Erfahrungsbericht Opel Diplomat 5.4 V8 (230 PS) von Anonymous, November 2008
Das ist er, der Übeltäter! Wenn mich mein Langzeitgedächtnis nicht täuscht, ist er verantwortlich für den V8 Virus, der schon seit Teenagerzeiten in mir steckt.
Unser reicher Nachbar fuhr den dicken OPEL mit dem US-Herz.
Und dieses Herz war groooß. Reichliche 5385 ccm, verteilt auf 8 Zylinder in V-Form. 230 PS entwicklte das Aggregat,welches von der Konzernmutter GM gespendet wurde. Der Chevi V8 " Small-Block" war für damalige Verhältnisse gewaltig. Ein Porsche dagegen war geradezu untermotorisiert mit schlappen 130 PS.
Selbst ein 65er Mercedes 300 SE hatte mit 170 PS und 2 Zylinder weniger das Nachsehen.
Ein Schiff wird kommen, so stehts schon in der Bibel, und er kam! Allerdings wurde er nicht wirklich zur Erfolgsgeschichte.
Lediglich 347 mal wurde er verkauft, was vielleicht auch daran lag, das er alles andere als ein Schnäppchen war. Fast 26.000 harte Märker waren fällig für das Dickschiff..
Meinen nachbarn erschreckte das nicht sonderlich. Er war schon immer ein Fan der Kapitäne. Er fuhr nichts anders. Und so kam er dann 1966 mit dem schnicken Opel-Dampfer in den Hof gefahren. Er wußte, dass ich ein sehr krankes Kind war. Autokrank natürlich!
Und es war auch keine Frage, das ich für die Pflege verantwortlich sein würde. Diese Aufgabe hatte ich schon beim Kapitän. 5.- DM gabs fürs Waschen - gar 20.- fürs 2 malige Polieren im Jahr. Früher durfte man das noch, ich meine Autowaschen im Hof, und es scherte keinen, wo die ölige Brühe verschwand. Dafür gabs auch noch jede Menge Fahrten, ob in die Schule, oder zum Training. Er nahm mich mit, wann immer sich die Gelegenheit bot.
Es war schon ein erhebendes Gefühl auf Leder zu sitzen, welches aufpreispflichtig im Diplomat verbaut war. Man rutschte zwar auf den Sitzen rum wie auf Schmierseife und Seitenhalt war jedenfalls nicht angesagt. aber das tat dem Vergnügen keinen Abbruch.
Auch der Sound des Schiffes war großes Kino. Blubbernd und wummernd wie ein Schiffsmotor, der sich hin und wieder verschluckt, tönte er bassig aus 2 dicken Rohren. Das hörte sich anders an, als das 2 Takt Geräusch unseres DKW Laubfrosches. Wenn ich nur schon an das Geschepper denke, bekomme ich Angstzustände.
Im Zusammenspiel mit seiner "Powerglide"-Zweigangautomatik
( mehr waren es tatsächlich nicht!) und mächtigen 427 Nm Drehmoment ging das riesige viersitzige Coupé in unter 10 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit lag bei annähernd 210 km/h. Damit war er zu seiner Zeit eines der schnellsten Automobile auf dem deutschen Markt.
Holz und Chrom satt, auch wenn das Holz nicht sonderlich edel aussah, eher schon wie aufpolierte Reste des letzten Weihnachtsbaumes, aber immerhin! Das Lenkrad - filigran und riesig. Passend zu dem Schiff mit 5.00 Metern Länge.
Das ganze Auto schlicht imposant. Klassisch schön, ohne Schnörkel.
Verhaltener Luxus und Eleganz zeichneten das Coupe aus. So hatte er schon hydraulische Lenk- und Bremshilfen, Scheibenbremsen und Nebelscheinwerfer. Im Innenraum dominieren tiefe Teppiche, sowie ein Bandtacho, der bis 250 km/h reicht. Wow, das war schon beeindruckend!! Elektrische Fensterheber, von innen verstellbare Außenspiegel und Fußraumleuchten im Fond waren absolut exklusive Ausstattungsdetails! Nur wenige Exemplare des Coupés sind noch erhalten, eines davon ist im Bestand der historischen Sammlung der Adam Opel AG.
10 Jahre lang fuhr unser Nachbar das Teil, und es kümmerte ihn nicht die Bohne, das der V8 durstiger war wie jeder Matrose. Nicht einmal während der ersten Ölkrise legte er das Dickschiff still.
Ich habe zwar keine eigene Erfahrung mit dem großen, aber "erfahren" habe ich ihn. Ich wollte einfach mal erinnern, an ein herrliches Auto aus den 60er Jahren.
Die Bilder sind aus dem Internet gesammelt, die Daten aus einem uralten Autoquartett, welches ich noch immer habe, und wohl auch niemals hergeben werde.