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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 19. November 2012
Mit dem M 635 CSi reagierte BMW auf die Konkurrenz aus Untertürkheim und Zuffenhausen. Damit die Gegenattacke saß, transplantierte man das Herz des M1 in das Luxus-Coupé 635 CSi. Die Operation verlief erfolgreich.

Anfang der Achtziger Jahre gab es Gesprächsbedarf im Vorstand der BMW AG. Zu nah waren der Porsche 928 und der Mercedes 450 SLC den Bayern gekommen. Ein Konter musste her - und zwar schnell. Die Ansage der Vorstandsvorsitzenden Eberhard von Kuenheim war eindeutig. Die Antwort ebenso. Das BMW 6er-Coupe sollte eine Kraftkur bekommen, die die automobile Hackordnung wieder im Sinne der Münchener herstellen sollte.

Gesagt, getan: Für die Attacke aus Bayern, die 1984 erfolgte, war das Beste gerade gut genug. Und das Beste hieß damals immer noch Reihensechszylinder und M1. Also verpflanzte man das Herz der rasanten Sport-Flunder in das Oberklassen Coupé 635 CSi und passte das Fahrwerk und Getriebe an. Herausgekommen ist der M 635 CSi. Ein Buchstabe, große Wirkung: Die Zutaten lassen noch heute Automobilisten genüsslich mit der Zunge schnalzen: Reihensechszylinder, vier Ventile pro Zylinder, zwei obenliegende Nockenwellen und sechs Einzeldrosselklappen. Gerade Letzteres ist unabweichbares Dogma eines jeden M-Motors. Mit 286 PS schlägt das Herz um neun PS stärker als im M1. Durch einen verbesserten Ansaugtrakt kann der Motor noch freier atmen und statt der der mechanischen Kugelfischer-Einspritzung kommt eine elektrische Motoreinspritzung von Bosch zum Einsatz, die für eine optimale Gemischaufbereitung sorgt. Kurz: Der Schriftzug "M-Power" auf dem Aluminium-Zylinderkopf ist keine Vorspielung falscher Tatsachen, sondern Programm.

Der samtweiche Reihensechszylinder ist auch heutzutage noch ein Sahnestück, will aber mit dem Gaspedal zur Höchstleistung animiert werden. Klar. Wir reden hier von einem M und das bedeutet Hochdrehzahlkonzept. Ab 4.500 U/min liegt das maximale Drehmoment von immerhin 340 Newtonmetern an und bei 6.500 U/min die volle Power. Also warmfahren und rauf aufs Gas um Freude zu haben. Dann stürmt der M 635 CSi los, als gäbe es kein Halten mehr untermalt vom vollen kehligen Klang der sechs Zylinder, der im Nobel-Coupè etwas gedämmt ankommt.

Damit der Spaß des auch in den Kurven ankommt, musste auch das Fahrwerk adaptiert werden. Da der M 635 CSi zehn Millimeter tiefer über den Asphalt fliegt, sind an der Hinterachse Federn mit progressiver Kennung montiert, um den Sturz der Räder zu gewährleisten. Die Batterie befindet sich im Kofferraum. So wird das Gewicht besser auf die Achsen verteilt. Die Verzögerung entspricht ebenfalls der sportlichen Attitüde: Die Bremsscheiben vorne wuchsen von 288 auf 300 Millimeter und die Scheibendicke legte um fünf auf 30 Millimeter zu. Hinten verbauten die M-Ingenieure größer Kolben für die Bremsen.

Davon weitgehend unbeeinflusst ist die elegante Silhouette, der vom Belgier Paul Bracq entworfene Nobel-Karosse. Die schmeichelt auch heute noch den Augen: Elegant steht sie da: 4,75 lang und 1,72 Meter hoch - zehn Millimeter tiefer als die herkömmliche Version. Wer so eine Form verschandelt, begeht ein automobiles Sakrileg. Deswegen gibt es äußerlich nur einen tiefer heruntergezogenen Frontspoiler mit integrierten Nebelscheinwerfern, geschmiedete Felgen, zwei in Wagenfarbe lackierte Außenspiegel und den charakteristischen M-Schriftzug im Kühlergrill und am Heck. Wenn man sich für die 240er-Walzen entschied, waren verbreiterte Radkästen inklusive. Wegen der flachen Front musste der Motor um 30 Grad nach vorne geneigt eingebaut werden

Im Interieur sind die Änderungen ebenso subtil: Sitzen lässt es sich im Luxus-Sportler auch dank der serienmäßigen Sportsitze mit verstellbarer Oberschenkelauflage sehr gut. Die Tachoskala geht bin 280 km/h und im Drehzahlmesser, der erst bei 8000 U/min endet, prangt stolz das M-Logo. Außer den doppelten Nähten in den Türverkleidungen ist der Innenraum identisch mit den zivileren Brüdern. Links neben dem Lenkrad informiert ein Display, das auch damals neudeutsch-denglisch "Check Control" hieß über den Waschwasser-Stand, den Ölstand, das Abblendlicht und weitere Funktionen. Die Service-Intervall-Anzeige befindet sich zwischen Drehzahlmesser und Tacho.

Schon damals ließen sich die Bayern ihre dynamische Technik gut bezahlen: Ein BMW M 635 CSi kostete rund 100.000 DM. Also kein Gefährt für jedermann. Um interessierten Kunden das neue schnelle Luxus-Coupé schmackhaft zu machen, drehte man eine Werbe-Video, in dem Formel-1-Weltmeister Nelson Piquet von seinem 1000-PS-Brabham-BMW in den M 635 CSi springt und diesen um die Rennstrecke scheucht. Dabei schwärmt der Rennprofi, während er mit 170 km/h durch eine Kurve fliegt, vom Handling des 1,5 Tonnen-Gefährts.

Quelle: Autoplenum, 2012-11-19

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