Mein bestes Fahrer-Auto
Den 944 S Vierventiler (nicht Turbo) mit 190 PS (nicht 220 - bitte DRINGEND mal für ALLE älteren Typen die Eingabemaske überarbeiten, damit man die Fahrzeuge wenigstens korrekt benennen kann!) habe ich als 86er Baujahr 1992 mit 60.000 km auf dem Tacho gekauft und bis 1996 weitere 100.000 km gefahren.
In seinen Gebrauchseigenschaften war der Porsche mit Abstand das beste Auto, das ich jemals gefahren habe. Vor allem das Fahrwerk war konkurrenzlos gut, dank aufwendiger Konstruktion, ausgeglichener Gewichtsverteilung (Transaxle-Konzept - Getriebe im Heck) und niedrigem Schwerpunkt. Der Wagen war mit seiner direkt übersetzten Servolenkung sehr agil, exakt und handlich zu fahren, er blieb bis in den Kurvengrenzbereich ausgesprochen gutmütig und problemlos beherrschbarund lag vor allem selbst noch bei höchsten Geschwindigkeiten und böigem Seitenwind ruhig und sicher auf der Straße. Wo ich mich mit dem anschließend von mir gefahrenen und ganz sicher nicht schlechten BMW 735i nicht mehr schneller als 180 km/h traute, waren mit dem 944 S problemlos über 200 km/h möglich. Und sogar der Komfort war aller Ehren wert: in keinem anderen Auto bisher konnte ich lange Strecken so ermüdungsfrei fahren wie auf den exzellenten, serienmäßigen Sportsitzen des Porsche. Die Federung war straff, aber nicht ungebührlich hart.
Der Motor - ein großvolumiger (2,5 l) Vierventil-Vierzylinder mit 190 PS - lief dank Ausgleichswellen schön ruhig; nur bei niedrigen Drehzahlen nervte er unter Vollast mit dem unvermeidlichen Vierzylinder-Dröhnen. Er zog aber munter auch aus dem Drehzahlkeller hoch und jubelte willig bis zu 7000 Touren, wobei er ab mittleren Drehzahlen ein angenehm seidig singendes Klangbild entwickelte; da lief er sogar kultivierter als der Reihensechszylinder des BMW 735! Nur bei niedrigen Drehzahlen war er deutlich rauer als der große Sechszylinder. Das im Heck eingebaute 5-Gang-Getriebe war trotz des relativ langen Übertragungswegs knackig exakt, leichtgängig und mit kurzen Wegen zu schalten: mit Abstand das beste Handschaltgetriebe, das ich bis heute gefahren habe.
Sogar die Alltagstauglichkeit der Karosserie war sehr lobenswert. Mit den vorne aufklappbaren Scheinwerfern und der bis ganz hinten reichenden, großen Heckscheibe war das Auto beim Einparken mustergültig übersichtlich. Die große Heckklappe erlaubte problemloses Beladen, und für ein so relativ kompaktes Auto hatte man großzügig Platz für zwei Personen. Selbst ein zweieinhalb Meter hoher Weihnachtsbaum stellte den Porsche 944 vor keinerlei Probleme: die Lehne des Beifahrersitzes umgelegt, Heckklappe auf, Weihnachtsbaum von hinten bis in den vorderen Fußraum vorgeschoben, Heckklappe zu und heimgefahren. Die Heckklappe meines 944 hatte keinen Scheibenwischer und brauchte ihn auch nicht: dank guter Aerodynamik blieb die Heckscheibe auch bei Schmuddelwetter sauber. Nicht ganz so überzeugend alltagstauglich war lediglich das herausnehmbare Targa-Dach; das Herausnehmen und im Kofferraum Verstauen war so umständlich, dass ich das nur selten tat, und auch in geschlossenem Zustand nervte es ein bißchen mit Windgeräuschen.
Die Wintertauglichkeit war mit guten Winterreifen nicht herausragend, aber auch nie ein Problem.
Der Benzinverbrauch blieb mit 10,5 l Superbenzin auf 100 km im Rahmen, zumal ich einen nicht geringen Teil der 100.000 km mit Geschwindigkeiten über 200 km/h fuhr. Das exzellente Fahrwerk und nicht zuletzt auch das enorme Überholprestige des Porsche (manchmal war es geradezu peinlich, wie bereitwillig die Überholspur geräumt wurde, selbst wenn ich gar nicht vorhatte, schneller zu fahren...) führte dazu, dass ich mit diesem Auto im Alltag weitaus schneller unterwegs war als mit jedem anderen. Der Ölverbrauch unterwegs war vernachlässigbar; allerdings waren bei jedem Ölwechsel 6,5 Liter feinstes Synthetiköl fällig, weil man einen teuren Porsche-Motor natürlich nicht mit billigem Öl gefährden will. Motor und Getriebe liefen auch beim Wiederverkauf mit 160.000 km noch absolut tadellos, und Rost war an der vollverzinkten Karosserie auch nach 10 Jahren nirgendwo zu entdecken. Ein echtes Langzeit-Auto also, trotz der hochgezüchteten Sportwagentechnik.
Trotz all dem war der BMW 735i, den ich danach gefahren habe, unterm Strich das bessere Auto. Warum? Nein, nicht wegen des Platzangebots (nicht vergleichbar) oder Fahrkomforts (Porsche genauso gut!). Sondern wegen der doch deutlich größeren Reparaturanfälligkeit des Porsche - und vor allem wegen der schon damals (vor über 20 Jahren) unverschämten Ersatzteilpreise. Insgesamt blieb ich auf 100.000 km mit dem Porsche 4 mal liegen - genauso oft wie mit dem BMW auf 300.000 km... Es mußten u. a. die Ventilfedern (mehrere gebrochen), die Antriebsgelenke (eines davon gebrochen), der Hauptschalldämpfer (durchgerostet) und der Ölkühler (undicht, Öl im Kühlwasser) erneuert werden. Eine Fehlzündung beim Starten des Motors legte den Motor durch Herausprengen eines extra für diesen Fall vorgesehenen Überdruckstopfens im Ansaugtrakt lahm und machte eine teure Nachrüstung der Einspritzelektronik nötig, um diesen bekannten Fehler für die Zukunft auszuschließen. Und ein Kurzschluss im Motorraum legte nicht nur den Motor lahm, sondern ließ ein Kabel verschmoren, was beinahe zu einem Fahrzeugbrand geführt hätte. Eigentlich waren das alles zwar ärgerliche, aber eher kleine Reparaturen, nichts wirklich Schwerwiegendes. Aber die maßlosen Ersatzteilpreise (ich fragte mich damals ernsthaft, wieviele Millionen Mark ein komplett aus Ersatzteilen aufgebauter 944 wohl kosten würde...) machten daraus ein wirtschaftliches Desaster, sodass ich den Wagen trotz seiner grandiosen Gebrauchseigenschaften und des immer noch guten Gesamtzustands nach vier Jahren wieder verkaufte.
Fazit: nicht nur ein begeisternder Sportwagen, sondern vom Gebrauchswert her auch ein ausgesprochen vernünftiges, sicheres und praktisches Alltagsauto. Schade nur, dass die Werkstattkosten am Ende einen Strich durch die Rechnung machten.