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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 24. Juni 2013
Die 24 Stunden von Le Mans stehen der Formel 1 an Hightech und menschlichen Einsatz in nichts nach. Bei der 90. Auflage gab es den erwarteten zwölften Audi-Triumph und eine schlimme Tragödie.

Das Schicksal schlug diesmal in der vierten Runde zu. Der Däne Allan Simonsen kam in der Tertre Rouge mit seinem Aston Martin auf die feuchten Curbs und schlug mit seinem Fahrzeug so unglücklich seitlich in die Leitplanke ein, dass er auf dem Weg in das Krankenhaus verstarb. Aston Martin überlegte, sich aus dem 24-Stunden-Spektakel zurückzuziehen, doch fuhr das Rennen auf Wunsch der Familie des 34jährigen Dänen zu Ende. Simonsen ist der 22. Fahrer, der das Rennen in der französischen Loire nicht überlebt.

Auch wenn die Renngemeinde unter Schock stand, die Hatz um den 13,629 Kilometer langen Circuit de Sarthe ging mit ungebremster Heftigkeit weiter. Zuviel Prestige steht für Audi, Toyota Co, auf dem Spiel. Die großen Werksteams investieren Millionenbeträge, um beim Traditions-Renn-Marathon zu glänzen. Die Fahrerriege ist vom Feinsten: Unter anderem gehen Renn-Veteranen wie Allan McNish, der Däne Tom Kristensen oder der ehemalige Formel-1-Fahrer Marc Gené für Audi an den Start. Beim großen Kontrahenten Toyota ist die Besetzung mit Alexander Wurz und Sebastien Buemi nicht weniger prominent.

Die rund 140.000 Zuschauer feierten wieder eine große Party. In der Loire herrscht jedes Jahr Volksfeststimmung mit Riesenrad, Fahrgeschäften, Crepes-Buden oder Softeis-Automaten, an denen sich um Mitternacht schon mal FIA-Chef Jean Todt unter dem Blitzlichtgewitter der Smartphones bedient. Die Stimmung ist dabei gelöster, als bei den meisten anderen Traditions-Rennen. Le Mans ist für viele eine Herzensangelegenheit. Und der Mangel an nahegelegenen Hotels führt zu interessanten Szenen. Auf vielen Campingplätzen stehen Aston Martins oder Ferraris neben kleinen Zelten. In Le Mans verschwinden die Klassen.

Auch auf der Rennstrecke: 56 Autos gingen an den Start. Neben den Brutalo-Hightech-Boliden der LMP1-Klasse in der unter anderem Audi und Toyota an den Start gehen, gibt es noch die LMP2- und die GTE-Klasse in der sich die Porsche 911 mit Aston Martin einen harten Kampf lieferten. Hier treffen Werksfahrer auf reine Privatfahrer in der GTE-Am-Kategorie. Dementsprechend bunt ist auch die Automobil- und Sound-Melange, die um den Kurs jagt: kreischende Ferraris, sirrende Audis und Porsches und sonor brummende Corvettes.

Ganz ungefährlich ist das Durcheinanderwirbeln der verschiedenen Fahrzeugtypen freilich nicht. In der schnellen Virage Porsche beträgt der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den Top-Teams und den Herrenfahrern bis zu 100 km/h. Das ist extrem gefährlich. Egal ob Nieselregen oder Nacht, die schnellsten ballern mit unvermindertem Speed weiter. Aus dem Marathon ist längst ein materialmordender 24-Stunden-Sprint geworden. Eine Sekunde der Unachtsamkeit kann sofort in einem tödlichen Fiasko enden. Da hilft es auch nichts, dass die Werks-Teams mit den neuesten Licht-Innovationen an den Start gehen. Audis LED-Matrix-Beam-Scheinwerfer leuchten 836 Meter weit.

Die Konkurrenz zwischen Audi und Toyota ist groß. Deswegen war es auch kein Wunder, dass es bereits vor dem Rennen gab es Misstöne. Audi echauffierte sich, weil Toyota in der Top-Klasse LMP1 die Benzin Tanks um weitere xdrei Liter vergrößern durfte. Das machte insgesamt einen Unterschied von 18 Litern gegenüber den Diesel-Audis. Damit mussten die Ingolstädter in den 24 Stunden drei Boxenstops mehr einlegen und diese verlorene Zeit mit Rundenzeiten die eine halbe Sekunde schneller waren, als die der Toyotas, die mit Benzin unterwegs waren, wieder wettmachen. "Das Rennen muss perfekt laufen, damit wir eine realistische Chance haben", prophezeite Audi-Motorchef Wolfgang Ulrich. Das gelang zumindest teilweise.

Denn kurz nach 15 Uhr, überquerte der Audi R18 e-tron mit der Startnummer zwei mit Tom Kristensen am Steuer als Erster die Ziellinie. Das bedeutete den neunten Le-Mans-Sieg für den Dänen, den dritten für Allan McNish und den ersten für Loic Duval. Dass Audi seinen zwölften Triumph, seit dem werkseitigen Einstieg feiern würde, ist keine große Überraschung. Allerdings waren die Begleitumstände deutlich schwerer als vorzusehen war. Der Audi R18 e-tron mit der Nummer 1 musste nach sieben Stunden in die Box, da die Lichtmaschine defekt war. Der Tausch dauerte über 43 Minuten. Damit konnte der Schweizer Marcel Fässler die Chancen auf den dritten Sieg in Folge begraben. Ein paar Minuten vorher war der Audi mit der Startnummer drei aufgrund eines Reifenschadens über die Curbs gekreiselt und Oliver Jarvis musste seinen waidwunden Boliden fast eine Runde lang im Kriechtempo zurück an die Box manövrieren.

Im nächsten Jahr werden die Karten neu gemischt, da eine Regel-Revolution ansteht. Dann ist die Antriebsart frei wählbar, aber Kraftstoff pro Runde wird begrenzt. Experten gehen davon aus, dass die Autos dann 25 Prozent weniger Sprit brauchen, aber genauso schnell sein werden. Gute Voraussetzung für Porsche, sein Hybrid-Renner 918 Spyder ins Extrem zu hieven. Denn die Stuttgarter steigen nächstes Jahr wieder in die LMP1-Klasse ein. Das wird ein heißer Konzern-Kampf.

Quelle: Autoplenum, 2013-06-24

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