Erfahrungsbericht Skoda Superb 1.6 TDI (105 PS) von Dr.W.Greiner, Mai 2018
Seit ein paar Wochen fahren wir einen 2013er Skoda Superb mit dem kleinen Turbodiesel, 1600 ccm und 105 PS. Wir haben das Auto als repariertes Unfallfahrzeug mit wenig km (unter 30.000) bei einem Skoda-Händler erworben, mit einem Jahr Vollgarantie.
Zunächst zur Frage der Motorisierung: 1600 ccm und 105 PS für ein so großes, schweres Auto - ist das nicht ein bißchen wenig? Nachdem ich jahrzehntelang Autos vom Kaliber eines BMW 735, Mercedes S500 und Porsche 944S gefahren habe, kann ich mit Fug und Recht und guten Gewissens sagen: 105 PS genügen in diesem Fall vollauf, man ist damit keineswegs untermotorisiert! Die Leistung reicht immerhin, um mit ca. 180 km/h auch in sehr schnellem Autobahn-Reiseverkehr mitzuhalten; der Motor dreht dabei im 6. Gang gerade mal 3000 Touren, hat noch deutlich Reserven und ist kaum zu hören, die Geräuschkulisse bleibt auch insgesamt erträglich. Okay: man muß damit leben können, dass es noch ein paar Schnellere gibt :-)
Die Leistung reicht vor allem auch deshalb, weil der kleine Diesel im meist genutzten Drehzahlbereich zwischen 1500 und 4000 Touren ausgesprochen kräftig antritt - da ist er subjektiv durchaus vergleichbar mit einem doppelt so großen Saug-Benziner. Nutzbare Leistung gibt er ab 1000 Umdrehungen ab; freilich tut sich unter 1500 Touren nicht viel, es reicht aber zum sparsamen Mitschwimmen im Stadt- und Landstraßenverkehr. In diesem Drehzahlbereich fühlt sich der Motor an wie ein Mercedes Diesel aus den 50er Jahren: brav, aber "zieht nicht die Wurst vom Teller". Dafür ist er VIEL leiser als der alte Mercedes, selbst im Vergleich zu modernen Ottomotoren hört man den Diesel kaum noch raus, eher spürt man ihn an leichten, kaum störenden Vibrationen im Lenkrad. Ab 1500 Touren entwickelt er dann richtig Biss - allerdings mit einer halben bis dreiviertel Sekunde "Turboloch", woran man sich erst mal gewöhnen muß. Wer im 1. Gang unbedacht Vollgas gibt, der kriegt mit etwas Verzögerung einen regelrechten Schlag in den Rücken... Jenseits 2000 Touren steht die Kraft dann ziemlich spontan zur Verfügung, da spürt man subjektiv kein Turboloch mehr. Bei Volllast in diesem Drehzahlbereich wird der Motorklang - typisch für einen starken Vierzylinder - dann doch etwas "kernig" - allerdings immer nur für kurze Momente, weil der Wagen dabei selbst noch in den oberen Gängen weit kräftiger beschleunigt, als man es einem so kleinen Motor in einem so großen Auto zutrauen möchte. Bis 4000 Touren hat er bei Vollgas "mächtig Bums". Theoretisch kann/darf man ihn bis 5000 Touren drehen, er tut das auch brav; es bringt aber kaum was, weil ihm da dann doch merklich die Puste ausgeht. Höchstens mal eine Notlösung, wenn bei einem knappen Überholvorgang die Zeit fürs Schalten nicht reicht - normalerweise schaltet man gerne spätestens bei 4000 Touren hoch.
Beim Verbrauch lügt der Hersteller wie üblich. Mit 5 bis 8 Litern Diesel (letzteres bei SEHR schneller Autobahnfahrt) braucht der Superb einen runden Liter mehr, als uns der Märchenonkel von der Werbeabteilung erzählen will. Für ein so großes, schnelles (jawohl!) Auto ist das aber immer noch aller Ehren wert. Der 60-Liter-Tank reicht in der Praxis für ca. 1000 km.
Das Auto sonst? Das unsere ist für einen "Geizdiesel" sehr üppig ausgestattet: mit Xenon- und Kurvenlicht, Parklenkassistent, Start/Stop-Automatik, elektisch einstellbaren Ledersitzen und Leichtmetallrädern. Man fühlt sich da beim Einsteigen schon ziemlich "oberklassenmäßig" - vor allem hinten genießt man schon fast die Beinfreiheit einer Chauffeurlimousine. Den Rücksitzen hat der Erstbesitzer in diesem Fall sogar eine Sitzheizung spendiert :-)
Der oberklassenmäßige Komforteindruck verliert sich leider schnell, sobald man losfährt. Die eigentliche Federung ist zwar nicht schlecht, aber der Abrollkomfort ist ruppig. Kanaldeckel spürt man unmittelbar im Kreuz, und auch die Abrollgeräusche sind nicht von der vornehmen Sorte. Da die Räder trotz Leichtmetall normale 16-Zöller sind, liegt das wohl an den serienmäßigen Energiespar-Reifen von Michelin mit ihrem relativ hohen, vorschriftsmäßigen Druck. Dazu kommen etwas aufdringliche Windgeräusche schon bei niedrigen Geschwindigkeiten. Mit den doppelt verglasten Seitenscheiben und dem gummigelagerten Fahrschemel meines 500 SEL in den 90er Jahren kann der Skoda nicht mit - ist halt doch "nur" gehobene Mittelklasse :-)
Mit höheren Geschwindigkeiten wird das Bild besser: da verliert sich das Motorengeräusch vollends in den Wind - und Abrollgeräuschen, die ab ca. 120 km/h auch ihrerseits nicht mehr auffallen. Auf Autobahnen mit guter Straßenoberfläche und speziell bei hohen Geschwindigkeiten ist auch der Komfort des Superb durchaus superb zu nennen. Dazu liegt das Auto selbst bei sehr hohen Geschwindigkeiten satt und ruhig auf der Straße, die Lenkung ist feinfühlig und agil, ohne nervös zu reagieren. Solange man auf halbwegs gepflegten Straßen fährt, ist der Superb ein exzellentes Langstreckenauto.
Über Zuverlässigkeit und Werkstattkosten kann ich nach den paar Wochen natürlich noch nichts sagen - da das alles bewährte VW-Technik ist, hoffe ich da doch auf zumindest durchschnittliche Qualität. Mehr darüber in ein paar Jahren.