Dort fanden sich neben Luxus wie Lederpolster oder Panoramadach auch einige fast unverzichtbare Posten wie etwa die Rückfahrkamera oder das adaptive Fahrwerk, das die Abstimmungshärte des Coupés mildert. Auch die Investition in Optik-Upgrades lohnt sich, denn in den günstigen Varianten kann der Scirocco sein Show-Potenzial nicht entfalten. In Sachen Sicherheit ist der Zweitürer auf der Höhe seiner Zeit, immer an Bord sind sechs Airbags, Bremsassistent und die Fahrdynamikregelung ESP.Qualität: Obwohl der Scirocco die gleiche Technik nutzt wie der Golf, wird er nicht in Wolfsburg, sondern im portugiesischen Palmela gebaut. Ein VW-Werk, das bislang nicht für herausragende Fertigungsqualität bekannt war. Möglich, dass es daran liegt, dass das Coupé im TÜV-Report gegenüber der Limousine deutlich abfällt. Trotz geringerer Fahrleistung fällt er viel häufiger durch die HU als sein Cousin. Auffällig sind vor allem viele Federbrüche sowie Probleme bei der Abgasuntersuchung. Dazu kommen die unzuverlässigen Steuerketten und die problematischen DSG-Getriebe. Anfällig sind auch die Gasfedern der Heckklappe.Fazit: Wem der Golf zu langweilig ist, findet im Scirocco eine eng verwandte Alternative mit mehr Flair – aber auch weniger Platz. Es empfiehlt sich allerdings ein gut gepflegtes Exemplar, das bei allen Rückruf- sowie Serviceaktionen dabei war und die nötigen Software-Updates erhalten hat. Der Verkäufer sollte das belegen können. Die Preise starten aktuell bei knapp 6.000 Euro.Mehr Geld für weniger Auto: Die alte Coupé-Weisheit gilt für den VW Scirocco besonders. Der abgeschnittene Golf kann weder beim Alltagsnutzen noch bei der Qualität mit der Limousine mithalten.

Fazit

Mehr Geld für weniger Auto: Die alte Coupé-Weisheit gilt für den VW Scirocco besonders. Der abgeschnittene Golf kann weder beim Alltagsnutzen noch bei der Qualität mit der Limousine mithalten.

Quelle: Autoplenum, 2019-06-05

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