Fiat Bravo 2.0 Multijet, Ausführung Sport (2009) + Klimatronic
Design - Karosserie - Verarbeitung
Die Verarbeitungsqualität wird bei Fiat ständig verbessert, man erkennt die Fortschritte zum Stilo. Dennoch findet man mitunter kleine Mängel im Detail. Rost ist seit Jahren kein Thema mehr. Fiat Motoren sind zudem über die Zeit äußerst standfest und sparsam geworden, was für eine hohe Zuverlässigkeit spricht.
Interessant ist, dass auf der Fiat intern bezeichneten Plattform "940" der "Bravo", der neue Lancia "Delta" sowie der Alfa 147 Nachfolger "Milano" aufgebaut ist. Insoweit sicherlich keine schlechte Basis für ein gutes Fahrzeug.
Die Karosserie ist entsprechend übersichtlich, wenngleich das Design seinen Tribut fordert, ganz ähnlich wie bei anderen Marken. Ein schnittiger Wagen mit Coupe-Optik und gutem Raumgefühl. Die aufpreispflichtigen Rückfahrsensoren sind dringends anzuraten.
Die serienmäßigen 225er x 18 Zöller stehen vergleichsweise tief in den Radhäusern. Da helfen nur Distanzscheiben. Das Auto besitzt ab Werk zahlreiche dezente Spoiler, einen verchromten Doppelrohrauspuff sowie rot lackierte Bremssättel, was zusammen betrachtet den Wagen noch einen Hauch dynamischer erscheinen läßt. Seit 2009 gibt es schließlich nur noch die Sportausführung, "Sport Plus" ist entfallen, was aber kein Nachteil ist.
In der Ausführung "Sport" sind die Instrumente feiner gezeichnet - ordentlich skaliert, weiße Zahlen auf dunkelgrauem Grund mit rotem Innenring ("alte" 2008er Sportausführung, fast weißes Ziffernblatt mit schwarzen Zahlen). Leider sind diese aufgrund der stark spiegelnden Abdeckscheibe bei Sonne schlecht ablesbar, zudem ist die Abdeckung extrem kratzempfindlich!
Kleiner Trost: im Nachtmodus leuchten die rot-orange unterlegten Zifferblätter klar und deutlich und sehen toll aus.
Das Armaturenbrett wirkt in der Sportausführung mit seinen Chromaplikationen und der Karbonoptik edel und markant.
Die aufpreispflichtigen, abgedunkelten Heckscheiben sind sehr zu empfehlen, diese lassen kaum Blicke nach innen zu (fast schwarz), die Sicht nach außen ist demgegenüber hervorragend.
Komfort - Klimatisierung - Sitze - Audioanalge
Das Auto bietet gutem Komfort, Platz ist für eine 5 köpfige Familie samt Gepäck genug vorhanden. Der Kofferaum fast satte 400 Liter, störend nur die hohe Ladekante. Die Sportsitze sind besser als das Standartgestühl, lassen aber immer noch zu wenig Seitenhalt zu. Die Stoffausführung ist recht robust aber auch sehr rau, was bei feinen Anzugsstoffen mitunter zu erhöhtem Stoffabrieb führen könnte (bleibt abzuwarten) - da wäre die Lederausstattung die bessere Wahl. Die Klimaautomatik arbeitet sehr kräftig, viel effektiver als in den Vorgängermodellen. Die Bedienung ist einfach und klar strukturiert. Das Lederlenkrad mit seinen roten Nähten ist ein besonderes Schmuckstück, es ist in Höhe wie Tiefe verstellbar und liegt außerordentlich gut in der Hand.
Die Autoradios im Bravo sind endlich mal allesamt eine Klasse für sich! Empfangsstark, sehr klarer räumlicher Klang mit gutem Bassfundament. Das Beste was ich bei serienmässigen Radios in dieser Fahrzeugklasse hören durfte. Der Wunsch nach Aufrüstung ist nur für Sound-Freaks gegeben. Enstprechende Blenden, auch im Din-2 Format, sind im Zubehörhandel erhältlich. Mit an Bord sind das Blue&Me System sowie eine USB-Dockstation, was im Verbund mit Bluetoth Freisprechen über das Radio sowie das Abhören von MP3 via USB-Stick ermöglicht.
Großes Manko: Es fehlt an Ablagemöglichkeiten. Es muss ja nicht gleich wie bei den Franzosen sein, in denen man seinen Kleinkram in Hunderten von Verstecken suchen kann, aber ein wenig „Mehr“ wäre nicht verkehrt… Das Fach unter dem Beifahrersitz ist ein echter Witz, mehr als 2 Packungen Papiertaschentücher sind nicht unterzubringen?! Da hilft dann auch die zusätzliche Tasche an der Rückseite des Beifahrersitzes wenig. Bitte - Liebes FIAT TEAM - beim nächsten Modell etwas mehr für die Dinge des Alltags... Somit kann ich in der Rubrik Alltag nur 4 statt 5 Punkte vergeben, schade eigentlich.
Fahrwerk und Motor
Der 2.0er hat ab Werk ein Sportfahrwerk. Die Abstimmung ist jedoch weniger gelungen: weiche Dämpfer - harte Federn, was unter Umständen zum leichten Aufschaukeln - Autobahn ab 200 km/h - führen kann. Hier hilft nur die Tuningabteilung, insoweit bieten zahlreiche Firmen auch schon für den 2.0er Lösungen an. Dennoch hat das Fahrzeug eine gute Straßenlage. Kurven werden neutral, leicht untersteuernd durchfahren. Damit keine Mißverständnisse aufkommen, das Fahrverhalten ist sehr sicher und deutlich besser als im Standdart-Bravo. Die Lenkung ist leicht und zielgenau, aber mit wenig Gefühl zur Fahrbahn - fast schon typisch für alle modernen Autos in der Kompaktklasse mit elektrisch unterstützter Lenkung. Der zuschaltbare City-Modus der Lenkeinheit ist absolut überflüssig.
Der neue 2.0 Motor (Euro 5) mit DPF ist ein leichtfüßiger Geselle und nicht so ein "Radaubruder" wie der 1.9er, der ansich ein tolles Triebwerk war. Der "Neue" arbeitet kultivierter und leiser. Er gibt seine Leistung zwar recht sanft, aber mit Nachdruck, ab. Der Eindruck eines gegenüber dem 1.9er schwächeren Motor täuscht erheblich. Der 2.0er baut fast unmerklich enorme Geschwindigkeiten in kürzester Zeit auf.
Der enorme Drehmomentzuwachs des "Neuen" mit seinen satten 360 Nm bei 1.750 U/min läßt den den "Alten" mit 305 Nm bei 2.000 U/min glatt im Regen stehen. So motorisiert gestaltet sich dann auch der Standartspurt von 0 auf 100 km/h mit 8,2 sec zum Vergnügen und zum absoluten Golf GTD Jäger
Überholvorgänge sind, egal in welchem Gang, in Sekundenbruchteile erledigt und der "Überholte" entschwindet dem Rückspiegel in "Null-Komma-Nichts", Toll! Die Gangwechsel gestalten sich zügig und flüssig nur im kalten Getriebezustand hackelt es manchmal etwas.
Auf der Autobahn angenehm leise und durchzugsstark. Bei 3.000 U/min im 6. Gang "rollt" man mit gut 180 km/h dahin, das spart Diesel und Gehörnerven. Im oberen Drittel jenseit der 190 km/h geht der "Neue" dann auch Dank des gewaltigen Drehmomentes wesentlich kräftiger zur Sache als der alte 1.9er.
Die Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h wird fast spielerrisch erreicht. Der "Neue" erlaubt überraschenderweise extrem schaltfaules und untertouriges Fahren schon zwischen 1100 - 1700 U/min, das spart ebenfalls Sprit. Der Durchzug ist ab 1400 U/min deutlich spürbar, ab 3000 U/min schon fast brutal. Die Drehzalnadel schnalzt gerade zu in den Begrenzer!
Das die Kraft auch auf die Straße ohne durchdrehende Räder gebracht werden kann, ist der intelligenten Motorsteuerung zu verdanken.
Dieser neue Motor ist in Abwandlungen auch bei Lancia, Alfa Romeo und Opel zu finden. Im Lancia Delta und im Opel Insignia wird er auch in der Ausbaustufe mit 190 PS (Bi-Turbo) angeboten. Im kommenden Alfa Milano soll der Grundmotor nach Presseberichten statt 165 PS dann 170 PS abgeben. Die 5 PS Unterschied werden aber das Kraut nicht "fett machen", wie man so sagt.
P.S.: Die sanfte Leistungsentfaltung ist gewollt. Die Drosselklappe wird bei Vollgas nicht abrupt geöffnet, sondern schrittweise - stufenlos, hier zollt man den neuen Abgasemissionswerten Tribut. Aber das ist gut so, der Umwelt zu Liebe.
Verbrauch - Sicherheit
Die Werksangaben sind nur bei extrem zurückhaltender Fahrweise (wie die sprichwörtliche Oma) zu realisieren. Im Alltag pendelt sich der Verbrauch bei 6,9 Litern ein. Auf der Autobahn können es im Expresstempo auch mal bis 9,2 Liter sein, aber dass ist für die gebotene Leistung ein noch respektables Ergebnis. Bei einem Tankinhalt von 57 Litern lassen sich entsprechende Distanzen gut bewältigen.
Testwerte (privat):
Drittelmix-Normverbrauch: 6,9 Liter / 100 Km bei vorwiegend Stadt + Landstraße
Minimalverbrauch: 5,3 Liter / 100 Km (Drittelmix)
Maximalverbrauch: 9,2 Liter / 100 Km (Drittelmix)
Vmax (laut Tachoeinheit): 230 km/h
Reichweite mit einer Tankfüllung bis zur Reserve: im Mittel ca. 730 km
Kritik: Die Reserve ist mit doch gut 10 Litern sehr üppig bemessen. Der Bordcomputer zeigt beim Erreichen der Reserve "-,-- km" an, was schließlich verunsichern kann.
Sehr angenehm, die von Fiat auf jeweils 35.000 km angegelegten Serviceintervalle, das schont den Geldbeutel.
Der Bravo bietet Sicherheit satt:
5 Sterne im NCAP Crash Test, ESP, ABS, ASR, Hillhoulder, Bremsassistent, 7 Airbags (davon 1 Knieairbag), Nebelscheinwerfer mit Kurvenlichtfunktion serienmäßig.
Das ESP regelt spät aber feinfühlig und läßt Raum für sportliche Ambitionen. ASR ist nur bei Nässe, Glätte und groben Fahrmanövern aktiv. Die Bremsen sind standfest, könnten aber im Bravo Sport bissiger sein. Zudem verlangen diese bei harten Manövern aus hohem Tempo heraus eine starke Hand, denn mit der Spurtreue (im Verbund mit den 225er 18" Zöllern) nimmt es dann der Bravo nicht mehr so genau. Der Bremmsassitent (bei Gefahrenbremsungen) kommt früh und setzt mit Nachdruck ein, dabei wird automatisch die Warnblinkanlage aktiviert. Der Hillhoulder verlangt eine gewisse Eingewöhnung, aber die Damen unter uns werden es lieben.
Kritik: Die Hupe entlässt bei Bedarf ein schwaches "Tönchen", das wars auch schon, aber der Warneffekt möchte sich nicht einstellen. Viel zu schüchtern. Bei 160 auf der Autobahn, kann man sich dann nur noch mit Lichthupe verständigen. Doch was macht man im Großstadtgewimmel, wenn ein Radfahrer samt I-Pod im Ohr unachtsam den Weg kreuzt? Eine Fahradklingel macht mehr Lärm... auch hier empfehle ich eine Umrüstung.
Positiv: Die Außenspiegel sind groß, abgedunkelt und lassen einen sehr guten "Rückblick" zu. Die Rundumsicht ist ausreichend. Isofix-Kindersitzhalterungen an der Rückbank sind ebenso serienmäßig, wie der abschaltbare Beifahrerairbag bei Benutzung von Babyschalen.
Lediglich aktive Kopfstützen sind aufpreispflichtig.
Schatten: Das Licht der Projektionsscheinwerfer ist zu fad! Hier schafft nur das teure Xenon Abhilfe.
Fazit:
Recht bequemer, reistauglicher Familienwagen mit sportlichen Ambitionen, sehr hoher Sicherheit und modernem, kräftigem sowie sparsamen Diesel.
Ein Auto für all diejenigen die weder zur VW Golf noch Opel Atsra Fraktion gehören wollen, italienisches Design lieben und mit einem "Hammermotor" den meisten Anderen auf und davon fahren möchten. Dem neuen VW GTD (2009) ist das Fahrzeug zumindest in Sachen Fahrleistung ebenbürtig, leider auch im Preis. Je nach Ausstattung kommt man an die 30.000er Marke ran. Dennoch eine klare Kaufempfehlung.