Nie war mir der Blick für den Porsche verloren gegangen.
Drei Kinder wuchsen auf, da konnte nur ein großes und praktisches Auto dienlich sein. Jetzt leben wir wieder alleine, die Kinder gehen eigene Wege und der Porsche ist wieder in mein Gedächtnis gerückt.
Doch diesen irgendwann einmal selbst zu besitzen, war doch vorerst eine etwas seltsame Vorstellung.
Mehrfach hatte ich mir in den Jahren davor die Nase am blanken Glas des PZ eingedrückt. Es muss ausgesehen haben, als wenn eine Raubkatze um ihre Beute schleicht und nur auf den geeigneten Moment wartet.
Als ich dann auch noch den nächsten Schritt gewagt hatte, der Beute Auge in Auge gegenüber zu stehen, war mir klar, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, zuzuschlagen.
Freundlich wurde mir ein Kaffee angeboten. So ganz wohl war mir nicht, hatte ich mich doch bislang mit lapidarer Massenware auf der Straße bewegt und ein Porsche, vor allem ein 911er war für mich der Traumwagen schlechthin.
Außerdem ging mir der Gedanke nicht aus dem Kopf, was man alles mit 100.000 € und mehr anfangen konnte.
War mir dieses Auto soviel Geld wert?
War es das Image, das dieses Auto so interessant machte?
Waren es die außergewöhnlichen Fahrleistungen, die ich bislang noch nicht kannte?
Zwei Seelen kämpften in meiner Brust.
Ich wusste, wenn ich mich diesem Auto näherte und nur ein paar Kilometer damit fahren sollte, war es um mich geschehen.
Vorbei mit den sparsamen Gedanken, vorbei mit vernünftigen Argumenten, vorbei mit der Liebe zur Massenware.
In Gedanken versunken erschreckte mich der Satz des Verkäufers: Sie können gerne eine Probefahrt machen!
Damit war mein Schicksal besiegelt. Sollte ich nein sagen? Das kam doch wohl überhaupt nicht infrage.
Ich war in die heiligen Hallen vorgedrungen, hatte mich interessant gemacht, wie sollte ich jetzt noch einen Rückzieher machen können?
Wie gut, dass mein Deo gute Dienste leistete, denn so hier und da bildeten sich nicht nur auf der Stirn ein paar Tropfen.
Ich war doch nicht aufgeregt, ich doch nicht!
Auch mein Puls muss nach dieser Frage wohl etwas sprunghaft gestiegen sein. Vielleicht ein bisschen so, wie die Begegnung mit der ersten Liebe, - welch ein Vergleich!
Was soll's. Es steht einem Mann nicht, Gefühle und Emotionen zu zeigen, oder doch?
Draußen steht unser Probefahrzeug, ein Carrera S, hörte ich noch beiläufig.
Durch die Scheibe erkannte ich ihn, schwarz, schick und neu, 11.500 km, wie ich später feststellte.
Einen Moment danach saß ich im harten aber bequemen Gestühl des 911er.
Kennen sie sich aus? fragte er lächelnd. Nein, musste ich zugeben.
Er erklärte mir dies und das, ein wenig kannte ich das Auto ja auch.
Bei der Präsentation hatte ich kurz einen Platz ergattern können.
Als wenn es nur diesen einen Porsche auf der Welt gab, hätte man damals vermuten können.
Aber ich wollte nicht schimpfen, ich selbst hatte um einen Platz gekämpft.
Jetzt war Ruhe eingetreten, keiner wollte mir die erste Reihe streitig machen.
Schön war er, roch nach Leder, nach Geld und Emotionen und er sollte mich süchtig machen.
Die Tür viel ins Schloss. Etwas wackelig suchte ich das Zündschloss, der Porscheverkäufer lachte, peinlich, Porsches werden links gestartet.
Es sollte nicht der einzige Fehler heute bleiben.
Kurzer Dreh, er war da, leise brabbelnd nahm er seinen Dienst auf.
Oh, dachte ich, schon im Leerlauf klingt das mächtig gut, 3,8 l, 355 PS versprechen Gutes.
Rückwärtsgang, leise setzt sich das Auto in Bewegung. Ich verlasse das Gelände des Porsche-Zentrums, 100 km Vergnügen liegen vor mir.
Zurückhaltend bin ich noch unterwegs, Öltemperatur und Wassertemperatur warten auf Arbeit.
Ich fühle mich beobachtet, weiß der Mann von der Straße eigentlich, dass es sich um einen neuen 911er handelt?
Scheinbar fällt dieses Auto nicht auf, ein Privileg der Erbauer. 911er sind aus einem Guss, ob alt oder neu, ihre Form ist makellos, zeitlos, unauffällig. Etwas, das mir jetzt sehr entgegen kommt.
Aber es ist auch mein Fahrstil, so Porsche-untypisch langsam, ich lerne schnell.
Die Gänge fluppen, die Temperaturen incl. meiner haben Arbeitsniveau erreicht.
An der Ampel stehe ich zufällig auf der Poolposition, grün,
1.Gang, Gas, mir reißt es die Gelenke aus der Verankerung, damit hatte ich jetzt nicht gerechnet, 2. Gang, kein Unterschied.
Die ersten Fotos von mir werden gemacht, toll, ach, ne, was war das?
Gewitter?
Ich ahne Böses, waren das vorhin 80 km/h?
Der Schreck fährt mir durch die Glieder, kaum 5 km vom PZ entfernt und schon daneben benommen.
In regelmäßigen Abständen mahnen die Radaranlagen zur Mäßigung und ich bin prompt drauf reingefallen.
Etwas verhaltener geht es weiter.
Ich habe Zeit, das Interieur zu betrachten.
Vollleder, helles braun, sehr edel, alles liegt an der richtigen Stelle, etwas ungewohnt sind die vielen Knöpfe des PCM (Info Display)
Die Sitze hinten lassen mich lächeln, ich stelle mir vor, wie meine Söhne da Platz nehmen, beide über zwei Meter groß. Na ja, auch für kleinere Kinder schon etwas eng. Warum hat Porsche sie immer noch eingebaut, denke ich.
Inzwischen habe ich die Stadt verlassen. Die Landstraße schlängelt sich vor mir entlang.
Endlich kann ich den Gasfuß benutzen. Das Auto reagiert auf jede Fußbewegung, die Beschleunigung ist phänomenal, was sind 100 km/h für dieses Auto? Dass es zu fast 300 km/h fähig ist, mag ich mir kaum vorstellen.
Kurven? Wo sind sie eigentlich, sie werden einfach begradigt.
Das Fahren auf der Landstraße erinnert mich an ein Schienenfahrzeug.
Wie an der Schnur gezogen lässt er sich durch die Kurven fahren, einfach nur Klasse!!
Ich kann es nachvollziehen, warum dieses Auto süchtig macht.
Schon bald sehe ich das blaue Schild der Autobahn vor mir. Nach zwei Kilometern rechts ab, Autobahnauffahrten sind toll, denke ich. Mein Kopf hat Probleme, die Stellung zu halten.
Neben mir ein LKW, 2.Gang, 3.Gang, wo sind sie alle, die gerade noch neben mir waren?
Das Auto geht ab wie Schmidt‘s Katze auf der Jagd nach dem Frühstück.
Ich bin begeistert, wer will da noch etwas dagegen setzen, denke ich?
Noch bei 200 km/h merke ich, welche Kraft der Motor auf die Straße bringt.
Wie geht dann erst ein Turbo? Ich mag nicht daran denken.
Das Auto muss schießen, erinnere ich mich gelesen zu haben.
Die Porsche-Jünger haben ganze Arbeit geleistet.
Im Spiegel sehe ich zwei schillernde Lampen kommen, ein Audi.
Vor mir alles zu, doch bald ist die Bahn frei, 3. Gang, 4. Gang, 5.Gang, es geht voran, als wenn Daniel Düsentrieb seine Hand im Spiel hat.
Der Audi? Nichts zu sehen.
Der Tacho mahnt zur Mäßigung, mir ist gar nicht nach Rückfahrt zumute, aber ich sehe erschrocken die Kilometeranzeige, das waren schon 80 km?
Tolle Sitze, mein Rücken liebt den Porsche.
Nächste Abfahrt runter und zurück.
Mein Entschluss steht fest. Dieses Auto ist schlichtweg eine Zumutung! Eine Zumutung für den, der es fährt und nicht kaufen kann.
Die Beschleunigung, der Klang, das Handling, alles stimmt hier perfekt.
Auch meine Größe von 1,96 m macht hier kein Problem, da sah es im 996 schon anders aus. Vielleicht hat Walter Röhrl da seine Hand im Spiel gehabt.
Wehmütig sehe ich der Abfahrt entgegen, das PZ ist nur 2 km entfernt.
Ich genieße die letzten Kilometer, öffne die Scheiben und sauge den Klang auf, Abbiegung zu Porsche-Zentrum.
Ich werde schon erwartet, ein Grinsen weicht mir nicht aus dem Gesicht.
Die Frage: Wie war’s? erübrigt sich doch wohl.
Die Frage: Wann gehört er mir? lässt sich besser beantworten.
So schnell wie möglich!
Nächste Woche ist Termin!
Ein Cabrio soll es sein!
Ich bin infiziert, bis zur nächsten Woche, wenn ich es so lange aushalten kann.
W.L.