Nun endlich ist wieder Alltag eingekehrt und die ersten Sonnenstrahlen erwärmen nicht nur unsere herzen, sondern sind auch dazu geeignet die Cabrioverdecke zu lüften. Deshalb brachte ich meine Katze auch zum alljährlichen Frühjahrscheck. Als Leiwagen für diese Zeit opferte mein freundlicher Jaguardealer einen Jahreswagen namens S-Type R.
Der zumindest für mich prima gestylte Retro S Jag ist ein Prachtstück der besonderen Art. Nicht zuletzt weil er sich einfach unterscheidet vom dristen Alltagslook vieler anderer Mittleklassemodelle. Ein wenig swinging-sixties, gepaaart mit exklusiver Elaganz und einem Motor versehen, der die Katze schon böse fauchen lässt. Wer den S-Type R von außen betrachtet, merkt sofort, dass dieses Auto sein Talent für Geschwindigkeit selbstbewusst vor sich herträgt. Der Kühlergrill trägt ein silbriges Maschendrahtgitter, im Stoßfänger gibt es zusätzliche Lufteinlässe für den Ölkühler. Anstelle von Chromleisten gibt es Zierat in Wagenfarbe, auf dem Kofferraumdeckel sitzt eine Spoilerlippe und dazu kommen große 18-Zoll-Leichtmetallräder, die auf einem Sportfahrwerk stecken.
Man kann sich jedenfalls sehr, sehr wohl fühlen an Bord des S-Type. Im Topmodell der Baureihe, dem S-Type R, kommt dazu die beinahe überdimensionale Motorleistung. Sämtliche "R-Performance"-Modelle der britischen Marke tragen ein 4,2-Liter-V8-Kompressoraggregat unter der Haube. Dieser Motor entwickelt 395 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 541 Nm. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, das Gaspedal herzhaft niederzudrücken, erfüllt einen der vehement einsetzende Vortrieb mit einem satten Gefühl der Zufriedenheit. Auch aus dem Stand legt die Katze mit der Dynamik eines ausgehungerten Geparden beim Beutemachen los. Die sehr straffe Auslegung des Drehmomentwandlers beschert dem Fahrer also dieses sportliche Erlebnis. Den Sprung auf dem Stand beherrscht die Katze auch deshalb so gut, weil ihr V8 dank Kompressor-Aufladung ab Leerlauf reichlich Newtonmeter auf die Kurbelwelle stemmt. Überhaupt geht der R bemerkenswert gleichmäßig – rein intuitiv könnte man meinen, den Jaguar würde ein riesenhafter Elektromotor anschieben. Akustisch allerdings erweisen sich die beiden Kompressoren als Spielverderber, weil sie dem V8 ein bisschen die typische Boller-Arie verderben. Nur bis etwa 2500 Umdrehungen klingt das Triebwerk so sexy, wie ein V8 eben klingt, darüber dominiert das synthetisch-fade Geräusch der Luftverdichter.
314 Gramm Kohlendioxyd pro Kilometer bläst die Großkatze dabei in unsere Atemluft. Darin gleichen sich übrigens fast alle hochgezüchteten Business-Limousinen. Das sich das zukünftig ändern muß, darüber besteht auch für einen Fan großvolumiger Fahrzeuge kein Zweifel.
Im Durst folgt die große Katze dem Gaspedaleinsatz, was wie immer bei leistungstarken Fahrzeugen eine gehörige Spanne bedeutet. Unter zehn Litern geht, wenig verwunderlich, nichts. Landstraßen und moderates Autobahntempo erfordern knapp 11 Liter, Stadtverkehr und Vollgasorgien reißen die 20-Liter-Marke locker. Aber mit vollen Hosen ist bekanntlich ja auch gut stinken.
Trotz der starken Motorleistung kommt eigentlich nie Hektik auf - schon allein weil sie nicht zum Stil dieses Autos passen würde. Bei flottem Beschleunigen hört man ein kurzes Grollen der Maschine, danach zischt man wieder ruhig dahin wie zuvor. Der Tempomat mit automatischer Abstandskontrolle kümmert sich um den Sicherheitsabstand, die Sechsgang-Automatik legt die Gänge so höflich ein wie ein erfahrener Butler und das gut zu bedienende Touch-Screen-Navigationsgerät findet den Weg.
Im S-Type R kommt ein gegenüber den schwächeren Versionen straffer abgestimmtes Sportfahrwerk zum Einsatz. Ergänzt wird es durch eine adaptive elektronische Dämpferverstellung, die bei Jaguar auf den trickreichen Namen CATS (Computer Active Technology Suspension) hört. Die Seitenneigung ist gering, die mögliche Querbeschleunigung hoch, Lastwechsel kommen spät und nur moderat, selbst bei rüden Fahrmanövern. Mit der geschwindigkeitsabhängigen, zielgenauen Servolenkung zieht die Katze auch bei hohem Autobahntempo sicher ihre Spur. Ein Sportwagen ist der Jaguar deswegen aber noch nicht – wohl aber eine gekonnt abgestimmte, sportliche Limousine.
Die Grundausstattung des S-Type R umfasst Features wie DSC, Traktionskontrolle, Fahrlichtassistent, Zweizonen-Klimaautomatik, elektrische Sitze mit Memory, Bremsassistent, Tempomat, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, Xenon-Licht und Skisack. Extra bezahlt werden müssen klassentypische Extras wie PDC (430 Euro), Navigationssystem mit Touchscreen (3690 Euro), Telefonsystem (990 Euro), Sitzheizung (400 Euro), Regensensor (130 Euro) oder Tempomat inklusive Multifunktionslenkrad (490 Euro).
Ein besonderes Feature umschmeichelt optional den Fahrer: die verstellbare Pedalarie. Die dürfte zwar auch bislang in sorgfältig konstruierten Fahrzeugen niemand vermisst haben, aber die zusätzliche Justieroption nimmt der Lenker gerne an.
Den Pferdefuß am S-Type werden alle entdecken, die mehr sind als 2 Personen. Der Kofferraum fasst mit gerade 400 Litern Volumen sogar erheblich weniger als jener des kleineren X-Type – schlicht winzig für die Fahrzeugklasse und außerdem so flach, dass man mit hohen Gegenständen Probleme beim Beladen bekommt. Die Kniefreiheit hinten entspricht bestenfalls dem Niveau der nächstkleineren Fahrzeugklasse. Nicht ganz so toll, denn so fällt es eventuell schwer, der Dame des Hauses die Katze schmackhaft zu machen.
Trotzdem wirkt der R wie aus einem Guss, weil er seinen sehr guten Langstreckenkomfort mit den überragenden Eigenschaften der Motor-Getriebe-Kombination verbindet: Dies sind die perfekte Automatik und der kultivierte, gleichmäßig Leistung abgebende V8. Hinzu kommt im Falle der aufpreispflichtigen Elektronik per Touchscreen die durchdachte und sehr gute Bedienbarkeit.
Mir zumindest hat er 3 Tage sehr viel Freude bereitet. Aber ich hab ja auch gut lachen, denn meine Familienplanung übersteigt den 1-2 Personenhaushalt nicht.