Zuerst wollte ich den Taunus gar nicht haben.
Kurz zuvor hatte ich meinen heißgeliebten C-Kadett in den Autohimmel geschickt und nun kam mein Onkel mit seinem Taunus auf den Hof gefahren, weil er sich einen neuen Wagen zulegen wollte und mir nun zum Vorzugspreis sein grünes Schätzeken anbot..
Ich schlug ein, denn ich musste ja einen fahrbaren Untersatz haben, auch wenn er mir nicht wirklich gefiel...
Der Taunus und ich wurden dann aber bald dicke Kumpels und ich habe an diesem Wagen schrauben und schweissen gelernt.
Zuerst musste das Radio einem richtig uten Teil aus dem Wal-Mart weichen.. Dafür musste aber erst einmal das Radiofach per Flex erweitert werden.. Es folgten ein neur Velours-Teppich, natürlich von Vorwerk...War ein Reststück vom Innenaustatter, ein Batzen Lautsprecher aus Papis Keller und einer der ersten CD-Spieler fürs Auto..revolutionär...
Dann wurde es richtig peinlich:
Scheiben raus und Grabfolie drauf, Funkantenne auf den Kofferraum, Spoiler aus Jummi vom Schrottplatz auf die Kante geschraubt, dem dann kurze Zeit später noch so eine tolle Reflektorleiste zwischen den Rückleuchten folgte.
das Nummernschild miússte dann mittels separatem Halter unter der Stosstage befestigt wrden.
Chromendröhrchen auf den Endtopf gestopft und nen tollen Front242- Aufkleber hinten drauf gepappt, fertig war das Heck....
Aber es geht ja noch weiter...
Mein Schrotthändler hatte da noch Zierringe aus Chrom für die Felgen im Regal liegen..Also Felgen schwarz lackiert, Ringe drauf und die Schrift der Reifen wurde mit weißem Gummistift (gibt´s so was überhaupt noch...? )nachgezeichnet, was bei Kelly und Stummil wirklich toll aussah :-)
Taunus-Schriftzug auf die Unterkanten der Türen und nen selbstgeschnitzten Ford Schriftzug mit D-C-Fix in Übergrösse auf der Motorhaube rundeten das einzigartige Erscheinungsbild dieses Renners ab.
Der "Böse Blick " wurde kurzerhand mit schwarzem Isolierband durchgeführt, Grünkeil auf die Windschutzscheibe und schon war das Optik-Paket vollendet.
Man muss dazu sagen, dass meine Eltern sich in nicht unerheblichem Maße am Unterhalt dieser Badewanne beteiligten und teilweise auch mit nutzten...
Grosses Entsetzen löste die Entfernung grösserer Dachflächen mit einer Flex aus, um ein Sonnendach platzieren zu können...
So, feddich.. Jetzt zu den Fahreindrücken:
Das Fahrwerk kann man durchaus als komfortabel bis sänftenähnlich bezeichnen, wobei Gasdruckdämpfer dem Taunus eine durchaus sportliche Note verliehen...
So sportlich, dass ich den Enbau von Schroth-Gurten für sinnvoll hielt...Auch wegen des Seitenhalts bei zügiger Kurvenfahrt durchaus sinnvoll, um nicht in der Tür oder beim Beifahrer zu landen...
Die 68 Pferde reichten dem Taunus auch zu spektakulären Übersteuerungsmänövern auf trockener Straße... Zum Glück war damals der Sprit noch nicht so teuer..
Aber auch dem Verbrauch konnte geholfen werden, denn es gab eine Weber-Registervergaser vom Vorgänger, dem Knudsen-Taunus, der unterm Blech weitestgehend baugleich war und diesem mit anderen Nockenwellen 88Ps verlieh.....Meinem Taunus, auch ohne schärfere Nockenwelle, zu nem V-max.-Zuwachs von 15Km/h verhalf, den Verbrauch um ca. 2 Liter senkte und den ASU-Prüfer verzückte, weil die Kiste recht mager lief...
Nur der TÜVprüfer fand es sonderbar, dass dort ein solcher Vergaser verbaut war...Also alten Zerstäuber wieder drauf, TÜV, danach wieder mager fahren....
Kofferraum: Flach aber geräumig, weil riesige Grundfläche...
Sitze: ommas Sofa war ähnlich weich und man saß so toef, dass ich mit meinen 1Meter90 fast Gefahr lief durchs Lenkrad gucken zu müssen.
Aus und Einstieg sehr komfortabel, weil riesige Türen...
Schrauberfreundlich, denn man konnte jedes Teil im Motorraum sofort erkennen und kam auch mit Aldi-Werkzeug überall dran..Der Getriebewechsel war in weniger als ner Stunde vom Tisch.. Das Ding ging aber auch immer wieder mal kaputt und das Heulen der Gänge störte so beim Musikhören..
Das große Manko war die Rostanfälligkeit und man hatte das Gefühl, dass die Dinger schon im Prospekt vor sich hinblühten..
Schweller waren Standardroststellen, genauso die Ansätze der Türschweller in den vorderen Radkästen. Der Kofferraum blieb auch nicht verschont und wer nicht aufpasste, saß mit seinem Sitz irgenwann mal auf dem Asphalt...
Man musste dieses Auto einfach liebhaben...
Und jetzt, wenn ich denn noch einmal einen Taunus auf der Strasse entdecke, schlägt mein Herz gleich höher....
Ich glaug, ich würde wieder einen fahren...Und auf Gas umrüsten :-))