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Testbericht

Stefan Grundhoff, 18. Dezember 2020
Fragt man die Autofahrer nach dem Problem Nummer eins bei einem Elektroauto, ist die Antwort schnell gefunden. Nicht das hohe Gewicht oder die üppigen Preise beschäftigen potenzielle Kunden, sondern die überschaubaren Reichweiten. Doch das Blatt scheint sich langsam zu drehen.

Wer auf die jüngsten Zulassungszahlen von Elektroautos und Plug-In-Hybriden in Europa und speziell in Deutschland schaut, der kann in diesem auslaufenden Jahr gigantische Zuwächse vermelden. Die Autofahrer fangen - stark angeschoben von der Politik - an, die elektrifizierten Autos zu mögen. Eine jüngst durchgeführte Elektromobilitätsstudie des Energieversorgers Eon ermittelte, dass sich 64 Prozent der Befragten die Anschaffung eines Elektroautos durchaus vorstellen können. Das sah bis vor kurzem noch ganz anders aus. Insbesondere die staatlichen Kaufprämien und steuerlichen Subventionen sorgen europaweit dafür, dass bei der Suche nach einem neuen Auto auch ein elektrifiziertes Modell in Betracht gezogen wird. Das größte Problem ist für viele nach wie vor die überschaubare Reichweite der elektrischen Fahrzeuge, da viele Autofahrer der Meinung sind, dass die aktuell verfügbare Batteriekapazität nicht ausreiche, um die eigenen Mobilitätsansprüche zu erfüllen. Die Analysten von Jato Dynamics haben sich diese Entwicklung seit 2016 genauer angeschaut.

Zunächst einmal stieg die Reichweite der rein batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeuge bis auf durchschnittlich 377 Kilometer im Jahre 2019. Das war bislang das Maximum, denn danach ging es, trotz weiter steigendem Angebot an Elektromodellen, leicht bergab. Derzeit liegt der Reichweitenschnitt nur noch bei 352 km. Die Akkus sind keinesfalls kleiner geworden und so ist der Rückgang damit zu begründen, dass mit dem Honda E oder einem Mini Cooper SE neue Kleinfahrzeuge mit mittlerer Reichweite (200 bis 400 Kilometer) auf den Markt gekommen sind. Hinzu kommt, dass immer mehr Modelle ihre Reichweiten nach WLTP angeben, wodurch der Wert ebenfalls etwas niedriger als beim alten Verbrauchszyklus NEFZ ausfällt.

Noch vor vier Jahren konnte nur knapp die Hälfte der angebotenen Elektromobile gerade einmal eine Distanz von weniger als 200 Kilometern zurücklegen und lediglich elf Prozent kamen auf mehr als 400 Kilometer. 2017 ging die Anzahl der Modelle mit unter 200 km Reichweite deutlich zurück; die mit mehr als 400 Kilometern legte spürbar zu. Im vergangenen Jahr stieg der Anteil der E-Fahrzeuge mit einer Reichweite von 200 bis 400 Kilometern erstmals auf über 50 Prozent und hält sich seither stabil in dieser Region. Das liegt vor allem daran, dass diese Fahrzeuge mit ihrer etwas geringeren Batteriekapazität günstiger in der Anschaffung sind und das Potenzial besitzen, bisherige Stadtautos mit Verbrennungsmotor abzulösen. Und immerhin mehr als ein Viertel (28 Prozent) schaffen heute mehr als 400 Kilometern, ohne dass sie wieder an die Ladesäule müssen. Nur noch knapp 15 Prozent der angebotenen Modelle mit Stecker unter der allzu geringen 200-km-Marke.

Der Aktionsradius der einzelnen Fahrzeuge wurde somit in den letzten Jahren kontinuierlich verbessert. Ein Beispiel ist der europäische Bestseller Renault Zoe: er kam 2016 durchschnittlich 240 km weit; heute sind es schon fast 400 Kilometer. Beim Luxusmodell Tesla Model S hat sich die Reichweite im Laufe der Jahre von durchschnittlich 480 auf bis zu 650 Kilometer je nach Modellvariante erhöht. Klassenübergreifend nimmt die Reichweite der Elektroautos stetig zu. Die Zahl der Modelle mit einer Reichweite von unter 200 km nimmt ab, während der Großteil zwischen 200 und 400 Kilometer ohne Nachladung schafft und mehr als ein Viertel sogar noch weiter kommt.

Bei den Plug-In-Hybriden steigt die Reichweite ebenfalls, jedoch deutlich langsamer. Dennoch ist auch hier die Auswahl an verfügbaren PHEVs deutlich gestiegen, vor allem in den letzten zwei Jahren. Modelle wie ein BMW X5 45e oder ein Mercedes GLE 350de kommen im rein elektrischen Fahrbetrieb über 80 Kilometer weit. Ab Anfang 2022 müssen Plug-In-Hybriden in der Europäischen Union mehr als 60 Kilometer rein elektrisch schaffen, da sie sonst nicht mehr als bezuschusste Fahrzeuge anerkannt werden. Derzeit reichen dafür mehr als 40 Kilometer. Das lang gebrauchte Argument gegen den Kauf eines Elektroautos, dass man keine großen Distanzen schaffe, könnte in absehbarer Zukunft weiter an Berechtigung verlieren. Sowohl die Reichweiten als auch das Angebot an Elektroautos in allen Preisklassen werden stetig größer. Zudem sorgt die steigende Zahl von Ladesäulen dafür, dass die Angst davor, ohne Lademöglichkeit liegen zu bleiben, kleiner wird.

Quelle: Autoplenum, 2020-12-18

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