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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 8. März 2016

Der Dodge Power Wagon hat eine bewegte Historie: Zunächst war der Kraftmeier ein Pritschenwagen für harte militärische Aufgaben, dann mutierte der rustikale Kraxler zu einem potenten Gegner des Ford F-150 Raptor. Ein Ungetüm irgendwo zwischen Lifestyle und Unimog.

In diesem Jahr will der Widder den Saurier richtig auf die Hörner nehmen. Das, was erdzeitgeschichtlich nicht möglich ist, kann auf der Straße klappen: Da jagt der Ram Power Wagon den Ford F-150 Raptor. Die Hörner sind mit 410 PS und einem maximalen Drehmoment von 582 Newtonmeter, die aus einem Klassiker der Motorbaukunst - dem Hemi V8 - kommen, besonders dick. Von der Alphatier-Optik mit dem martialisch schwarzen Kühlergrill und den ebenso dunklen Umfassungen der Radkästen ganz zu schweigen.

Wenn man den aktuellen Power Wagon so breitbeinig und selbstbewusst dastehen sieht, fällt einem schwer zu glauben, dass die Geschichte dieses automobilen Bodybuilders nicht immer so glamourös war. Die Ursprünge des Kraftprotzes liegen im Zweiten Weltkrieg. Denn der Power Wagon ist nichts anderes als die zivile Version der Dodge WC-Serie. Beim Kürzel steht "W" für 1941 und "C" für die Traglastfähigkeit von mindestens einer halben Tonne. Kaum war der Krieg vorüber, waren die robusten Allradler heiß begehrt und Chrysler griff die Idee auf, eine zivile Version des Armee-Fahrzeugs zu bauen.

Diese Entscheidung war Gold wert. Schon 1946 standen die ersten Power Wagons (ursprünglich sollte das Vehikel"Farm Utility Truck" heißen) in den Ausstellungshallen der Händler. Mit einem Preis von weniger als 2.000 Dollar konnten sich auch viele den Volks-Wagen leisten. Die Leute rissen den Verkäufern die Fahrzeuge förmlich aus den Händen. Bald musste der Autobauer die Produktion hochfahren, um die Nachfrage zu befriedigen. Die zivile Nachkriegsversion basierte auf dem Chassis des Militärfahrzeugs: Dementsprechend einfach und rustikal war die Technik des Pritschenwagens. Schon seit der ersten Serie des Power Wagons gab es natürlich immer wieder Modellvarianten, die die Ladefläche mit unterschiedlichen Aufbauten nutzten. Der Motor war ein 3,8-Liter-Sechszylinder, der 94 PS leistete und den Power Wagon gut 70 km/h schnell machte. Ging es auf den Highway, konnte man die Vorderachse durch einen Handgriff in der Fahrgastzelle sitzend, vom Antriebsstrang entkoppeln.

In den nächsten Jahren wurde der Bestseller immer wieder verbessert und mit moderneren Details ausgestattet, wie zum Beispiel eine Servo-Lenkung. Auch der Motor wurde überarbeitet und das Exterieur und Interieur dem neuen moderneren Geschmack angepasst. Doch die Grundkonstruktion des Power Wagon behielt Chrysler bis 1968 bei. Dann blies der Trompeter in Form der amerikanischen Verkehrsaufsicht zum letzten Zapfenstreich, da das Fahrzeug nicht mehr den modernen Sicherheitsanforderungen entsprach. Auch wenn das Fahrzeug mit den zwei großen Lichtern und den senkrechten Kühler in den USA nicht mehr verkauft wurde, lief der Export des Klassikers noch rund zehn Jahre weiter.

Das ist aber noch lange nicht das Ende der Geschichte: Immer wieder gab es Varianten herkömmlicher Pick Ups, die mit dem geschichtsträchtigen Zusatz "Power Wagon" versehen wurden. Wie zum Beispiel der "Macho Power Wagon", der auf einer Dodge D-Serie basierte und Ende der 70er Jahre mit V8-Power durch die Gegend cruiste. So begann langsam aber sicher die Metamorphose des Begriffs Power Wagon - weg vom rustikalen Alleskönner, hin zu einem speziellen Pick Up mit möglichst viel Dampf unter der Haube.

Diese Sondereditionen zeigten, dass der Name Power Wagon nach wie vor in den Köpfen der Dodge-Verantwortlichen herumgeisterte. 1999 gab es die ersten Anzeichen einer Reanimation des Nachkriegs-Verkaufsschlagers. Auf der Detroit Auto Show stand ein Konzept-Auto, dessen Design deutlich das Aussehen des Klassikers zitierte. Mittlerweile hatte Daimler das Sagen bei Chrysler und deswegen befand sich unter der Haube auch ein mächtiger 7,2-Liter-Diesel-Motor. Die Begeisterung der Messebesucher war riesengroß. Verbanden doch viele mit dem Namen Power Wagon die gute, alte Zeit, als die Welt noch in Ordnung war.

Doch es sollte bis zum Jahr 2005 dauern, ehe der Power Wagon als Dodge Ram Power Wagon sein Comeback auf den US-amerikanischen Straßen feierte. Der Nachfolger des rustikalen Pritschenwagens hatte aber nur noch wenig mit seinem Vorfahren gemein: Die Basis des Pick Ups war ein Dodge Ram 2500. Als Motor verrichtet seitdem das 5,7-Liter-Chrysler-Hemi-V8-Triebwerk seinen Dienst. Ein Benziner und kein Diesel. Mit serienmäßigen Extras, wie einer Seilwinde oder dem verbesserten Unterbodenschutz, will Dodge an die Tradition anknüpfen. Mittlerweile ist der Power Wagon zu einem echten Herausforderer des Ford F-150 Raptor geworden und auch Tuner begeistern sich für das markante Kraft-Modell.

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-03-08

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