Nachdem im Juni 2009 mein Hyundai Lantra durch Rost endgültig ins Grab geschickt werden musste, stellte sich die Frage danach, was es denn nun sein solle. Ich wollte nicht mehr auf den Komfort einer mindestens viertürigen Limousine verzichten und natürlich spielte auch der Sicherheitsgedanke bei der Größe eine Rolle - ich wollte nicht Teil des Lenkrads werden, wenn mir mal ein wildgewordener Volvo ins Heck fahren sollte.
Da ich Student bin, war natürlich auch der Preis ein entscheidender Faktor, ein Gebrauchtwagen irgendwo bis 2000 Euro konnte es sein. Nachdem ich mir auf diversen Gebrauchtwagenbörsen verschiedene Honda Civic, Nissan Primera und Mazda 626 angesehen hatte, da ich wusste, dass die Japaner ein beinah unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis haben, wurde ich bei einem Gebrauchtwagenhändler in der Nähe auf einen 626 GE GLX Hatchback von 1997 in einem schicken Dunkel-Metallic-Blaugrün ("Noble Green Mica") aufmerksam. 1400 Euro mit 140.000 gelaufenen Kilometern erschien mir nicht nur fair, sondern gar verliebenswürdig. Fast ein Jahr bis zur nächsten HU unterstrichen das noch. Der Vorbesitzer war Jahrgang '48, so dass ich davon ausgehen konnte, dass der Wagen gut gepflegt wurde - per Scheckheft immerhin bis zu seinem sechzigtausendsten Kilometer.
Nach einer kurzen Testfahrt wusste ich: Das sollte er sein!
--Design/Optik--
Wie oft gesagt wird: Einem Mazda schaut auf der Straße niemand hinterher. Das mag durchaus stimmen, aber ich find die Kiste todschick. Die etwas bullig anmutende Front und Motorhaube, die nebenbei auch den Eindruck einer sicheren Knautschzone machen, mochte ich auf Anhieb. Den Heckspoiler, der sich quer über die Heckscheibe zieht, fand ich kurzzeitig suspekt in Bezug auf das Sichtfeld im Rückspiegel, aber das stellt de facto kein Problem dar. Die große Heckleuchten-Plastikkonstruktion gefällt mir persönlich ebenfalls, das ist mal was anderes.
Das Interieur ist in anthrazitfarbenem Kunststoff gehalten, Sitze und Sitzmatten in dezentem Graugrün - passt schon alles, ist sehr zweckmäßig.
--Bedienung--
Die Armaturen, Hebel und Bedienfelder sind übersichtlich angeordnet. Lediglich das Rädchen für die Leuchtweitenregulierung und der Schalter für die Heckscheibenheizung sind zu weit hinterm Lenkrad angebracht, so dass es immer ein wenig Verrenkung bedarf, sie zu nutzen. Außerdem ist es gewöhnungsbedürftig, dass die Statusanzeige für die Heckscheibenheizung ein gelbes Kontrolllämpchen neben der Tankanzeige ist - zu Beginn erschreckt man sich manchmal, wenn man es aus dem Blickfeld verliert und dann bemerkt, dass da was leuchtet. Der Aschenbecher hakelt manchmal und ist nicht mehr nutzbar, wenn man den Becherhalter, der darunter positioniert ist, geöffnet hat. Aber nun gut, ich sollte eh weniger rauchen. :)
Die Armlehne zwischen den Vordersitzen ist eigentlich nur eine Abdeckung für ein Fach, in dem sich erstaunlich viel Kram unterbringen lässt und als Armlehne kaum zu gebrauchen, aber das ist nicht weiter schlimm.
Die Knöpfe für die Hupe sind links und rechts neben dem Airbag angebracht, was leider manchmal zu einer unabsichtlichen Betätigung führt, wenn man sich das Tellerlenken angewöhnt hat - kann man aber mit ein wenig Übung vermeiden und sollte man ja eigentlich eh nicht machen. :)
Ansonsten gilt auch hier: Alles sehr zweckmäßig und angenehm.
--Fahren--
Wow. Das ist ein verdammt solides Auto! Der Motor ist unglaublich laufruhig und lässt sich auch, wie bei Japanern üblich, kaum von Drehzahlen bis 6500rpm beeindrucken. Sollte man natürlich nicht übertreiben, aber da macht hochtreten trotz der bescheidenen Motorisierung doch manchmal Spaß. Dennoch fühlt sich das Fahren allgemein sehr gemächlich an. Mit einem flotten, aber nicht sportlichen Fahrstil geht der Wagen offenbar am liebsten um. Mit "Kumho Solus Vier KH21"-Allwetterreifen lässt sich das Auto exakt und sicher steuern und auch mal eine Autobahnabfahrt mit 80km/h zu nehmen macht es sicher und präzise mit. Das Fahrwerk ist gemütlich abgestimmt, nicht zu hart, nicht zu schaukelig.
Die Schaltung ist etwas schwergängig und manchmal kommt es vor, dass man beim Schalten in den dritten Gang den ersten erwischt, aber das mag auch nur meine verquere Schalthand sein. :)
Die Gänge 1-3 machen Spaß beim Beschleunigen, der vierte und fünfte sind seeeehr lang übersetzt, so dass man bei 130km/h auf dem Tacho mit gerade etwas mehr als 3000rpm im fünften Gang fährt. Das ist natürlich prima für den Verbrauch und Motorverschleiß, lässt einen aber gerade bei Überholvorgängen auf der Autobahn ein paar mehr PS wünschen. Dann aber kann man auch problemlos noch bei 140-150 kurz in den vierten zurückschalten, der in diesem Drehzahlbereich genügend Reserve aufbietet, zügig zu überholen.
Die Servolenkung ist gut abgestimmt, nicht zu leicht- und nicht zu schwergängig.
Die Seitenspiegel sind durchweg konvex, was gewöhnungsbedürftig ist, aber wenn man sich dann einmal dran gewöhnt hat, macht man auch Überholvorgänge mit genügend Abstand rein über die Seitenspiegel.
--Verbrauch/Verschleiß--
Der Verbrauch ist phänomenal. Mein persönlicher Rekord waren 6,1l/100km auf der Strecke Bonn-Berlin und über die größten Streckenabschnitte 130km/h laut Tacho, also echte 120. Mit einem Mix aus Innenstadt und Autobahn und einer gemäßigten Fahrweise komme ich im Schnitt selten über 7l Super/100km. Wenn man den Wagen mal ordentlich auf der Autobahn tritt, sprich, im Schnitt mit 160-180 Tacho fährt, dann geht's selten über 9, pi mal Daumen.
In den 40.000km, die ich den Wagen bisher gefahren bin, hat sich bisher trotz des verhältnismäßig hohen Kilometerstands noch keine Alterserscheinung offenbart. Der Vorbesitzer hat mir ein kaputtes Antriebswellengelenk, ausgeschlagene Querlenkergummis und eine dadurch leicht verzogene Spur hinterlassen, was mich im Endeffekt nochmal rund 600 Euro gekostet hat - damit war ich dann aber exakt bei den 2000, die ich eh eingeplant hatte und habe nun ein Auto, das sich absolut unkaputtbar anfühlt.
--Ausstattung--
Ich habe den Wagen ohne Klimaanlage erhalten, was ich aber nicht weiter schlimm finde, weil er ganz gut isoliert ist (selten "Sauna" im Sommer) und damit auch ein Wartungskomplex völlig wegfällt, der regelmäßig Geld kosten würde.
Zwei Airbags - Fahrer und Beifahrer - sorgen für grundlegende Sicherheit, Kopfstützen hinten und per Druckkapsel bei einem Unfall selbststraffende Sicherheitsgurte sollten absolut ausreichen.
ABS gehört natürlich zum Standardumfang, ESP ist nicht vorhanden - aber ich fahre auch so gut genug, um ggf. haarige Situationen zu meistern. Dazu kommt besagtes gut abgestimmtes Fahrwerk.
Das Platzangebot ist überwältigend. Selbst bei einem größeren Beifahrer ist durch die langen Sitzflächen hinten immer noch ordentlich Platz auf der Rückbank, die zudem noch vollständig geteilt umklappbar ist und damit zusammen mit dem eh schon üppigen Kofferraumvolumen geradezu danach schreit, dass man auch mal mit zwei Leuten, Schlafsack und Isomatte in dem Auto übernachtet - einfach schon, weil's geht! :)
Ein schönes Gimmick ist außerdem, dass das Türschloss von innen beleuchtet wird, wenn man am Türhebel zieht - gerade nachts ganz praktisch. Außerdem wird dann das Zündschloss ebenfalls von einer grünen LED beleuchtet.
Ein Reservereifen (und zwar ein vollwertiger, nicht so ein Vollgummiklumpen) ist unter dem Kofferraumboden angebracht und nebst Verbandkasten gut zu erreichen, ebenso der Wagenheber. Problematisch könnte es nur werden, wenn man mit vollgepacktem Kofferraum an Reserverad oder Verbandskasten gelangen muss. Dann muss man erstmal alles ausräumen. Das Warndreieck ist mit zwei Gummihalterungen seitlich im Kofferraum angebracht.
Die Scheinwerfer sind Projektionsscheinwerfer und per Werk etwas niedrig eingestellt, so dass man sich ein wenig im Blindflug fühlt - mit einem Schraubenzieher, einem ebenen Parkplatz und Osram Night Breaker-Scheinwerferglühbirnen lässt sich das aber in 20 Minuten beheben und alles ist prima.
Eine dritte Bremsleuchte war bei meinem Modell nicht vorhanden, hier bietet sich aber die Möglichkeit, eine von innen anklebbare etwa bei Conrad zu kaufen. Das tat ich und man kann sie sogar so positionieren, dass sie einem im Rückspiegel nicht die Sicht auf irgendetwas verdeckt.
Sehr gefreut habe ich mich über den Heckscheibenwischer.
Eine elektronische Wegfahrsperre, Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber runden das Programm ab - für meine studentischen Verhältnisse und Ansprüche geradezu ein Luxusauto! :)
Unterm Strich lässt sich sagen: Der 626GE ist ein Auto für Pragmatiker - sparsam, angenehm zu fahren, zweckmäßig eingerichtet, dabei aber wertig verarbeitet und robust. Wenn sich in den nächsten Jahren nicht eklatante Probleme ergeben, wovon ich nicht ausgehe, dann werde ich wohl von Mazda nie wieder wegkommen. :)