Erfahrungsbericht Renault Koleos 2.0 dCi (150 PS) von damenveloraser, Dezember 2021
Meine Güte! Was für ein Auto! Ich hatte den Koleos ursprünglich als Winterauto. Das war mehr oder weniger Zufall. Seit wir zu dritt sind, ist er zum Hauptauto aufgestiegen und wird den Platz ganz schnell wieder räumen! Ich kann kaum fassen, dass jemand so einen Müll zusammenschraubt, aber von vorne:
Die Verarbeitungsqualität ist eine Frechheit, auch für ein Auto, das mittlerweile 8 Jahre alt ist. Es wirkt einfach alles unglaublich billig. Dass mir beim ersten Einsteigen sofort ein Teil der Sitzkonsole entgegen kam, ist hier bestenfalls eine Anekdote und nein, sie ist nicht kaputt.
Radio und Navi sind eine Usability-Katastrophe. Der Hauptknopf schlechthin ist ja wohl der Lautstärke-Drehknopf, entsprechend sollte er zentral und gross sein. Mit diesem zentralen, grossen Knopf wechselt man im Koleos aber den Input. Logisch, bei Renault ist die Lautstärke links oben. Ich habe sicher zwei Monate Input gewechselt statt die Lautstärke eingestellt. Renault-Jungfrauen latschen jedes Mal rein, wenn sie die Lautstärke einstellen. Grossartig.
Über das Navi schauen wir mal gosszügig hinweg, das ist einfach wirklich in die Jahre gekommen. Trotzdem ist auch hier die Menüführung ein einziges grosses Fragezeichen. Wenn auf dem Bildschirm "Fertig" rechts unten angezeigt wird, drückt jeder normale Mensch den Knopf rechts unten auf der Konsole, um die Eingabe abzuschliessen. Selbstverständlich ist der Knopf "Fertig" auf der Konsole aber rechts oben. Die merkwürdige Kopplung von Radio und Tomtom ist wiederum ein Fall für sich, den man echt erleben muss.
Ich bin 1m 90cm gross. Den Fahrersitz kann ich nicht vernünftig einstellen. Wenn ich ihn hoch genug stelle, stosse ich mit dem Kopf an, also sitze ich mal grundsätzlich immer wie ein Affe auf dem Schleifstein. Wenn ich den Sitz genug zurückfahre, ist das Lenkrad zu weit weg und etwas näher stosse ich mit den Beinen ständig an die Lenksäule. Der Beifahrersitz ist gar nicht in der Höhe verstellbar, also kann ich dort kaum sitzen. Noch schlimmer ist es, weil unser Kleiner jetzt hinten im Maxi Cosi auf der Beifahrerseite im Fond sitzt. Dort sind die Platzverhältnisse so eingeschränkt, dass der Beifahrer nach vorne rücken muss. Ergebnis: Beine stossen an Armaturenbrett an, Stirn knapp nicht am Dachhimmel. Was bei einem Aufprallunfall passiert, wage ich mir nicht auszumalen.
Das Platzangebot im Fond und das Kofferraumvolumen sind bescheiden. Man sitzt auch hinten einfach nur schlecht, ich stosse mit Kopf oben an und das nicht zu knapp. Aufgrund der eiförmigen Bauform ist der Platz im Kofferraum eingeschränkt. Grosser Kinderwagen? Viel Gepäck? Viel Spass!
Dass man die Rücksitze mit einem Zug am Hebel umklappen kann, ist eigentlich super. Allerdings klappt dann auch die Sitzbank hoch, damit die Ladefläche eben ist. Das wiederum führt dazu, dass vorne zwischen Fahrer und Beifahrer eine verdammt hohe Kante entsteht, was das Laden grösserer Gegenstände schwierig oder unmöglich macht. Toll. Nur den oberen Teil umklappen wäre toll, nur ist die Ladefläche dann eine Raketenabschussrampe, die das Beladen wiederum verhindert.
Die Klimaanlage ist so bescheideb konzipert, dass sie die Grösse des Fahrgastraums nicht bewältigen kann. Ergebnis: Direkt bei der Lüftungsdüse hat man Antarktis oder Backofen, alles andere bleibt heiss oder kalt und natürlich läuft sie wie beknackt, weil sie mit Kühlung/Heizung kaum hinterher kommt.
Parkieren ist auch so eine Sache. Wer sich einen Moment zu früh abschnallt, um besser rangieren zu können, ruft den "Anschnallwarner" auf den Plan. Dieser ist nur durch erneutes Anschnallen zu beruhigen. Wer sich darüber hinwegsetzt, kommt bei nicht komplett freien Parklücken in den Genuss, dass die Parksensoren den "Anschnallwarner" akustisch untermalen und wer dann noch kurz die Tür öffnet, um zu kontrollieren, ob man vernünftig steht, sollte den Wahlhebel tunlichst auf P stellen, sonst bimmelt ein dritter Warnton los. Die entstehende Geräuschkulisse sorgt für Gelächter bei Mitfahrenden und für eine ganze Reihe anderer Gefühle beim Fahrer.
Gleichzeitig lässt es Renault aber zu, dass man den Motor abstellen kann, auch wenn der Wahlhebel auf R oder D steht. Faktisch würgt man den Motor damit ab. Der Ruck, der durch das ganze Chassis donnert, geht auch allen Insassen durch Mark und Bein. Wer macht so etwas?
Die Motorisierung ist schlicht bescheuert. Der 2-Liter-Diesel ist mit Automatik so lahm, dass es teilweise gefährlich ist. Die Anfahrgedenksekunde oder eher Anfahrgedenkminute sorgt bei jeder stark befahrenen Kreuzung für Angstschweiss. Die gefährlichen Situationen, die dadurch entstanden sind, kann ich nicht mehr zählen. Laufkultur? Ja, ich weiss, 4-Zylinder, Diesel... Trotzdem habe ich bei anderen Herstellern nicht das Gefühl auf einem Presslufthammer zu sitzen. Das Schlimmste ist der laufende Motor im Stand. Wenn mir demnächst ein paar Zahnfüllungen rausfallen, schicke ich die Rechnung Renault.
Die Automatik ist so beknackt, dass es schmerzhaft ist. Bei Vollgas schaltet das Getriebe aus Verzweiflung runter, nur um dann zu merken, dass das Drehzahlband gar nicht vorhanden ist, also schaltet es wieder zurück, aber dort geht ja auch nichts. Bei 120 auf der Autobahn, leichte Steigung, Vollgas! Das Getriebe schaltet runter, der Motor heult auf und kotzt sich fast die Pleuel raus, Tempo bleibt konsequent bei 120 kmh stehen. Bravo Renault!
Der Verbrauch ist komplett behindert. Ich habe einen seeeehr leichten Gasfuss und schaffe es nicht unter 7 Litern. Normalerweise liege ich bei 7.2 bis 7.4 Liter. Im Winter geht es schnell gegen 8 und wehe all denen, die Kurzstrecke fahren, 9 bis 11 Liter sind dann locker drin. Solche Verbräuche schaffen auch 3 Liter Motoren, z.B. von MB, die bieten aber wenigstens Leistung. Als Vergleich: mein RS3 (2.5 Liter Hubraum, 5 Zylinder, 400 PS, Benziner) war sparsamer und das Ding ist voll auf Leistung ausgelegt.
Bergstrecken sind aus verschiedenen Gründen bestenfalls zu vermeiden. Der Verbrauch ist nur einer davon.
Der Tempomat ist in etwa so lahm wie die Automatik. Wenn ich beschleunige und bei 80 den Tempomat einschalte, nehme ich logischerweise den Fuss vom Gas. Das führt bei 8 von 10 Fällen dazu, dass das Tempo abfällt, weil der Tempomat ein paar Gedenksekunden braucht, bis er sich entschliesst doch noch aktiv zu werden. Dann beginnt er natürlich wieder zu beschleunigen. Alle die dann hinter mir fahren, halten mich für komplett bekloppt. Bei einer leichten Steigung sieht das wie folgt aus: Beschleunigen wie ein Irrer, weil der Motor keine Leistung hat, Motor heult auf, Tempomat rein und gleichzeitig aus dem Gas, Tempo fällt auf 70 evtl. 65 kmh und dann beschleunigt die Möhre wieder auf 80. Warum das aber nicht immer geschieht, erschliesst sich mir wiederum nicht.
Und weil das alles noch nicht genug ist, ist das Teil das im Unterhalt teuerste Auto, das ich hatte, teurer als VW und teurer als Audi. Vielleicht müssen die aber auch so Preise verlangen, weil sie jeden Kunden nur ein einziges Auto verkaufen können und irgendwie muss man ja Geld verdienen. Ich bin von Renault auf jeden Fall geheilt.
Was mir allerdings nicht in den Kopf will, ist der Fakt, dass Renault eigentlich etwas von Autobauen versteht. Renault 5 Turbo, Alpine, Formel 1, verschiedene R.S. Modelle, Clio V6. Also warum, Renault?