Was für ein Auto!
So einfach war ein Kleinwagen noch in den 80er/90ern. Keine Klimaanlage aber praktische Austellfenster hinten.
Kein ESP aber trotzdem ein berechenbares, ehrliches Fahrwerk. Keine Servolenkung aber präzise zu lenken. Ein Motor den man hört, dessen Töne jedoch nicht stören, sondern begeistern. Ein Maschine, die zwar keine Bäume ausreist, trotzdem spritzig ist. ...Und erst die Form - eckig durch und durch. Ein Typ mit Charakter, Ecken und Kanten, ein Auto das man auf dem Parkplatz wiederfindet zwischen all den flachen, mandeläugigen Flundern in langweiliger Tropfenform. Doch genug des Philosphierens. Hier nun ein paar Fakten. Ich besitze meinen Uno seit 1995, habe ihn mit 25.000 km für 8.5000 DM von privat gebraucht gekauft und bin mittlerweile 210.000 km gefahren. Es gab eine Zeit, so zwischen Kilometer 75.000 und 100.000, da hat mein Uno 1.1 so manches Mal Frust gespendet und nicht nur aus reiner Verschleissfreude. Hauptproblem war immer wieder die Einspritzanlage Monojetronic von Bosch und ihr Umfeld. Egal ob Drosselklappenpetentiometer oder Stellmotor in diesem Bereich nervte einiges. So schwankte die Drehzahl immer mal wieder, bis das der Motor ausging. Ein Wechsel der Einspritzanlageneinheit brachte nur kurzfristig Besserung. Trotzdem gab ich nicht auf und tauschte nach und nach Stellmotor, Zündmodul und sogar den Kabelbaum und Steuergerät. Mit Erfolg. Ab 100.000 km war der Uno dann sehr zuverlässig, hat mich auf keiner Reise im Stich gelassen und verlangt nur noch die übliche regelmäßige Wartung. Nachträglich haben sich die Reparaturkosten also amortisiert, man muss jedoch bereit sein, diese Geduld und dieses Investition aufzubringen, denn aus Fiat-Foren ist mir bekannt, dass mein Fall mit der Elektrik kein Einzelfall ist, sondern symptomatisch. Kleiner Tipp zur Motorwahl: Die 45-PS Version, so wie Sie auch einmal meine Schwester gefahren hat, hat eine andere und zuverlässigere Einspritzanlage aus dem Hause Magneti Marelli bzw. Weber. Sie ist auch wesentlich verbreiter, da Sie länger und in größeren Stückzahlen produziert wurde. Einen Nachteil gegenüber des 1.1 Liter-Uno hat jedoch die kleinere 1.0 Version des Uno: die hackeligere Schaltung.Mein 1.1 verwöhnt hingegen schon mit einer komfortablen Seilzugschaltung (die in ähnlicher Form im Nachfolger Punto Typ 176 verwendet wurde), die für italienische Verhältnisse präzise, auf jeden Fall "knackig" gelang.
Weitere Pro und Contras: Da mein Uno mit Baujahr 92 ein spätes Modell ist, spürt man eine gewisse Routine in der Verarbeitung und Materialqualität.So ist z.B. die Lackierung sehr haltbar und die Innenraummaterialien sind bei etwas Pflege auch heute noch anssehnlich. Im Vergleich zu damaligen Konkurrenten in Form eines Ford Fiesta oder Opel Corsa klapperte der Uno -allen Vorurteilen zum Trotz- von Anfang an beachtlich wenig...das ist bis heute so geblieben. Eine Schwäche, die leider das Image von Fiat immer mal wieder ankratzte: Rost. Ja, auch mein Uno rostet. Aber nicht an tragenden Teilen, sonder "nur" minimal unterhalb der Heckklappendichtung. Hier haben die Italiener geschludert und Ablaufkanäle vergessen. Nur eines bringt wirklich dauerhaft Abhilfe: Fensterdichtung entfernenen, gesamten Bereich Abschleifen, mit Fertan entrosten, Zinkspray und Grundierung auftragen, lackieren mit Karosseriefett versiegeln, neue Fensterdichtung rein. Hohlraumversiegelung ist sowieso in der Prä-Verzinkungsphase von Fiat Pflichtprogramm, genauso wie ein intakter Unterbodenschutz. Dies beherzigt, hält die Karosserie - trotz Spaltmaßen, die einen Golffahrer deprimieren würden - fast ewig. Etwas Pflege, dass ist etwas was leider den wenigsten klassischen Fiat zuteil wird, hat der Kleine ganz gerne. Also behutsam warmfahren, nicht nur Vollgas, die Mechanik und nicht zuletzt die Zylinderkopfdichtung dankt´s. Diese Dichtung war bei meinem bei km 140.000 km fällig, was nach Erfahrung anderer Uno-Fahrer normal ist und, wie der Zahriemenausstausch (prophylaktisch alle 60 TKM), ein wichtiges Kriterium beim Gebrauchtwagenkauf sein sollte.
Nicht allgemeingültig, aber Fakt:
Die Querlenker der Vorderachse waren bei 100.000 km fällig, die Kupplung bei ca. 150.000 km. Dafür hilet die Lichtmaschine bis 195.000 km.
Ein Vorteil der kastigen Karosserie: Platz! Selbst vollbesetzt bleibt in Relation zu Fahrzeuggröße genug Raum für alle. Außerdem begeistert das Kofferumvolumen, das, bei umgelegter Rückbank, sogar Kühlschrank-Transporttauglich ist. Zu den Unterhaltskosten: Eine weiter Domäne des Uno, auch Dank der Schrauberfreundlichkeit. Der Benzinverbrauch ist zwar mit bis zu 7,5 Litern im Vergleich zu modernen Kleinwagen zu hoch, dafür kann er aber bei den Wartungskosten und -falls in Zeiten der Abwrackprämie überhaupt noch ein fahrbares Exemplar zu finden ist- mit seinem heutigen Anschaffungspreis glänzen. Ein paar Beispiele zu den Ersatzteilen (Erstausrüsterqualität): Ölfilter 6 Euro, Luftfilter 7 Euro, Satz Bremsscheiben inkl. Beläge ca. 50 Euro. Bloß kein Synthekiköl nehmen, das wäre herausgeschmissenes Geld. Beste Erfahrungen habe ich mit 10W40 Öl gemacht, es reicht aber auch dickflüssigers 15W40, gerade wenn die Laufleistung jenseits 100.000 km ist. Da mein geliebter Uno mittlerweile als Saisonfahrzeug geschont wird, kann ich zur Versicherung nicht viel sagen, außer dass in meinem Fall nur 200 Euro Haftpflicht zwischen April und Oktober fällig sind.
Dank grüner Umweltplakette (Uno 1.1 hat E2)darf der Uno sogar in städtische Umweltzonen. Die Kfz-Steuer ist trotz erhöhtem Steuersatz in Anbetracht des geringen Hubarum vertretbar (Saison 51 Euro). Noch gibt es sie, wenn auch selten geworden: gepflegte Exemplare für kleines Geld, d.h. bis 1000 Euro. Zugreifen sollte jeder, der ein übersichtliches, praktisches, individuelles Auto sucht, das auch mit kleinem Budget zu finanzieren ist. Eine zeitgemäße Sicherheitsausstattung oder (Ausstattungs-)Komfort, der über die bequemen Sitze oder das selbst langstreckentaugliche Fahrwerk hinausgeht,darf man jedoch nicht erwarten. Die Ur-Version des Uno ist vor immerhin 26 Jahren auf den Markt gekommen. Fahrspaß vermittelt er aber immer noch. "Back to the Roots" oder "Zurück in die 80er" sollte daher das Kaufmotto sein. Eine Spitze von ca. 160 km/h mag zwar langsam erscheinen, dafür ist der Uno aber, beherzt geschaltet, gierig nach Beschleunigung. Dank vernünftiger Bremsen ist auch das Gegenteil hiervon kein Thema. Und den Schraubenschlüssel benutzt man weniger oft, als es dem Image der Marke entspricht. Wenn´s doch sein muss, geht das dann aber umso einfacher.Alles in allem macht der Uno mit seinen schlanken 770 kg Spaß!