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Testbericht

Stefan Grundhoff, 13. April 2015
Es ist heiß, eng, laut und vor einem nichts als Sand. Eine Ausfahrt im Dakar Mini All4 Racing in der Wüste von Dubai zeigt, was die Rennfahrer bei der schwersten Rallye der Welt leisten müssen.

"Die Klimaanlage ist defekt", sagt Xavier Panseri trocken, "das wird gleich heiß." Der bärtige Franzose, erfahrener Copilot des X-Raid-Teams, weiß wovon er redet, denn seit Jahren führt er Rallyepiloten sicher auf allen Kontinenten durch unwegsames Terrain bei den schwersten Wertungsprüfungen. Heute gibt es zwischen den Rallyes in Abu Dhabi und Qatar für ihn nur ein kurzes Trainings-Intermezzo in der Emirate-Wüste, rund eine Fahrstunden außerhalb von Dubai City. Der Erstkontakt mit dem spektakulären Mini All4 Racing, der dieses Jahr mit Nasser Al Attiyah am Steuer die Rallye Dakar gewonnen hat, bringt viele Überraschungen ans Licht. Denn auch wenn das Rallye-Geschoss aussieht wie ein Mini Countryman auf Steroide, hat er abgesehen von einigen Details mit dem Serienmodell nur noch wenig zu tun: größer, pausbackiger, höher und einfach ungestümer als man es vom Serienmodell kennt steht er neben dem Servicetruck des X-Raid-Teams. Die Außenhaut aus Karbon wurde dafür schlicht um neun Prozent aufgeblasen und unter der Hightech-Hülle befindet sich ein Gitterrohrrahmen, der Technik und Passagiere auf den gefährlichen Hochgeschwindigkeitsrouten auf der ganzen Welt schützt. Der Saisonhöhepunkt ist Anfang des Jahres mit der Dakar schlicht die gefährlichste Rallye der Welt. Dagegen mutet die Ausfahrt heute in der Wüstenregion von Dubai wie ein Familienausflug in den Englischen Garten.

Ist man erst einmal in den Sicherheitskäfig hereingeklettert, sitzt es sich überraschend kommod in dem hochbeinigen Wüstenrenner. Abnehmbares Lenkrad, leicht ablesbare LCD-Displays mit allen wichtigen Informationen, ein mächtiger Hebel für die sequentielle Sechsgangschaltung und eine mächtige Rallye-Handbremse, die heute ohne Funktion bleiben darf- alles machbar. Angeschnallt, kurze Kontrolle, Zündung an und Start. Copilot Xavier Panseri blickt von rechts herüber und tippt auf sein Helmmikrofon - ah ja. Stecker rein, Sprechfunk an und nach kurzem Zurückrollen aus dem Werkstattzelt geht es nach ersten Richtungstipps in die Wüste. Xavier hat Recht. Es ist bereits jetzt affenheiß in dem Rennwagen und draußen sind für Dubai gerade einmal lässige 31 Grad Celsius. Doch der Blick geht auf die nicht vorhandene Sandpiste, während der Schweiß in die Augen läuft.

Die Gänge kurz nach hinten durchgerissen und jetzt zeigt sich, dass der Dakar-Renner mit dem Serien-Countryman nicht viel mehr als Leuchteinheiten, Logos, Windschutzscheibe, Türgriffe und Scheibenwischer gemein hat. Der drei Liter große Commonrail-Diesel aus dem Hause BMW leistet rund 320 PS und ein in dieser Form beängstigendes Drehmoment von 800 Nm bei 2.100 U/min. "Der Luftmengenbegrenzer lässt nicht mehr zu", erläutert Teamchef Sven Quandt, "sonst wären es 900 Nm oder mehr." Dank grober Stollenreifen hat der Dakar Mini keinerlei Mühe mit tiefem Sand, großen Steinen, mittelschweren Löchern und allem, was sich da so in den Weg legt. "Der Wert des Dakar Minis liegt bei 800.000 Euro", sagt Sven Quandt als Teaminhaber, "wir haben bisher von dem Mini All4 Racing bisher 16 Fahrzeuge gebaut. Wenn alle Teile produziert sind, dauert er rund drei Wochen den Wagen zusammenzusetzen." Je nach Rallye werden vom X-Raid-Team sechs oder sogar acht Autos eingesetzt. Wer auch einmal schwitzen und Rennatmosphäre in sich aufsaugen will, kann sich für 80.000 bis 200.000 Euro in einzelne Rallyes einkaufen. Eine Teilnahme bei der legendären Dakar Anfang jedes Jahres kostet gigantische 850.000 Euro - rund 300.000 Euro davon gehen bereits als Teilnahmegebühr an den Veranstalter. In zwei Wochen legen die Teams über 9.000 Kilometer zurück. Unter den besten zehn Autos auf der Dakar lagen fünf Mini All4 Racing.

Wir brüllen gerade eine kleine Dünenkette hoch, dann geht es scharf nach links. Copilot Xavier Panseri gibt über das Mikro seelenruhig kurze, präzise Anweisungen. "In 200 Metern rechts. Dann die Düne hoch. Nach 250 Metern links und am Reifen weiter geradeaus", gibt er trocken zu Gehör, während sich der über zwei Tonnen schwere Wüstenfuchs seinen Weg durch den Sand bahnt und einen kleinen Sandsturm hinter sich herzieht. Die 800 Nm Drehmoment lassen selbst steilste Dünen zu einer Lachnummer werden, denn die Stollenreifen verzahnen sich symbiotisch mit dem unwegsamen Terrain und schon blickt man wieder in den blauen Himmel. Nach ein paar Dünenüberquerungen kommt ein längeres Teilstück über Sand, Geröll und Gegenstände, die sich bei der Wackelei nicht einmal im Ansatz erkennen lassen. Der kleine Digitaltacho des Mini Countryman zeigt 148 km/h - es geht vom fünften in den sechsten Gang. Die Profis wären hier mit Vollgas unterwegs; das hieße je nach Getriebeauslegung fast 200 km/h. Während den Wertungsprüfungen selbst wird nur das nötigste gesprochen. Kurze Fahranweisungen, präzise Kurzkommandos - für mehr ist keine Zeit; zu hoch sind Anspannung und Konzentration. "Für privates gibt es selbst auf längeren Teilstücken keine Zeit", erläutert der erfahrene Dakar-Beifahrer Michel Perin, "es gilt keine Fehler zu machen. Mitfahren können diesen Rallyes schließlich viele; gewinnen letztlich nur zwei oder drei Teams."

Xavier Panseri schaut noch immer stoisch in seine handschriftlich gekritzelten Unterlagen während Dünen, Himmel und Horizont durch die Seitenfenster tänzeln. Er ist auf der zwei Wochen andauernden Dakar oder den anderen Rallyes härteres gewöhnt. Und selbst bei einem Verschalter schaut er nicht einmal herüber. Vom vierten Gang zweimal nach vorne gedrückt in Schaltstufe zwei und die sandige 180-Grad-Kehre macht mit vier durchdrehenden Rädern im Powerdrift wieder so viel Spaß wie der Wüstenritt zuvor. "Komm‘, wir fahren noch eine Runde", sagt Xavier, "wir drehen noch eine Runde. Klappt doch gut." Naja, kurz genickt, den Sprechfunk vergessen und mit Vollgas im dritten, dann vierten Gang durch das Dünengewirr und das griffige Kraftpaket aus 320 PS, 800 Nm und Rallyereifen genossen. In der gleißenden Sonne sind mache Dünenkämme nur zu erahnen. Dahinter geht es ein paar Meter in die Tiefe. Wer man sich daran gewöhnt hat, ist es wie Wellenreiten oder Snowboarden - mit einem über zwei Tonnen schweren Spielzeug unter dem Hintern.

Wer meint, dass es gut klappt, ist eine viertel Stunde später beschämt, wenn ein Rallyeprofi wie der Spanier Nani Roma ins Steuer greift und das Dünenspiel im Rallya Mini zu einer echten Achterbahnfahrt werden lässt. Meterweiter Sprünge, scharfe Drifts und Vollgas ohne Scham - das einzige was bleibt ist die Hitze - unbeschreiblich. Nani fliegt immer weiter und hinter den endlosen Dubai-Dünen nicht selten ins Ungewisse. Für ihn ist es echtes Training - entspannt ist er trotzdem und erzählt Anekdoten von der letzten Rallye in Abu Dhabi. Kommende Woche geht es zur Qatar-Rallye. Doch irgendwie denkt jeder schon jetzt an die nächste Dakar. Hier geht es bei aller Hitze noch hinauf bis auf 5.000 Meter. Härter kann es für einen Körper kaum sein.

Quelle: Autoplenum, 2015-04-13

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