Der 500 SE Bj. 1985 befand sich im Besitz des Vaters eines engen Freundes, der damals aufgrund einer Erkrankung und seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr gerne selbst fuhr und mich daher des öfteren als Chauffeur engagierte, um z.B. Fahrten innerhalb des Stadtgebietes zu Behörden u.ä. zu absolvieren und auch, um regelmäßig sein Wochenendhaus am Chiemsee aufzusuchen. Daher konnte ich mir ein ganz gutes Bild von dem Auto machen.
Zunächst einmal muß ich sagen, dass der 126er mir persönlich von allen S-Klasse-Limousinen seit den Heckflossern immer noch am besten gefällt.
Ich finde, die Karosserie hat eine sehr klare und zeitlos elegante Linie
(man denke nur an den übergroßen und wuchtigen Nachfolger W 140, der diese Eleganz völlig vermissen lässt).
Auch der Innenraum war schnörkellos und Mercedes-typisch eher nüchtern gehalten, aber auch da herrschte eine zurückhaltende Eleganz vor. Bedienungsmäßig gab der 126er keine Rätsel auf, alles saß am richtigen Platz. Wenn man vorher einmal irgendeinen Mercedes gefahren hatte, fand man sich sofort zurecht.
Über das Platzangebot brauche ich nicht viel zu sagen, es war mehr als großzügig. Für Menschen, die sich grundsätzlich haben fahren lassen,
gab es auch noch die Langversion SEL, da konnten auch hinten 2-Meter-
Hühnen die Beine ausstrecken.
Die Sitze waren sehr breit und recht weich, aber bequem. Das in diesem Auto verwendete Veloursmaterial war für meinen Geschmack angenehmer als Leder und von allererster Qualität, wie überhaupt alles an dem Fahrzeug.
Der Federungskomfort war ein Traum. Ich persönlich fand das Auto etwas weich, mir war der normale Mercedes W123 schon sanft genug.
Aber die S-Klasse war nochmal eine andere Kategorie.
In Verbindung mit dem fast lautlosen V 8 und der praktisch ruckfrei schaltenden Automatik entstand ein Gesamtkomfort,
der nur schwer zu überbieten sein dürfte, auch von neueren Modellen dieser Fahrzeugklasse. Darüber gab's dann eigentlich nur noch Bentley oder Rolls-Royce.
Der Motor war bei Bedarf zu enormen Fahrleistungen fähig, ein fester Tritt auf's Gaspedal ließ den sehr schweren Wagen mit Brachialgewalt beschleunigen. Allerdings war das weich abgestimmte Fahrwerk dafür eigentlich gar nicht gebaut, es ging dabei recht schwammig zu.
Hohe Dauergeschwindigkeiten auf der Autobahn waren schon eher machbar, denn der Geradeauslauf war perfekt. Wir sind aber in der Regel so um die 140-150 km/h gefahren, der alte Herr mochte es nicht schneller.
Der Verbrauch hat mich seinerzeit positiv überrascht, denn er lag in der Stadt bei ca. 14 l /100 km und auf Langstrecke bei nur ca. 11 l /100km.
Liegt sicher daran, dass der großvolumige Motor kaum Drehzahlen benötigte.
Gemessen an dem damaligen Neupreis von über 85.000 DM (mit gehobener Komfort-, aber noch lange nicht Vollausstattung) sind diese Autos heute geradezu als Schnäppchen zu haben. Nur der Unterhalt ist natürlich sehr teuer.
Aber größere Reparaturen dürfte ein gepflegter 126er hingegen kaum verursachen; die Mechanik war für die Ewigkeit ausgelegt.
Das ebenfalls schöne Coupé wurde damals von Lästermäulern als "Schlampenschlepper" tituliert, was auf eine gewisse Klientel aus dem Rotlichtmilieu abzielte, die ansonsten gerne z.B.Corvettes und andere Muscle-Cars fuhr. Allerdings finde ich auch dieses Auto aus heutiger Sicht sehr elegant und durchaus gediegen. Man mußte es ja nicht durch geschmacklose Superbreitreifen, Plastikwülste und Spoiler verunstalten, was besagte Käuferschicht ja oftmals leider tat.
Es gibt den 126er auch mit dem 300er Motor, der aber subjektiv empfunden lediglich entäuschende Fahrleistungen brachte und auch nicht weniger, sondern eher sogar mehr verbrauchte.
Einen 420er V 8 gab's auch noch, der war sicher nicht viel schwächer als der 500er.
Die Krönung war der 560er, der noch mehr Power hatte und in der Regel auch meist mit Vollaustattung (oder zumindest annähernd) gekauft wurde. Ich war erstaunt, erst unlängst einige Angebote und die sehr niedrigen Preise solcher Autos zu lesen. Scheinbar ist der 126er noch nicht so richtig von der Youngtimer-Käufergruppe entdeckt worden, oder es ist eben der hohe Unterhalt, der viele abschreckt.
Aber wie schon gesagt, es gibt manche Oldies aus der unteren Mittelklasse, die höhere laufende Kosten verursachen, wenn man die aufwändige technische Pflege und die Reparaturkosten in Betracht zieht.
Dieses S-Klasse- Modell hingegen ist ein voll alltaugstaugliches Gefährt, wenn es in gutem Zustand erworben wird.
Daher lautet mein Fazit: Empfehlenswert.