Wer mit goldenen Felgen, monströsen Heckspoilern und markerschütterndem Auspuffsound nichts anfangen kann, der kann getrost an dieser Stelle aussteigen und sich in Gedanken schon mal seinen Golf Plus 1.9 TDI konfigurieren. Für alle anderen werde ich nun versuchen wiederzugeben, was mit einem passiert, wenn man dem allradgetriebenen 280-PS-Wahnsinn verfallen ist, die Welt um sich herum vergisst und öffentliche Straßen meidet um die Sau rauszulassen.
Zum Verständnis hier noch einmal kurz die wichtigsten Eckdaten des knapp 42.000 Euro teuren Japaners: Unter der Haube donnert ein turbo-aufgeblasener 2,5-Liter-Boxer mit 280 PS, einem Drehmoment von 392 Nm und einer Maximal-Drehzahl vom 9000 Umdrehungen. Übertragen wird die Kraft über eine manuelle Sechsgang-Schaltung auf alle vier Räder und zwar permanent! Für sicheren Stand sorgen Brembos ringsum und wers drauf anlegt, der rennt mit einem Topspeed von 255 sogar dem abgeregelten M3 davon.
Doch genug der grauen Theorie, rein in die Karre, Schlüssel gedreht und ab auf die Landstraße. Was folgt, ist schwer in Worte zu fassen, die Zeit läuft mit dreifacher Geschwindigkeit und die Tanknadel wandert in beängstigender Tempo dem Empty entgegen. Nach nur wenigen Minuten hab ich mich an die etwas knochige Schaltung und den Anblick des fetten Flügels im Rückspiegel gewöhnt. Zunächst bedächtig, dann immer fordernder presche ich mit dem vermeintlichen Proll-Stufenheck über die kleinen Bs rund um Hamburg, immer auf der Suche nach einem kleinen Wald oder Feldweg, der meine WRC-Strecke werden könnte. Alle 300 Meter bremse ich auf Schneckentempo ab um dann beherzt aufs Gas zu treten und mich mit dem Turbo-Tritt ins Kreuz völlig hingeben zu können. Der Genuss wird nur durch die hektischen Gangwechsel unterbrochen. Nach 5,4 Sekunden verlieren die Tempo-Schilder am Straßenrand ihre Bedeutung und es macht nicht den Anschein, als würde der schreiende Boxer irgendwann an Kraft verlieren. Der Turbo tritt, ich schalte, die Drehzahlnadel schnellt nach rechts und die Räder krallen sich in die Straße. Traktionsprobleme? NIEMALS!
Doch brutales Geradeaus-Brettern ist nicht alles. Die blaue Agro-Limo giert nach Kurven, will unter Volllast haarscharf an der Grasnabe entlang gezirkelt werden und fühlt sich erst abseits befestigter Straßen so richtig wohl. Dem will ich mich nicht entgegenstellen, biege endlich rechts in einen Feldweg ab, verschnaufe und bereite mich auf den Rallye-Abstecher vor. Hoffentlich bleibt der Oberforstrat auf seinem Hochsitz und der Bauer auf seinem Feld. Klack, der erste Gang ist drin, Kupplung kommt, Gas aufs Blech und ab dafür. Es ist der Hammer. Ob Asphalt oder Schotter, das Ding zieht überall die Wurst vom Teller. Selbst beim Krawall-Start aus der Schotter-Kurve hat der Subaru keine Probleme, zieht stoisch und verteufelt schnell gen Kurvenausgang. Mit eingesautem Wagen, klitschnassem Rücken und in Gedanken schon bei der Bank mit der Bitte um einen Kredit gehts wieder auf die Landstraße. Bei der Durchfahrt des nächstgelegenen Örtchens kann ich mich nicht beherrschen, werde langsamer, schallte zwei Gänge runter und beschleunige mit saftig Drehzahl bis ungefähr zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Neben Kopfschütteln ob der Lärmbelästigung ernte ich vor allem angewidertes Fingerzeigen auf die gigantische Lufthutze auf der Haube, die gülden funkelnden Alus und das Bügelbrett auf dem Kofferraumdeckel. Ich möchte das Fenster herunterkurbeln und ihnen entgegenrufen: Ihr Ungläubigen, ihr habt ja keine Ahnung
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Ich kann mich beherrschen und schlucke meine Belehrungen über Sportlichkeit, Faszination Allrad und die Vorzüge eines Ladeluftkühlers mit Wasser-Zuspritzung herunter. Gerade will ich mich auf den Heimweg machen, da fällt mir ein, dass ich das STi-Cockpit noch keines Blickes gewürdigt habe. Asche auf mein Haupt. Was haben wir denn da?! Zweifarbige Sport-Sitze mit exzellentem Seitenhalt, rote Ziernähte an Schaltknauf und Lenkrad
fertig. Das ging schnell. Wo man hinschaut, macht sich die Großserie breit. Anzeigen für Ladedruck oder Öltemperatur? Fehlanzeige. Dafür silbernes Plastik an der Mittelkonsole. Da hätte es schlichtes Schwarz sicher auch getan. Oder vielleicht Carbon-Imitat?! Tja, nobody is perfect.
Wenig später rolle ich wieder bei Subaru auf den Hof, kann mich aber nicht überwinden, auszusteigen. Da draußen ist die reale Welt mit Verkehrsregeln, STi-Ungläubigen und Spritpreisen von mindestens 1,30 Euro pro Liter Super. Hier drinnen bin ich der extravagante WRC-Champ mit phänomenaler Allrad-Power unterm Hintern und kann den Verbrauch von locker 20 Litern wunderbar ignorieren. Ich bin tapfer, steige aus, streichle noch einmal das Brett auf dem Heck und gehe, ohne zurückzuschauen. Wir werden uns wiedersehen. Versprochen!