Preis-/Leistung:
Mit einem Wort: Passt!
32.000 Euro hat mich der Wagen (als Doppelkabiner, LE mit kurzer Ladefläche) neu gekostet, inkl. original Nissan Schwerlast-AHK, Ladeflächenschutzwanne und Mehrzweckstaubox. Die von mir gewählte Ausstattungslinie nennt sich "Executive". Ich habe mich bewusst für den Automaten entschieden, da ich nicht gerne schalte und mich so z.B. im Gelände aufs eigentliche (anspruchsvolle) Fahren konzentrieren kann. Gerne hätte ich den 231 PS-V6 genommen, aber bei einem damaligen Aufpreis von rund 10.000 Euronen blieb es beim R4-Diesel. Der generell hohe Nutzwert dieses Wagens gepaart mit dem bärenstarken Motor, den (sperrbaren) Mittel- und Hinterachsdifferential sowie der trotz seines nicht zu verleugnenden Lkw-Charakters dennoch bequemen und dadurch hohen Reisetauglichkeit rechtfertigen in meinen Augen seinen Preis.
Design & Styling:
Natürlich immer subjektiv zu betrachten. Mir gefällt das Design absolut, die kantige, robuste Erscheinung entbehrt trotzdem nicht einer gewissen Eleganz. Auch Innen wirkt er gar nicht "Lkw-like". Nissan hat es geschafft, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen ohne dabei auf Kitsch und aufdringlichen Design-Schnick-Schnack zurückzugreifen. Das Design wurde hinsichtlich der Bestimmung und damit einhergehenden Praktikabilität aufs Wesentliche reduziert, dabei allerdings sehr elegant und erfreulich unaufdringlich verpackt. Alles ist auf den Fahrer zugeschnitten, eine unkomplizierte Bedienung des klar gegliederten, übersichtlichen Cockpits gehört ebenso dazu.
Verarbeitungsqualität:
Auch hier gibt es erstaunlich wenig bis gar nichts zu meckern. Betrachtet man das Ganze unter dem Aspekt, dass der Navara ein Lkw und u.a. als Arbeitstier z.B. für Länder mit rudimentärem Straßenbau konzipiert ist, so ist die Verarbeitungsqualität top. Spaltmaße passen rundum, alles ist gerade und optisch ansprechend verbaut. Dasselbe gilt für den Innenraum Die Haptik ist ohne Fehl und Tadel, es scheppert und klappert nichts, auch nicht im Gelände. Dank seines hochstabilen Leiterrahmens sowie der nahezu unzerstörbaren weil technisch simpel konstruierten hinteren Starrachse verzieht sich bei verschränkter Fahrt nichts, so dass z.B. die Türen jederzeit aufgehen ohne im Rahmen verzogen zu sein. Nach drei Jahren sieht der Innenraum frisch wie am ersten Tag aus. Die verwendeten Materialen im Innenraum sind dem Sinn des Navara entsprechend robust (dennoch ansprechend aussehend) ausgelegt und widerstehen auch Kratzattacken. Sie können auch nass abgewaschen werden.
Wo Licht ist natürlich auch Schatten. Der Fahrersitz bzw. dessen Verstellräder sind schlecht konstruiert. Mit der Zeit scheuert dadurch der Sitzbezug an den Verstellrädern durch. Nissan spendierte im Rahmen der Garantie einen neuen Sitzbezug. In drei Jahren werde ich ihn dann wohl selber bezahlen müssen. Die Verkleidung der linken A-Säule war falsch (schief) montiert, was jedoch mit neuen Halteclipsen in Eigenleistung schnell behoben werden konnte.
Verbrauch:
Wer sich diesen Wagen kauft tut das nicht wegen seiner Top-Verbrauchsökonomie und darf diese auch nicht erwarten. Es ist immerhin ein Lkw mit einem Leergewicht von knapp 2.1 Tonnen - und die wollen bewegt werden. Mit dem Luftwiderstand einer Garage kann man daher die Werksangaben als durchaus realistisch betrachten. In der Stadt, mit gestreicheltem Gaspedal, fahre ich ihn um die 11-11.5 Liter. Darunter geht es kaum. Außerorts (80-100 km/h) erreiche ich Werte um 8.5-9.0 Liter. Auf Autobahnen (bei 120-130 km/h) genehmigt er sich zw. 10.5-13 Liter. Unter den genannten Aspekten geht der Verbrauch aus meiner Sicht durchaus in Ordnung. Der Tank umfasst 80 Liter (Serie), optional sind 120 Liter möglich.
Motorisierung/Getriebe:
Der neu aufgelegte 2.5 Liter R4-Diesel mit 190 PS und 450 Nm Drehmoment reicht im Prinzip völlig aus. Er ist bärenstark, vor allem im unteren Drehzahlbereich. Das max. Drehmoment liegt früh an (im Gelände besonders hilfreich). Der von Nissan selbst konstruierte Common-Rail-Diesel (der V6 ist von Renault) beschleunigt leer in weniger(!) als 10 Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit beträgt ca. 180 km/h (dann säuft er aber wie ein Loch; zw. 18-22 Liter). Der Motor wird nie aufdringlich laut (was auch dem sehr gut gedämmten Innenraum geschuldet ist), seine Selbstzünder-Herkunft verleugnet er aber auch nicht wirklich. Insbesondere nach dem Kaltstart fühlen sich Nostalgiker und Fans alter Deutz-Traktorendiesel bestätigt. :-) Der Sound hat aber auch Charme und passt zu dem Wagen.
Der 5-Stufen-Automat (4+Overdrive & manueller "Sport"-Modus) ist, was seine Konstruktion betrifft, schon etwas älter, schaltet aber unmerklich (ruckfrei). Die Schaltpunkte sind -für deutsche Geschwindigkeitslimits- schlecht. Erst ab 35 km/h geht es in die Dritte und erst ab 57 km/h in die vierte Stufe, wo er dann mit verbrauchsgünstigen 1200 U/min dahinzuckelt. Der Kickdown spricht spontan an (kein Turboloch). Die manuelle Schaltfunktion ist Onroad überflüssig, im Gelände hat sie durchaus ihren Sinn.
Das Mitteldifferential ist mechanisch im Stand sperrbar, sorgt aber dann für ordentlichen Vortrieb in unwegsamen Gelände. Zusammen mit der (optionalen) 100%-Sperre des hinteren Differentials (sehr empfehlenswert und nur 620 Euro Aufpreis) fährt der Nav als gäbe es kein Morgen. Aber auch nur mit dem serienmäßigen selbstsperrenden Differential ist der Nav über Stock und Stein gut gerüstet.
Alltagstauglichkeit - Onroad:
Auf trockenen und festen Straßen fährt der Nav i. d. R. nur mit Hinterradantrieb. Der Frontantrieb kann aber auch während der Fahrt (bis 80 km/h) zugeschaltet werden (die Sperre, da mechanisch, natürlich nicht). Dadurch wird eine 50:50 Drehmomentverteilung/Kraftschluss zwischen Vorder- und Hinterachse geschlossen. Er fährt sich trotz seiner Größe und Abmessungen Onroad sehr bequem, auch dank der tollen Übersichtlichkeit rundum. Seine Länge von 5,22 Metern setzt ihm jedoch -insbesondere in der Stadt- manchmal deutliche Grenzen, Standard-Parkplätze sind nicht unbedingt seine Freunde. Der Wendekreis von 14(!) Metern tut sein Übriges dazu. All das weiß man aber vorher und kann so entsprechend darauf eingestellt seine Ziele auch innerstädtisch erreichen. Die im "Executive"-Paket enthaltene Rückfahrkamera mit Ziellinienführung und Einschlagswinkelanzeige ist Gold wert, sowohl beim Rangieren als auch beim Ankoppeln eines Hängers. Die Spiegel sind elektrisch anklappbar (zum Glück). Hinten jedoch will man nicht wirklich lange sitzen, die Lehnen stehen einfach zu steil und die Knie müssen zu stark angewinkelt werden. Personen mit einem Rückenleiden mögen dies allerdings als Vorteil empfinden. Da wir nur zu zweit sind stört mich das jedoch nicht. Die Rückbank ist komplett hochklappbar, so dass zusätzlicher Stauraum entsteht.
Zum Komfort sei noch folgendes angemerkt: Pickup-typisch besitzt der Navara eine hintere Starrachse mit Trommelbremsen an Blattfedern. Dies ist der hohen möglichen Zuladung geschuldet und schmälert den Federungskomfort ein wenig. Leer poltert die Achse gerne mal auf unebener Fahrbahn/Querfugen. Nichtsdestotrotz bietet sie aber auch Vorteile. Dank ihrer mechanisch simplen Konstruktion ist sie sehr wartungsarm bzw. wartungsfreundlich. Im Gelände verschränkt sie stark so dass quasi immer bzw. sehr lange Bodenkontakt beider Räder herrscht.
Alltagstauglichkeit - Offroad:
Die Bodenfreiheit beträgt gut 23 cm, der Böschungswinkel vorne 29 und hinten 22 Grad. Serienmäßig besitzt der Navara an der Hinterachse ein selbständig sperrendes Differenzial mit begrenztem Schlupf (sehr hilfreich, sollte ein einzelnes Hinterrad an Traktion verlieren). Die zusätzliche Geländeuntersetzung (Mitteldifferential sperrbar, kurz: 4LO) verhilft dem Navara nochmals zu mehr Traktion und somit zu mehr Vortrieb auch auf anspruchsvollstem Terrain. Aufgrund dieser Eigenschaften handelt es sich bei dem Nav um einen exzellenten Offroader und es dauert schon recht lange, bis auch er nicht mehr weiterkommt - und dann hilft sowieso nur noch ein Unimog. ;-) Lediglich die Watttiefe ist ein Armutszeugnis für ein derartiges Auto: Nur 500 mm gestattet Nissan, dann gibt es entweder nasse Füße und/oder der Motor läuft Gefahr an einem Wasserschlag zu verrecken. Der Schnorchel ist daher für den Wasserdurchfahrten liebenden Geländepuristen unabdingbar. Den Innenraum kriegt man relativ schnell wieder trocken, ein Wasserschlag kann das finanzielle Desaster sein. Beim Überqueren von Kuppen sollte man ob seiner Länge auch darauf Acht geben, ihn nicht aufzusetzen. Die Einstiegshilfen ("Rockslider") sind im Gelände eher hinderlich, können aber leicht demontiert werden.
Unterhaltskosten:
Diese liegen eher im oberen Bereich, sind aber nicht exorbitant. Naturgemäß schlagen die regelmäßigen Spritkosten am deutlichsten zu Buche, gefolgt von der Steuer (475 Euro p.a.) und der Versicherung. Meiner ist als Lkw zugelassen, die Versicherung (VK 500 SB; TK ohne SB) beträgt 68 Euro pro Monat (SF10). Inspektionskosten zw. 300-400 Euro. Eine Steuer-Umschlüsselung auf Pkw hat mein Finanzamt abgelehnt, da der Nachweis der Nutzung des regelmäßigen Gütertransportes nicht erbracht werden konnte und somit eine -ausschließlich private- Personentransport-Verwendung vorläge.
Störungen:
KM-Stand 2000
Getriebeschaden (Drehmomentwandler). Nissan sorgte im Rahmen der Garantie umgehend für ein (modifiziertes) neues Getriebe.
KM-Stand 11000
AGR-Ventil ausgefallen. Nissan sorgte im Rahmen der Garantie umgehend für ein neues Ventil eines anderen Herstellers.
KM-Stand 25000
Fahrersitz im Bereich der Stellräder durchgescheuert. Nissan sorgte im Rahmen der Garantie umgehend für einen neuen Sitzbezug. Jetzt habe ich wieder für 25000 km Ruhe.
Seit KM-Stand 11900 störungsfreier Betrieb.
Fazit:
Erstklassiger, gut aussehender Straßen- und Gelände-Truck, vielseitig verwendbar, äußerst robust, bärenstarker Motor, wertstabil und (unterhaltsbezogen) finanzierbar. Er zieht ordentlich was vom Teller.
P.S.: Der Wagen auf den Fotos ist übrigens mein Navara. Der Grund für das "Frontier"-Logo liegt u.a. in einem Wettbewerb zwischen mir und meinem amerikanischen Freund begründet. ;-) Das leicht abnehmbare Trucktop (2000 Euro inkl. Lack) mit optionalen "Heavy-Duty-Rails" ist von "Carryboy" und steigert den Nutzwert der Ladefläche um 100%.