Audi R18 e-tron quattro - Ist weniger am Ende mehr?
Testbericht
Der Bruderkampf Porsche gegen Audi ist in der Le-Mans-Serie längst entbrannt. Überraschung: Audi startet beim 24-Stunden Rennen in der kleineren Zwei-Megajoule-Klasse. Wir waren bei den letzten Testfahrten in Austin / Texas dabei.
"Wir haben uns nach ausgiebiger Erprobung für dieses Konzept entschieden", erklärt Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich während einer kurzen Mittagspause auf der texanischen Rennstrecke im warmen Austin. Was da so locker in einem Nebensatz seitens Audi an die Außenwelt kommuniziert wird, ist in Motorsportkreisen eine Sensation. Denn die Ingolstädter starten beim diesjährigen 24-Stunden Rennen von Le Mans in der Klasse, in der nur bis zu zwei Megajoule Rekuperationsenergie erlaubt sind. Die meisten Fachleute hatten fest die größeren Leistungsklasse von bis zu acht Megajoule eingeplant, da während einer knapp dreieinhalb Minute andauernden Runde in Le Mans fast 60 Sekunden rekuperiert werden kann, sprich gebremst wird. Zum Vergleich: der hausinterne Konkurrent Porsche startet mit seinem 919 Hybrid in der höchsten Klasse mit acht Megajoule.
Durch die Wahl der geringsten Klasse im Segment der energierückgewinnenden Systeme, kurz ERS, erhöht sich zugleich die erlaubte Energiemenge, die der Verbrennungsmotor pro Runde verbrauchen darf. Oder einfach gesagt: Je weniger Energie durch Bremsen zurückgewonnen werden darf, desto mehr Sprit darf er verbrauchen. Beim maximal 870 Kilogramm schweren und 1,80 Meter breiten Audi R18 e-tron quattro dürfen demnach 83,3 Kilogramm Diesel pro Stunde durch den Sechszylinder-TDI fließen. Und auch hier gibt es eine Besonderheit zu vermelden, denn entgegen allen Downsizing-Trends wurde der Hubraum von 3,7 auf 4,0 Liter erweitert. Was trotz einer neuen Saison nahezu beim Alten geblieben ist, ist bei Audi die Verwendung nur einer Motor-Generator-Einheit an der Vorderachse, dessen Energie in einem Drehmassenspeicher bevorratet wird. Wolfgang Ullrich erklärt: "Es bietet nach unserer Ansicht das optimale Verhältnis aus Energieeffizienz, Größe, Gewicht, Wirkungsgrad, Ansprechverhalten, Fahrbarkeit sowie günstiger Betriebsstrategie - und das bei der Dauerhaltbarkeit, die Grundvoraussetzung für den Erfolg in Le Mans ist."
Auf Grund des im Vergleich zum Vorjahr stark veränderten Reglements, dessen perfektes Verständnis mittlerweile ein Ingenieursstudium voraussetzt, werden den Teams zugleich mehr Freiheiten als zuvor eingeräumt. Ob nun Hubraum, Zylinderzahl, Benzin oder Diesel, Drehzahllimit oder auch die Frage nach Turboaufladung oder freier Ansaugung - erlaubt ist nahezu alles, was über einen Technologie-Faktor am Ende vom Reglementgeber ACO bewertet und erlaubt wird. Dazu werden fünf Einflussgrößen beim Antrieb in Relation gesetzt: die Energiemenge, die per Hybridsystem eingespeist wird, die Energiedichte des Treibstoffs, die erlaubte Energiemenge pro Runde, die Tankgröße und die maximale Durchflussrate des Treibstoffs. Was sich für Motorsportfans so langsam aber sicher zu einem immer undurchdringlicherem Wirrwarr von Regeln entwickelt, stellt die Ingenieure und Teamchefs auf der einen Seite vor immer neue und kompliziertere Aufgaben. Auf der anderen Seite, so viel verrät Wolfgang Ullrich gern, "freuen wir uns jedes Jahr aufs Neue und werden auch diese Aufgabenstellung lösen."
Dass dieser große Handlungsspielraum auch den Druck auf die Teams erhöht, ist nicht zuletzt an dem gewaltigen Aufwand zu bemessen, den sie betreiben. Während Audi im US-amerikanischen Bundesstaat Texas sich auf der Rennstrecke in Austin auf die komplette kommende Saison vorbereitet, hat sich auch Porsche in wärmere Gefilde zurückgezogen. Die Zuffenhausener testeten jüngst in Bahrain und Sebring. Doch was auf dem Papier und mit Blick auf die Rennhistorie der konzerninternen Kontrahenten wie das größte Aufeinandertreffen im Motorsport seit Jahrzehnten ausschaut, sehen beide Teams äußerst pragmatisch. "Am Ende wird das Team mit dem besten Gesamtpaket gewinnen. Und viel wichtiger als sonst wird es sein, keine Strafen zu kassieren", klärt Wolfgang Ullrich auf. Zudem wartet mit Toyota ein für beide deutschen Teams großer gemeinsamer und bislang noch weitgehend unberechenbarer Gegner.
Was der Audi-Motorsportchef mit der Strafen-Gefahr meint, wird deutlich, wenn ein zweiter Blick auf das Reglement geworfen wird. Weicht innerhalb einer Runde der zuvor von den Teams bei der FIA eingereichte Sprit- oder Energieverbrauch um zwei Prozent nach oben oder unten ab, hat der Fahrer zwei Runden Zeit, diesen Fehler wieder auszugleichen. Sollte er es nicht schaffen, droht eine Strafe in Form einer Durchfahrtsstrafe oder ähnlichem - genaueres steht noch nicht fest. Damit der Fahrer das Ziel erreicht, werden ihm per Lichtsignale im Cockpit Hilfestellungen zum Spritsparen angeboten. "Dann müssen wir eben nach einer Kurve etwas weniger stark beschleunigen. Wenn das aber alles wegen zu eines zu hohen Verkehrsaufkommens von mir als Fahrer nicht umzusetzen ist, greift mir die Elektronik in Form von leistungsbegrenzenden Maßnahmen unter die Arme, damit ich auf keinen Fall bestraft werde", verrät der neunfache Le Mans-Gesamtsieger und Audi-Pilot Tom Kristensen.
Neben der Technik, die auch die bis zu einem Kilometer weit strahlenden Laserlicht-Scheinwerfer beinhaltet, ist bei Audi aber noch etwas neu: die Außenhaut ihres R18 e-tron quattro-Rennwagens. Sie ist weiß, silber, rot und schwarz lackiert. Warum das so ist, weiß der Design-Manager für den Bereich Motorsport und Spezialprojekte, Dirk van Braeckel: "Silber betont die Rennerfolge der Vergangenheit. Als sehr ruhige Farbe ist sie die Basis unseres Designs. Als zweite Farbe wird Weiß appliziert, die sehr leicht wirkt und gut mit Silber harmoniert. Sie steht für den Hybrid-Antrieb. Beim Front- und Heckflügel haben wir uns für Mattschwarz entschieden, da es einen schönen Kontrast zum glänzenden Weiß bildet. Schwarz steht für Leichtbau." Komplettiert wird das Design durch ein spezielles Rot - die Performance-Farbe von Audi. Ob sowohl Technik als auch Design Audi in Le Mans zum gewünschten Erfolg führen, zeigt sich spätestens am 15. Juni um 15 Uhr - denn dann wird die Zielflagge geschwenkt.
"Wir haben uns nach ausgiebiger Erprobung für dieses Konzept entschieden", erklärt Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich während einer kurzen Mittagspause auf der texanischen Rennstrecke im warmen Austin. Was da so locker in einem Nebensatz seitens Audi an die Außenwelt kommuniziert wird, ist in Motorsportkreisen eine Sensation. Denn die Ingolstädter starten beim diesjährigen 24-Stunden Rennen von Le Mans in der Klasse, in der nur bis zu zwei Megajoule Rekuperationsenergie erlaubt sind. Die meisten Fachleute hatten fest die größeren Leistungsklasse von bis zu acht Megajoule eingeplant, da während einer knapp dreieinhalb Minute andauernden Runde in Le Mans fast 60 Sekunden rekuperiert werden kann, sprich gebremst wird. Zum Vergleich: der hausinterne Konkurrent Porsche startet mit seinem 919 Hybrid in der höchsten Klasse mit acht Megajoule.
Durch die Wahl der geringsten Klasse im Segment der energierückgewinnenden Systeme, kurz ERS, erhöht sich zugleich die erlaubte Energiemenge, die der Verbrennungsmotor pro Runde verbrauchen darf. Oder einfach gesagt: Je weniger Energie durch Bremsen zurückgewonnen werden darf, desto mehr Sprit darf er verbrauchen. Beim maximal 870 Kilogramm schweren und 1,80 Meter breiten Audi R18 e-tron quattro dürfen demnach 83,3 Kilogramm Diesel pro Stunde durch den Sechszylinder-TDI fließen. Und auch hier gibt es eine Besonderheit zu vermelden, denn entgegen allen Downsizing-Trends wurde der Hubraum von 3,7 auf 4,0 Liter erweitert. Was trotz einer neuen Saison nahezu beim Alten geblieben ist, ist bei Audi die Verwendung nur einer Motor-Generator-Einheit an der Vorderachse, dessen Energie in einem Drehmassenspeicher bevorratet wird. Wolfgang Ullrich erklärt: "Es bietet nach unserer Ansicht das optimale Verhältnis aus Energieeffizienz, Größe, Gewicht, Wirkungsgrad, Ansprechverhalten, Fahrbarkeit sowie günstiger Betriebsstrategie - und das bei der Dauerhaltbarkeit, die Grundvoraussetzung für den Erfolg in Le Mans ist."
Auf Grund des im Vergleich zum Vorjahr stark veränderten Reglements, dessen perfektes Verständnis mittlerweile ein Ingenieursstudium voraussetzt, werden den Teams zugleich mehr Freiheiten als zuvor eingeräumt. Ob nun Hubraum, Zylinderzahl, Benzin oder Diesel, Drehzahllimit oder auch die Frage nach Turboaufladung oder freier Ansaugung - erlaubt ist nahezu alles, was über einen Technologie-Faktor am Ende vom Reglementgeber ACO bewertet und erlaubt wird. Dazu werden fünf Einflussgrößen beim Antrieb in Relation gesetzt: die Energiemenge, die per Hybridsystem eingespeist wird, die Energiedichte des Treibstoffs, die erlaubte Energiemenge pro Runde, die Tankgröße und die maximale Durchflussrate des Treibstoffs. Was sich für Motorsportfans so langsam aber sicher zu einem immer undurchdringlicherem Wirrwarr von Regeln entwickelt, stellt die Ingenieure und Teamchefs auf der einen Seite vor immer neue und kompliziertere Aufgaben. Auf der anderen Seite, so viel verrät Wolfgang Ullrich gern, "freuen wir uns jedes Jahr aufs Neue und werden auch diese Aufgabenstellung lösen."
Dass dieser große Handlungsspielraum auch den Druck auf die Teams erhöht, ist nicht zuletzt an dem gewaltigen Aufwand zu bemessen, den sie betreiben. Während Audi im US-amerikanischen Bundesstaat Texas sich auf der Rennstrecke in Austin auf die komplette kommende Saison vorbereitet, hat sich auch Porsche in wärmere Gefilde zurückgezogen. Die Zuffenhausener testeten jüngst in Bahrain und Sebring. Doch was auf dem Papier und mit Blick auf die Rennhistorie der konzerninternen Kontrahenten wie das größte Aufeinandertreffen im Motorsport seit Jahrzehnten ausschaut, sehen beide Teams äußerst pragmatisch. "Am Ende wird das Team mit dem besten Gesamtpaket gewinnen. Und viel wichtiger als sonst wird es sein, keine Strafen zu kassieren", klärt Wolfgang Ullrich auf. Zudem wartet mit Toyota ein für beide deutschen Teams großer gemeinsamer und bislang noch weitgehend unberechenbarer Gegner.
Was der Audi-Motorsportchef mit der Strafen-Gefahr meint, wird deutlich, wenn ein zweiter Blick auf das Reglement geworfen wird. Weicht innerhalb einer Runde der zuvor von den Teams bei der FIA eingereichte Sprit- oder Energieverbrauch um zwei Prozent nach oben oder unten ab, hat der Fahrer zwei Runden Zeit, diesen Fehler wieder auszugleichen. Sollte er es nicht schaffen, droht eine Strafe in Form einer Durchfahrtsstrafe oder ähnlichem - genaueres steht noch nicht fest. Damit der Fahrer das Ziel erreicht, werden ihm per Lichtsignale im Cockpit Hilfestellungen zum Spritsparen angeboten. "Dann müssen wir eben nach einer Kurve etwas weniger stark beschleunigen. Wenn das aber alles wegen zu eines zu hohen Verkehrsaufkommens von mir als Fahrer nicht umzusetzen ist, greift mir die Elektronik in Form von leistungsbegrenzenden Maßnahmen unter die Arme, damit ich auf keinen Fall bestraft werde", verrät der neunfache Le Mans-Gesamtsieger und Audi-Pilot Tom Kristensen.
Neben der Technik, die auch die bis zu einem Kilometer weit strahlenden Laserlicht-Scheinwerfer beinhaltet, ist bei Audi aber noch etwas neu: die Außenhaut ihres R18 e-tron quattro-Rennwagens. Sie ist weiß, silber, rot und schwarz lackiert. Warum das so ist, weiß der Design-Manager für den Bereich Motorsport und Spezialprojekte, Dirk van Braeckel: "Silber betont die Rennerfolge der Vergangenheit. Als sehr ruhige Farbe ist sie die Basis unseres Designs. Als zweite Farbe wird Weiß appliziert, die sehr leicht wirkt und gut mit Silber harmoniert. Sie steht für den Hybrid-Antrieb. Beim Front- und Heckflügel haben wir uns für Mattschwarz entschieden, da es einen schönen Kontrast zum glänzenden Weiß bildet. Schwarz steht für Leichtbau." Komplettiert wird das Design durch ein spezielles Rot - die Performance-Farbe von Audi. Ob sowohl Technik als auch Design Audi in Le Mans zum gewünschten Erfolg führen, zeigt sich spätestens am 15. Juni um 15 Uhr - denn dann wird die Zielflagge geschwenkt.
Quelle: Autoplenum, 2014-03-25
Getestete Modelle
Für diesen Testbericht sind keine passenden Modelle vorhanden.
Ähnliche Testberichte
Autoplenum, 2020-02-23
Audi E-Tron S Sportback - Die Kraft der drei HerzenGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-02-21
Audi e-tron S - Drei Herzen im Quattro-TaktGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-14
Das Ende der Handschaltung naht - Handarbeit außer ModeGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-12
SUV ohne Geländeambitionen - Mogelpackung für jedermannGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-08
Pkw-Neuzulassungen - Vier Führungswechsel zum JahresendeGanzen Testbericht lesen