Als Auto für die 6-köpfige Familie kamen vor gut 2 Jahren eigentlich nur 3 Modelle in Frage, die unseren Ansprüchen an Raumangebot und Komfort genügten:
VW Bus Multivan
Renault Traffic
Mercedes V-Klasse
Wir haben wir uns schließlich für einen damals knapp 4 Jahre alten Mercedes V 220 cdi Fashion mit Automatikgetriebe entschieden, vor allem wegen des günstigen Anschaffungspreises auf dem Gebrauchtwagenmarkt auch im Vergleich zu den beiden anderen zur Auswahl stehenden Fabrikaten. Die Warnungen, dass man bei diesem Auto ständig Reparaturen zu erwarten habe, wurden zwar vernommen, aber doch nicht so recht geglaubt. Dass das auch bei den letzten Modellen der Baureihe 638 mit schon etwas Modellpflege seitens des Herstellers noch immer so schlimm sein würde, hileten wir für eher unwahrscheinlich.
Außerdem, und das war auch gut so, kauften wir nicht von privat, sondern von einem auf Mercedes spezialisierten Händler, der auch zu seiner halbjährigen Händlergewährleistung stand. Die mussten wir dann alsbald auch in Anspruch nehmen, schon nach 3 Monaten lief die Kiste nur noch unter heftigster Rauchentwicklung maximal 30 -40 km/h, das Verhalten kam von einem Tag auf den anderen ohne jegliche Vorwarnung. Für mich sah das erst mal ganz schlimm aus, ich vermutete schon eine defekte Zylinderkopfdichtung, aber der Händler nahm das Auto mit und brauchte eine Woche, um den Fehler zu finden und zu beseitigen:
Die Abgasrückführung war total verrusst und mußte komplett gereinigt werden. Der Händler hat das ohne den Einbau neuer Teile hingekriegt, weil er die ja auch hätte bezahlen müssen, mit Sicherheit hätte die Reparatur bei einer Mercedes Vertragswerkstatt einen Haufen Geld gekostet, die hätten einfach alles neu eingebaut. Seit dieser Prozedur läuft der Motor aber nun wirklich tipp topp, kann man nicht meckern, und Gott sei Dank kam seither der Betrieb des Wagens in diesem sogenannten Notlaufbetrieb nicht mehr vor, den die Motorsteuerung zum Schutz des Aggregats anwählt, wenn sie kritische Fehlermeldungen erreichen (wie z.B. duch eine verstopfte Abgasrückführung).
Weitere Reparaturen und Wartungen in den letzten beiden Jahren, die dann leider keiner Garantie mehr unterlagen:
Inspektion mit Ölwechsel und Klimawartung bei 43 000 km (Händlerwerkstatt, Euro 250,-).
Neue Starterbatterie bei ca. 45 000 km (freie Werkstatt, Euro 120,-).
Neues Quersperrventil an der elektrischen Niveauregulierung bei ca. 47 000 km (Mercedes Vertragswerkstatt, Euro 310,-(!)).
Für neuen TÜV und neue AU sowie auch neue Bremsscheiben vorne und Bremsbeläge vorne bei ca. 54 000 km (freie Werkstatt, Euro 410,-).
Suche nach leichtem Schlackern in der Lenkung bei ca 80 km/h - 100 km/h mit den zu diesem Zeipunkt montierten Winterrädern, dabei tief steckende Schraube in einem Reifen gefunden und entfernt, es wurde dort dann ein Schlauch eingezogen. Alles bei Mercedes Vertragswerkstatt incl. Wuchtung aller Räder überprüfen Probefahrt etc. für gerade Mal Euro 50,- (Häää?!) das Schlackern ist aber noch immer da, muss an den Winterrädern liegen, denn mit den Sommerrädern ist alles bestens, egal, die Wintergummis werden noch mindestens einen Winter runtergefahren.
Säuberung der Lichtmaschine von Ölverschmutzung und Fixierung eines gelösten Schlauches, aus dem das Öl heraus tropfte (freie Werkstatt, Euro 250,-).
Neuer Luftkompressor für die elektrische Niveauregulierung bei 57 000 km (Ersatzkompressor von alternativem Anbieter für Euro 400,- geholt, Aus- und Einbau selbst gemacht).
Austausch der erst 18 Monate alten Austauschbatterie auf Garantie, da war dieser Akku auch schon wieder platt (da kann jetzt aber der V nix dafür, oder?).
3 Monate später wieder Batterie schlappß, diesmal wars der Lichtmaschinenregler (freie Werkstatt, Euro 220,-).
1 Monat später wieder schwache Batterie, jetzt musste dann doch die ganze Lichtmaschine getauscht werden....
Das ist schon reichlich Ärger für ein Fahrzeug mit dem Stern auf der Motorhaube, aber ich muss doch auch mal sagen, wenn man den Wagen in Schuss hält, macht es schon Freude, ihn zu fahren. Er bietet reichlich Platz auch auf den hinteren Sitzen, die wir in Vis a Vis Anordnung platziert haben, so dass unsere 4 Kinder sich während der Fahrt besser unterhalten können. Jeder der 5 Einzelsitze (normal 4, der 5. ist Zusatzausstattung) hat hier sein eigenes, integriertes Dreipunktgurtsystem, der Zugang durch die große Schiebetür ist sehr komfortabel und das kantige Heck bietet trotz der noch recht kompakten Gesamtlänge des Fahrzeugs von 4,85 m einen noch ganz ordentlichen Kofferraum. Das Fahrverhalten und der Federungskomfort sind auch unter schwerer Beladung ganz okay, nicht zuletzt wegen der Niveauregulierung an der Hinterachse, aber Kurvenlage und Bremsanlage könnten etwas straffer ausgelegt sein für meinen Geschmack.
Das Fahrverhalten unseres V hat sehr gewonnen durch Änderung der Sommerbereifung auf 215/60R16 auf Alufelgen mit ET 45 mm für eine breitere Spur statt der originalen Stahlfelgen 6JX15 mit ET 60 mm und 195/70er Bereifung.
Ansonsten fährt es sich sehr bequem mit Automatikgetriebe, Klimatronic und Zusatzklima im Fond und den beheizbaren Vordersitzen, weniger toll ist aber die Heizung, die im Fußraum für Fahrer und Beifahrer kaum Warmluft verteilt, immer kalte Füße. Der Innenlüfter ist laut, inzwischen auf Stufe 3 und 4 noch lauter geworden, muss demnächst wohl ausgetauscht werden. Weitere Schwachstellen sind die Zentralverriegelung, die fast ständig ein Problem mit irgendeinem der Türkontakte hat und dann erst nach zweimaligem Drücken der Schliessen-Taste tatsächlich schließt sowie die elektrischen Ausstellfenster hinten, von denen eines zunächst sporadisch und jetzt konstant nicht mehr funktioniert. Ebenfalls nicht so toll ist die Geräuschdämmung zum Motorraum hin und auch die Lackierung, wo man schon mal die ein oder andere Roststelle behandeln und mit dem Lackstift nachtippen muss, bevor es schlimmer wird.
Der Verbrauch ist mit selten mal 9 - 10, meistens über 11 Litern nicht wahnsinnig günstig, das liegt aber wahrscheinlich auch am 4-Gang-Automatikgetriebe, und daran, dass das Auto bei uns auch viel Kurzstrecke fährt, auf längerer Autobahnfahrt mit verhaltenem Tempo waren auch schon mal nur knapp 8 Liter Verbrauch machbar.
Also alles in allem ein gemischtes Bild, hoher Praxisnutzen steht einer doch für Mercedes schlechten Verarbeitung und Zuverlässigkeit gegenüber. Gut gedacht und schlecht gemacht könnte das Motto heißen bei diesem Auto. Bei einem geforderten Neuwagenpreis von gut Euro 36.000,- für unseren V hätte ich mich schwarz geärgert bei dieser Anzahl von Defekten, hätte ich den Wagen neu gekauft. Als Gebrauchten mit etwa Euro 5000,- Preisvorteil zu einem Multivan gleichen Baujahres und gleicher Laufleistung kann ich das Fahrzeug schon noch empfehlen, wenn das Geld für die Anschaffung knapp ist, aber nur, wenn man selber schrauben kann oder eine günstige freie Werkstatt an der Hand hat.
Bild titelte damals "V wie Verzweiflung" beim Test der V-Klasse, da war (und ist) schon was dran...