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Testbericht

8. September 2015
Barcelona (Spanien), 9. September 2015 - BMW X6 und Mercedes GLE Coupé, Fiat 500 und Opel Adam, Audi TT und Peugeot RCZ: Die Autowelt ist voller Doppelgänger. Oder unfreundlicher formuliert: Nachahmerprodukte. Seltsamerweise ist der erfolgreiche Range Rover Evoque ohne solchen Schatten geblieben. Nun erhält das im Jahr 2011 gestartete Kompakt-SUV neue Dieselmotoren und ein kleines Facelift. Wird das vielgerühmte Auto dadurch besser oder schlechter? Wir haben es getestet. Ingeniöser Diesel? Abgesehen vom Benziner wurde der Evoque bisher durch einen 2,2-Liter-Diesel von PSA Peugeot Citroën angetrieben. Der zugekaufte Motor wird nun durch eine Eigenentwicklung mit 2,0 Liter Hubraum und dem hochtrabenden Namen Ingenium ersetzt. Es gibt ihn in zwei Leistungsstufen, 150 und 180 PS. Beide sind leichter, reibungsärmer und sparsamer als die Vorgänger, haben eine geregelte Wasserpumpe und eine einstellbare Nockenwelle mit variablen Ventilsteuerzeiten auf der Auslassseite. Ich fuhr den fünftürigen eD4 2WD, also die 150-PS-Variante mit Handschaltung und Frontantrieb. Auch auf den Bergstraßen rund um das Montserrat-Massiv bei Barcelona ist das Aggregat niemals überfordert. Und man muss die problemlose Sechsgang-Handschaltung selten bemühen, da schon bei 1.500 U/min 380 Newtonmeter parat stehen. Hier liegt der Evoque 50 Newtonmeter besser als der BMW X1 sDrive 18d. Der Sprintwert von 11,2 Sekunden liegt allerdings ganze zwei Sekunden schlechter. Großer Adblue-TankIm Datenblatt steht ein Verbrauch von 4,3 Liter, das ist im Konkurrenzvergleich ein guter Wert, der nur noch vom entsprechenden X1 unterboten wird. Auf den meisten Testfahrten liege ich etwa 50 Prozent über der Herstellerangabe, hier waren es mit 7,2 Liter laut Bordcomputer noch mehr, was aber zumindest zum Teil auf die bergige Umgebung zurückzuführen ist. Um die Euro-6-Norm einzuhalten, hat der Diesel-Evoque einen SCR-Katalysator. Gut, dass der dazugehörige Additivtank ausreichend groß ist: 15,8 Liter AdBlue passen hinein. Laut Land-Rover-Ingenieur Jon Filby brauchen 95 Prozent der Fahrer das Additiv nur beim turnusmäßigen Service nachfüllen lassen, also alle 34.000 Kilometer. 95 Prozent der europäischen Kunden, wohlgemerkt, bei deutschen Autobahnfahrern dürfte es nicht so gut aussehen. Käufer mit starkem Gasfuß müssen die Motorhaube öffnen und nachkippen. Aber wohl lange nicht so oft wie etwa bei der Mercedes C-Klasse (da muss beim serienmäßigen Acht-Liter-Tank sicher mehrmals im Jahr nachgefüllt werden).
Hin- und Her-Rutschen auf den Ledersitzen Der Evoque erfreut mit ausgesprochen sportlichem Handling. Das Bild des Head-up-Displays tanzt in den Kurven von links nach rechts und wieder zurück, als wäre ich beim Tontaubenschießen und die eingeblendeten Grafiken die Scheibe. Es macht richtig Spaß, um die Ecken zu jagen. Wenn nur die Ledersitze mehr Halt böten - die Oberfläche ist definitiv zu rutschig für flott absolvierte Kurven. Aber sonst fährt sich der Evoque glorios: Die Lenkung ist direkt, das Fahrwerk ein klein wenig auf der härteren Seite. Letzteres fällt auf kurvigen Landstraßen nur positiv auf, auf längeren Autobahnetappen könnte es empfindliche Rücken oder Mägen beeinträchtigen. Triathlon-Touch und Individualisierung Das Interieur bietet genug Platz auch auf den Rücksitzen. Mit 420 bis 1.445 Liter Fassungsvermögen ist der Kofferraum allerdings spürbar kleiner als beim neuen BMW X1. Das Cockpit ist dafür definitiv auf Premium-Niveau und gefällt mir wesentlich besser als beim BMW. Mein Testfahrzeug mit SE-Ausstattung - das ist die zweitniedrigste von sechs Versionen - trägt eine Neoprenhaut am Armaturenbrett, die ein wenig Triathlon-Flair ins Auto bringt. Dazu gibt es eine gebürstete Metallleiste: schick. Und vor allem ohne den langweilig-senilen Touch von so manchem Konkurrenzcockpit. Wer doch lieber Leder mag, findet im Katalog todsicher die passende Tierhaut. Denn an Individualisierungsmöglichkeiten fehlt es nicht - angeblich gibt es 20 Millionen Varianten vom Evoque, und das rund um die Uhr laufende Werk bräuchte 54 Jahre, um von jeder ein Stück zu bauen. Noch nicht individuell genug? Dann warten Sie auf das 2016 startende Evoque Cabrio - das einzige SUV-Cabrio auf dem Markt dürfte schon von sich aus ein Hingucker sein. Zweifelhafte Verlässlichkeit Wie in jedem moderneren Auto spielt auch im Evoque die Elektronik eine wichtige Rolle. Die Heckklappe lässt sich nun auch mit einer Fußgeste öffnen. Zum Schließen muss man eine Taste drücken, was weniger praktisch ist, wenn man in jeder Hand einen vollen Mineralwasserkasten hält. Aber auch das Öffnen klappt nur manchmal, zumindest bei meinen Versuchen - die Tipps von Produktmanagerin Danella Bagnall halfen nicht, das Ding hatte einfach keine Lust. Ähnliches gilt für den Spurverlassenswarner: Er erkannte die Fahrbahnmarkierungen höchstens auf der Hälfte der gefahrenen Strecke und konnte deshalb trotz meiner Schlangenlinien nicht warnen. Auch wenn das nur ein flüchtiger Eindruck ist: Ein wenig Nacharbeit an der Verlässlichkeit der Systeme würde nicht schaden.
Elektronik und Luxus ohne Ende Positiv ist immerhin die breite Palette an verfügbaren Assistenten. So gibt es jetzt auch eine aktive Form des Spurhalteassistenten mit Lenkeingriff und ein (serienmäßiges) Notbremssystem. Verfügbar sind auch wichtige Systeme wie Totwinkelwarner und Abstandstempomat, dazu noch Luxuszeug wie eine Sitzheizung hinten, eine elektrische Sitzverstellung, klimatisierte Sitze mit Massagefunktion, das erwähnte Head-up-Display und vieles mehr. Ach ja, neuerdings auch LED-Scheinwerfer. Etwas prolethenhaft lässt sich das Ganze so zusammenfassen: Das Technikangebot ist premiummäßig. Premium-Preis Aber auch der Preis liegt im Premiumbereich: Die gefahrene Motorisierung eD4 gibt es erst ab 34.500 Euro. Einen BMW X1 sDrive 18d erhält man schon ab 32.900 Euro, und auch Audi Q3 und erst recht VW Tiguan sind günstiger. Die Basisausstattung Pure ist allerdings auch reichhaltig. So sind unter anderem 17-Zoll-Alufelgen, Tempomat, Parkpiepser hinten, Klimaautomatik und Acht-Zoll-Display Serie.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Turbodiesel mit SCR-Katalysator
Hubraum:1.999
Anzahl Ventile:16
Anzahl Zylinder:4
Leistung:110 kW (150 PS) bei UPM
Drehmoment:380 Nm bei 1.500 UPM
Preis
Neupreis: 34.500 € (Stand: September 2015)
Fazit
Dass sich der Evoque so gut fährt, hatte ich nicht mehr in Erinnerung. Dabei bin ich ihn nun wahrhaftig nicht zum ersten Mal gefahren, schon bei einem Vergleichstest mit dem (alten) BMW X1 fiel mir auf, wie viel besser das Auto innen und außen aussieht. Bei den alten Versionen schnitt der BMW-Motor allerdings besser ab. Mit dem neuen Diesel hat der Evoque nun draufgesattelt. Die drehmomentstarke 150-PS-Version erlaubt sowohl schaltfaules als auch sportliches Fahren. Im Vergleich zum neuen X1 sDrive 18d ist das Drehmoment des Evoque höher, allerdings der Sprintwert schlechter. Das Range-Rover-Cockpit ist in der neuen Version noch etwas feiner geworden, aber es war schon vorher schicker als das im X1. Einziges Manko in puncto Fahren sind beim Evoque die rutschigen Ledersitze. Aber auch so macht das Auto mit seinem sportlichen Handling viel Spaß. Ansonsten ist das Elektronikangebot überzeugend, die Preise sind dem Premiumniveau angemessen. + sehr guter 150-PS-Diesel, sportliches Handling - im Konkurrenzvergleich schlechterer Sprintwert, rutschige Ledersitze mit wenig Halt
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2015-09-08

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