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Testbericht

Wolfgang Gomoll / Stefan Grundhoff, 13. Januar 2015
Auf der North American Auto Show sind SUVs und PS-Protze gefragt. Für Tesla bleibt beim automobilen Jahresauftakt nur eine Nebenrolle. Dem kalifornischen Elektro-Pionier fehlen schlicht die Modell-Neuheiten.

In Detroit ist wieder Business as usual. SUVs wie Mercedes GLE / Audi Q7 und Sportwagen, wie Honda NSX und Ford GT ziehen die Massen in ihren Bann. Und Tesla? Die Elektromobile stehen in der Halle D umrahmt von Bentley, Kia und Audi ohne große Beachtung. Der große Andrang ist Vergangenheit. Die Verve des Elektro-Autobauers ist erlahmt. Daran ändern auch die charismatischen Auftritte des Tesla-Chefs Elon Musk wenig. Das Debüt des heißersehnten Elektro-SUV Model X wurde erneut nach hinten geschoben. Beim Heimspiel auf der Detroit Motor Show legten die Kalifornier einen enttäuschenden Auftritt hin. Weder der Roadster 3.0, der dank stärkeren Akkus, einer optimierten Aerodynamik und Reifen mit weniger Rollwiderstand eine Reichweite von 640 Kilometern erreicht, noch der bereits vor zwei Jahren erstmals enthüllte Tesla X stehen in der Cobo Hall.

Es scheint, als ob die etablierten Automobilhersteller dem kalifornischen E-Unternehmen den Rang ablaufen. Audi, VW, Mercedes, BMW Co. haben die elektrische Schockstarre überwunden und bringen ihrerseits Plug-in-Hybride mit nennenswerten Reichweiten auf den Markt. Zudem verkaufte nicht nur Daimler seinen Anteil an Tesla Motors für mehr als 780 Millionen Euro und steckte sich einen satten Gewinn in die Tasche. Auch Toyota, vor Jahren ebenfalls mit 50 Millionen bei dem Elektropionier eingestiegen, veräußerte große Teile seines 2010er-Aktienpakets. Selbst wenn beide Aktienverkäufe aus finanzieller Sicht nachvollziehbar sind, ist das Zeichen für Tesla durchaus alarmierend.

Der sinkende Ölpreis hat dabei weiteren Einfluss auf die schwierige Lage für Tesla. Experten sind sich einig, dass das Vier-Jahres-Tief von Rohöl nur eine Momentaufnahme sein dürfte und der Preis sich wieder nach oben entwickelt. Doch angesichts der großen Erdölreserven, die in den vergangenen Jahren gefunden wurden und den neuen Möglichkeiten durch Fracking scheint der große Druck aus dem Ölgeschäft für die nächsten Jahre erst einmal heraus zu sein. Gerade in den USA ist Tanken billig wie seit Jahren nicht. Die Gallone Kraftstoff (3,8 Liter) kostet in vielen Staaten weniger zwei Dollar; ein Liter Benzin ist damit günstiger als ein Liter Milch. Während der Detroit Motorshow kostet ein Liter Benzin nicht einmal 40 Cent.

Wer in Newport Beach, Beverly Hills oder einer IT-Region wie Palo Alto am südlichen Ende der San Francisco Bay einen Blick in die Schar der umhersurrenden Model-S-Modelle wirft, sieht jene Kunden, die sonst eben auch deutsche Luxuslimousinen bewegen. Das dürfte nur zum Teil am hohen Einstiegspreis liegen, denn auch im Sonnenstaat Kalifornien kostet das Model S mindestens 71.000 US-Dollar; die neue Version mit Allradantrieb und 700 PS liegt bei 105.000 Dollar. Bleibt abzuwarten, ob es Tesla mit anderen Modellen gelingt, jüngere Kundschaft außerhalb des Premiumsegments zu locken.

Das dürfte mit dem Flügeltür-SUV Model X kaum zu machen sein und es bleibt abzuwarten, ob dies mit dem geplanten Mittelklassemodell realisiert werden kann, das für 2016 auf dem Plan steht. "Es geht um ein großartiges Elektroauto, das sich die Leute auch leisten können. Zielgröße ist ein Preis von 35.000 Dollar", unterstreicht Elon Musk. Doch nachdem das Model X mehr als ein halbes Jahr nach hinten verschoben wurde, ist bereits zu vernehmen, dass 2016 für das Mittelklassemodell, das 20 Prozent kleiner das das Model S wird, nicht zu halten sei. Es dürfte es erst 2017 zu den Kunden schaffen. "Wir wollen pro Woche von jedem Modell 800 Fahrzeuge produzieren", blickt Musk in die Zukunft, "vielleicht auch ein paar mehr." Doch dazu müssten echte Neuigkeiten, wie das Tesla Model X, her.

Elon Musk und seine Firma Tesla tun sich bei bezahlbaren Reichweiten, die den Kunden Sicherheit für den Alltag geben, ebenso schwer wie die etablierten Hersteller. Unter 300 Kilometern ist nichts zu machen; besser sollten es 400 oder mehr sein. In Sachen Gewicht, Packaging und Kosten in einem Mittelklasseauto noch schwerer zu realisieren als in einer Luxuslimousine oder dem mittelfristig ebenfalls geplanten Pick Up. Tesla ist in der Realität der Autobauer angekommen, wo die immer kürzer werdenden Produktzyklen und der hohe Entwicklungsaufwand hunderte von Millionen verschlingen. Und der Charme neu und anders zu sein, ist mit einem Tesla längst vorbei. Dringend werden daher neue Modelle und innovative Lösungen gesucht.

Und auch Tesla weiß, dass ein Autohersteller zukünftig um enge Kooperationen mit branchenfremden Konzernen wie Google oder Apple kaum herumkommen wird. Diese IT-Firmen haben das neue Machtmittel in der Hand, das längst die moderne Welt regiert: Nutzerdaten. Da ist die Position von Tesla kaum besser als die von BMW, Toyota, GM, Mercedes oder Volkswagen. Immerhin muss Elon Musk nicht über die milliardenschweren CO2-Hürden springen, die der Autoindustrie seit Jahren in den Weg gestellt werden. Doch dass reine Elektrofahrzeuge die Autowelt regieren, ist in den nächsten Jahrzehnten nicht zu erwarten. Die Plug-In-Hybriden haben den reinen Elektromodellen längst den Rang abgelaufen und werden wohl mehr als eine Übergangstechnologie. Und hier hat Tesla nichts zu bieten.

Quelle: Autoplenum, 2015-01-13

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