Ode an den Turbolader:
Oh du wundervolles Zusatzaggregat
Oh du kraftvoll zupackender Drehmomenthammer
Oh du Vervielfacher der Fahrfreude.
Danke, dass du den Weg in den 3 MPS gefunden hast,
aus dem unscheinbaren Entlein
einen rattenschnellen BMW-Jäger gemacht hast.
Danke, lieber Turbolader.
Nachdem ich meiner Turboliebe in obiger Ode mehr schlecht als recht Luft gemacht habe, wollen wir uns jetzt dem schnellsten aller Mazda mal etwas ernsthafter zuwenden ;-)
Beginnen wir beim Erscheinungsbild des 25.544 Euro teuren Kompakt-Sportlers: Dezent zurückhaltend, unauffällig. So lässt sich der 3 MPS beschreiben, wenn man neutral an die Sache herangeht. Langweilig, dröge oder gar impotent schimpfen Fans von mehr Krawallo-Optik und Einschüchterungs-Potenzial á la R32, ST oder S3 in den einschlägigen Foren. Wir vermuten, dass eine klarere Abgrenzung zu den schwächeren Brüdern vielleicht den Verkaufszahlen der 260 PS starken Mazda-Speerspitze zuträglich gewesen wäre, der Offene-Mund-Effekt beim Ampelstart hätte allerdings darunter gelitten. Denn mal ehrlich, wer rechnet bei so einem braven Gentleman mit einer Turbo-Beschleunigung von 6,1 Sekunden auf 100? Okay, wer genau hinschaut, der erkennt die MPS-typischen Schürzen, Seitenschweller, Alus und den dicken Endtopf trotzdem. Auf den ersten Blick geht unser blauer Testkandidat als Golf-TDI-Konkurrent durch. Ähnliches Bild im Innenraum. Hier kämpfen sehr gut ausgearbeitete Sportsitze, Alu-Pedalerie und -Schaltknauf gegen den Serienlook.
Aber wen interessiert schon der äußere Schein, wenn unter der Haube ein lecker aufgeladener 2,3-Liter mit stolzen 260 Pferdchen lauert?! Also genug sinniert und geschwafelt ab auf die Strecke. In Ermangelung einer geeigneten Rennstrecke muss wieder einmal öffentliches Terrain herhalten (das muss sich ändern). Erster Eindruck nach dem munteren Durchbeschleunigen auf die Autobahn: Ein echtes Turboloch hat der MPS zwar nicht, der Hammerbumms kommt aber erst bei knapp 3.000 Umdrehungen. Dann aber richtig. Die Position des Schaltknaufs ist ausgezeichnet und die sechs Gänge flutschen gut durchs Schaltschema. Dritter, Vierter, Fünfter und Schluss. Bei 240 mahnt der Winterreifen-Aufkleber zum vorzeitigen Ende der Vollgas-Partie. Vom Gefühl her würde ich sagen, die verbleibende Power dürfte auch für 260 locker reichen. Und wo ich eh schon vom Gas gehen muss, kann ich auch ein wenig bei 200 auf der linken Spur herumdümpeln. Es ist klasse. Einmal das Pedal beherzt aufs Blech legen und schon sind die 240 wieder da. Es sind die turbobefeuerten Zwischenspurts, die einen auf der Bahn verweilen, Audi- und Mercedes-Fahrer ärgern lassen. Hier fühlt sich der Understatement-Renner richtig wohl. Langgezogene Kurven bei 230 sind ebenso wenig ein Problem, wie immer wieder nötige 240-auf-110-Bremsungen wegen wenig aufmerksamer Mitmenschen (Danke, lieber Hildesheimer in deinem Opel Corsa A).
Kurz hinter Hannover gehts runter auf die Landstraße und zurück in Richtung Norden. Zwischen irgendwo und nirgendwo in der langweiligen Tiefebene kurz vor Hamburg wird der 1485 Kilo schwere Fronttriebler in übelst engen Kurven ans Limit getrieben. Das Fahrwerk spielt ausgezeichnet mit und auch die Sitze sind mit der Rallye-Gangart einverstanden der Seitenhalt passt. Allein die Lenkung könnte etwas direkter sein, dem wechselnden Rechts/Links konsequenter folgen. Außerdem sehr bedauerlich ist die Abwesenheit des aus dem 6 MPS bekannten Allrad-Antriebs. Ohne die Kraft der vier Räder schiebt der bärige Turbo teils kräftig über die Vorderräder und reißt beim brutalen Rausbeschleunigen aus der Kurve übel an den Pneus. Doch der Grund zur Allrad-Askese ist verständlich: Er ist zu teuer. Hätte Mazda den Antrieb verbaut, wäre die preisliche Kampfansage (25.600 Euro) gegen R32 (34.279 Euro), und 130i (33.950 Euro) und Co deutlich schlapper ausgefallen.
Zurück in der EVOCARS-Garage lassen wir den vor Hitze knisternden Probanden noch einige Minuten weiterlaufen der Turbo wirds uns danken und ziehen unser Resümee. Der Mazda3 MPS macht Spaß. Richtig viel Spaß. Gleichzeitig hat sein Besitzer einen voll alltagstauglichen Wagen ohne Starallüren. Allein der hohe Testverbrauch von durchschnittlich 12,89 Litern und die Versicherungseinstufung von 19 (Haftpflicht) und 25 (Teil- und Vollkasko) stehen der Eierlegenden Woll-Milch-Sau im Wege. Weniger geeignet ist der Dreier ganz klar für extrovertierte Fahrer, denen das Posen an der Ampel mindestens genauso wichtig ist, wie die Power selbst. Diese Vertreter sind mit einem Focus ST in kreischorange und mit Fünfzylinder-Sound sicher besser bedient. Dann gibts allerdings auch 35 PS weniger.