Bei unserem diesjährigen Familientreffen hatte ich Gelegenheit, den neuen Astra Sportstourer in der 85-kW-Automatikversion (Edition) probezufahren. Auf einer einstündigen Fahrt nahmen seine stolzen Besitzer unseren Golf 5 Variant (90kW-TSI mit DSG) und wir ihren Astra.
Schon als beide nebeneinander parkten fiel auf, dass der Astra noch länger als der ohnehin nicht kleine Golf ist. Design: Absolut gelungen!
Sportlich-elegante Form, alles "passt" optisch und nichts wirkt überladen. Das Heck ist deutlich schicker als beim Golf, muss ich neidlos anerkennen. Dass das Design auch Nachteile hat, zeigte sich beim Einsteigen...
Vorne ist der Platz auch für mich mit knapp 1,90 m noch gut ausreichend, auch nach oben. Sitzverstellbarkeit ist ausreichend - ganz runter und ganz zurück. Beinfreiheit durch die breite Konsole nicht so doll.
Hinten dagegen wollte ich so aber keinen Kilometer mitfahren, da fühlte ich mich an unseren Zweitwagen Polo erinnert. Man fragt sich, wo die Außenlänge des Astra innen geblieben ist? Unser Golf scheint mir da überall deutlich mehr Platz zu bieten. Die Sitze sind sehr angenehm und bequem, bieten guten Halt.
Die Materialien machen durchweg einen guten Eindruck, da hat Opel saubere Arbeit geleistet. Die silbergrauen Designelemente an Armaturen und Türen sehen gut aus, Instrumente sind gut ablesbar, Blinker- und Wischerhebel stehen aber seltsam schräg nach oben, das wirkt immer wie eingeschaltet. Die Mittelkonsole erfordert ob ihrer Knöpfchenvielfalt erst mal ein ausgiebiges Studium - reinsetzen und gleich losfahren geht beim Golf, nicht aber im Astra.... Vor allem stören mich die Trennung zwischen Radiobedienung und -Anzeige und die gleich großen, zu klein beschrifteten Bedienknöpfe, die viel zu wenig optisch getrennt sind. Das ist nicht ergonomisch, sondern schlicht ablenkend und oft unlogisch.
Der nächste Kritikpunkt am Astra ST ist die wirklich schlechte Übersichtlichkeit nach hinten bzw. schräg hinten. Durch die ansteigende Seitenlinie, die von außen so schön dynamisch aussieht, und die breiten Dachsäulen ergeben sich hinten nur noch kleine Fensterflächen, die ein Rückwärts-Einparken ohne Parkpilot zum kleinen Abenteuer werden lassen - dieser also ein absolutes Muss. Nach vorne ist die Sicht ähnlich wie beim Golf, das vordere Ende kann man nur erahnen - das ist aber eher Gewöhnungssache.
Zum Kofferraum: Größe wie im Golf, praktische Details wie zweites Staufach, niedrige Ladekante und ein pfiffiges Rollo, das auf Antippen hochschwenkt oder zurückschnurrt. Mitgedacht und gut gemacht!
Zum Fahren an sich: Das straffe, aber doch komfortable Fahrwerk hat reichlich Reserven. Auf einer einstündigen Fahrt im Stuttgarter Umland auf kleinen bis vierspurigen Straßen zeigte es sich souverän und den Anforderungen des, na ja, braven Motors stets gewachsen.
Die 1,6l-Motor-Automatik-Kombination scheint mir etwas überaltert, wenn man TSI und Siebengang-DSG gewöhnt ist. Die 115 PS schienen vom Sechsgang-Automaten eher unwillig in Vortrieb umgesetzt zu werden, begleitet von deutlichen Schaltvorgängen incl. "Heute-schon-genickt";-)
Immerhin ist der Motor angenehm leise, und die Bremsen sind bestens. Der Radioempfang und -Klang sind ordentlich.
Fazit nach einer Stunde: Als schicken Kombi für Zwei, mit ansprechendem Design, großem Kofferraum und durchdachten Detaillösungen empfehlenswert, aber mit besserem Motor (1.4-Turbo) und, da Opel (noch) kein DSG anbietet, als Handschalter. Viele notwendige Extras seien in der Basisausstattung nicht erhältlich (so die Parkpiepser!), die Bedienung ist teils unnötig kompliziert (man gewöhne sich aber nach ein paar Tagen dran, hieß es) - OK.
Wer wie ich einen Familienkombi mit viel Platz innen und hinten, guter und einfacher Bedienung und spritzigem TSI-Motor samt dem genialen DSG will, kommt am Golf Variant nicht vorbei. Deshalb mein "Weiß nicht" bei der Empfehlung.
(Übrigens fragte mich mein Cousin beim "Rücktausch" ob ich sicher sei nicht doch einen Passat zu fahren ;-)))