Erfahrungsbericht Mercedes-Benz T1 210 D (95 PS) von FridolinT1, April 2017
Als Fan muss ich dem Auto natuerlich 5 Sterne vergeben, nuechtern betrachtet aber vermutlich nicht mehr als 3, daher gibt's 4 Sterne :-)
Positiv:
Sitzposition, Raumausnutzung, Optik, Motor, Getriebe, Verfuegbarkeit technischer Ersatzteile, Fahrkomfort (Federung, Strassenlage), Verarbeitung
Negativ:
Rostanfaelligkeit, Geraeuschpegel bei hoeheren Geschwindigkeiten, Kraftstoffverbrauch bei hoeheren Geschwindigkeiten, teilweise billige Materialen (Nutzfahrzeug halt), eingeschraenkte Verfuegbarkeit von Karosserieteilen und dann teuer
Kommt man von einem VW T5/T6 oder von einem modernen Sprinter/Crafter, dann ist ein T1 sicher ein ganz grosser Schritt in die Vergangenheit. Blechern ins Schloss fallende Tueren, relativ schwer schliessende Schiebetuer, Geraeuschpegel, (alt-) Lkw-artige Sitzposition, langer Schalthebel, dank Motorkiste zwischen den Fussraeumen eingeschraenkter Platz (und Durchgang nach hinten vom Fahrerplatz etwas eng) machen keinen Hehl daraus, dass die Konzeption 40 Jahre alt ist. Auf der Autobahn ist man besonders an Steigungen auch mal Ziel von Angriffen (dichtes Auffahren und gefaehrlich enge Ueberholmanoever) durch aggressive Lkw- und Reisebusfahrer. In der Ebene sind je nach Hinterachsuebersetzung und Motor/Getriebevariante auch mal 130 km/h drin, dann kann man aber der Tanknadel buchstaeblich bei der Bewegung in Richtung des roten Feldes zuschauen und dem Motor ist das Vollgasfahren auch nicht zutraeglich.
Insgesamt ein sehr praktisches und auch mit dem mittleren Radstand absolut alltagstaugliches Auto (gut, Parkhaeuser und kurze Parkluecken sind tabu), das mich seit 25 Jahren nicht los laesst. Wenn man noch einen der ganz wenigen noch brauchbaren T1 ergattern kann, darf man sich nicht vom hohen Preis abschrecken lassen, mehr oder weniger rostfreie Exemplare aus Bestaenden von Feuerwehr, Katastrophenschutz und DRK/Johanniter koennen gern mal jenseits von €8.000 kosten, hier darf man sich aber auch nicht alles bieten lassen. Erster Schritt nach dem Kauf muss aber auf jeden Fall eine sehr umfangreiche Hohlraumversiegelung sein (Schweller, Tueren, Seitenwaende, Bereiche zwischen Rahmen und Aufbauboden, Quertraeger im Motorbereich) um den Zustand zu erhalten.
Trotz extrem niedriger Laufleistungen sind die Benziner 208/308/210/310 billiger als der grosse Diesel, allerdings sind die auch nochmal deutlich durstiger. Dank (optionalem) 3-Wege-Kat und Umruestbarkeit auf Gasantrieb sind diese Autos dann jedoch auch in Umweltzonen nutzbar, was bei den Dieseln nicht geht.
Noch ein paar Worte zu den Selbstzuendern: die aelteren OM615 im x07D aus dem /8 sind nicht empfehlenswert, sie haben keinerlei Durchzugskraft oder spuerbares Drehmoment und werden extrem laut bei hohen Drehzahlen. Der 3-Liter Fuenfzylinder aus dem x09D ist da die bessere Wahl, im Vergleich zu den ab 1988 verbauten OM601/602 in den x08D und x10D aber auch durstig und wenig kraftvoll.
Erste Wahl muss der OM602 mit 95PS sein (im x10D), aber auch der kleinere Vierzylinder OM601 mit 78PS (x08D) ist ein anstaendiges Triebwerk, solange es nicht in einem Wohnmobil oder im Anhaengerbetrieb verwendet wird.
Obacht beim 4.7-Tonner 407D-410D: Zwillingsbereifung hinten, kuerzere Getriebe- und Achsuebersetzung stehen dem moeglichen langen Maxi-Aufbau gegenueber, den es allerdings auch als 308D/310D mit Einzelbereifung gab. Der ist dann jedoch als Alltagsauto nicht mehr brauchbar.