Nein liebe Leser, diesen RR haben wir nicht!! Oder sollte ich besser sagen - noch nicht? Denn das Grinsen meines Brötchengebers im Januar 07in Detroit, als der Drophead vorgestellt wurde, will mir nicht aus dem Kopf gehen. Obwohl ich schon über 2 Jahrzehnte in Diensten bin, gibt es auf die Frage, ob Chef den bestellt hat nur ein süffisantes " No comment" als Antwort. Was ich aber als "na klar, was denkst den du!" bewerte. Denn ich kenne ihn nun wirklich lange genug um zu wissen, das er gar nicht umhin kommt, das wohl einmaligste und teuerste Cabrio der Welt zu ordern. Wie sollte er diesem Traum auch widerstehen können?
Da bei der Vorstellung im letzten Jahr weder unser Boss, noch ich dummerweise eine Kamera dabei hatten, mußte ich Bilder aus dem Internet nehmen, um ihn hier zu präsentiern.
Schwierig in Worte zu fassen, was einem da mit über 5,60m gegenübersteht. Auto oder doch eine Yacht auf Rädern?
Wohl ein bißchen von beidem. Mich haut eigentlich nichts mehr so schnell vom Stühlchen, doch dieser offene Gigant verschlug auch mir die Sprache.
Unvergleichlich schön, unglaublich exklusiv und schier unbezahlbar teuer. Bei geöffnetem Dach erinnert der 5,61 Meter lange Viersitzer wirklich an jene grandiosen Riva-Boote. Ein Superlativ aus feinsten Materialien. Teak, Aluminium, Edelstahl. Man täte dem Drophead unrecht, würde man ihn allein mit dem wenig schmuckvollen Begriff "Cabriolet" beschreiben. So wie den Drophead stellt man sich einen britischen Flanierkreutzer für die Schönen und Reichen dieser Welt vor. Die kantige-charismatische Erscheinung seines Ziehvaters Phantom steht ihm gut und lässt die opulenten Dimensionen gelungen verschwimmen.
Über dem Innenraum spannt sich ein fünflagiges Stoffverdeck - das größte unter allen aktuellen Cabriodächern, wie Rolls-Royce stolz vermerkt. Es besteht aus fünf Textillagen, wobei die untere, auf die man als Passagier blickt, aus feiner Cashmere-Wolle besteht.
Eine Besonderheit der Karosserie sind die hinten angeschlagenen Türen, die das Ein- und Aussteigen der Passagiere auf den Rücksitzen erleichtern sollen. Auch die Kofferraumklappe ist etwas Besonderes. Sie ist als Picknick-Plätzchen gestaltet und mit extra starken Scharnieren ausgestattet. Wird sie ausgeklappt, können zwei Leute darauf bequem sitzen und sich aus dem 315 Liter fassenden Stauabteil bedienen.
Motorisiert ist die Offenbarung aus Goodwood mit einem 6,75 Liter großen V12-Motor, der 460 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 720 Nm entwickelt. Die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf bescheidene 240 km/h begrenzt, der Spurt von 0 auf Tempo 100 dauert ca.5,6 Sekunden, und das ist für ein gut 2,6 Tonnen schweres Auto durchaus eine Ansage.
Ähnlich wie beim Phantom fällt einem sofort das typische spindeldürre Steuer auf, mit dem man den tonnenschweren Briten mit zwei Fingern um den Kreisverkehr an der Ortsausfahrt von Goodwood steuern kann. Vom Zwölfzylinder-Triebwerk ist bei langsamer Fahrt nichts zu vernehmen. Geschlossene Auspuffventile sorgen dafür, dass es der exklusive Brite in Sachen Pirschfahrt mit einem U-Boot oder einem Elektroauto aufnehmen kann. Einen Drehzahlmesser sucht man vergebens. Stattdessen informiert eine Anzeige neben dem Tacho, wie viel Prozent des Drehmoments gerade verfügbar ist.
Über den Verbrauch eines solchen fahrzeuges zu sprechen grenzt eigentlich schon als Majestätsbeleidigung, doch die Rede war von ca. 16 Litern auf 100km/h bei gemächlicher Fahrt bei offenem Verdeck. Sei es drum, wenn interessiert das wirklich?
Der Innenraums, eine Orgie aus Leder und tatsächlich echtem Teak-Edelholz (ehe eine Holzleiste den Innenraum verziert, vergehen bis zu 28 Tage allein an Bearbeitungszeit), macht einem die nötige Objektivität nicht gerade leicht. Rundherum verteilen sich zarte Hebel, einer gehört zur Sechsstufen-Automatik. Gestartet wird das Drophead Coupé wie ein moderner BMW - per Knopfdruck.
Der Tag im Himmelreich auf Erden beginnt mit einem Knopfdruck in der Mittelarmlehne. Dann startet das hydraulische Dach des Drophead und macht seinem Namen alle Ehre. Es faltet sich mit leisem Summen unter die 8330 Euro teure Teak-Abdeckung, Serie wäre Leder. 30 Sekunden dauert die Show! Windschott? Absolutes "No go!". Schon aus Prinzip nicht. Auch kein festes Stahl-Klappverdeck. Engländer sind schließlich nicht aus Zucker. Zu diesen ungeschriebenen Gesetzen gehört auch die Kombination aus Alt und Neu.
Navigationsgerät, Bord-TV und eine Profi-Musikanlage mit 15 Lautsprechern sind quasi Standard. Rein oberflächlich betrachtet wirkt der Drohead wie eine moderne Antiquität, ausgeschlagen mit hellem Leder und weichem Kaschmir, bestückt mit Schaltern aus massiven Metall, im Kofferraum ist roter Teppich ausgerollt.
Der Kreis der Kunden und möglichen Interessenten ist elitär. Nach Angaben von RR gibt es weltweit rund 95.000 potentielle Kunden - so viele haben offiziell mehr als 30 Millionen Euro auf dem Konto. Doch gebaut werden lediglich
200-300 pro Jahr.
Mehr als 350 Arbeitsstunden fließen in jedes Fahrzeug die Fertigung des Motors nicht eingerechnet. Fast perfekt ist eben nicht gut genug, meint Rolls-Royce. Die Maxime des Firmengründers Sir Henry Royce gilt in Goodwood also noch unverändert: "Strebe in allem, was du tust, nach Perfektion."
Nun ja:
Man(n) gönnt sich ja sonst nichts.