Erfahrungsbericht Citroen C4 Picasso BlueHDi 150 2.0 (150 PS) von washakie68, März 2017
Seit drei Jahren versuchen wir, ein Fahrzeug für unsere fünfköpfige Familie aufzutreiben. Voraussetzungen: Benziner (Fahrleistung: 8000 km/Jahr, geringere KFZ-Steuer als bei Diesel) Variabilität, großer Kofferraum.
Bis auf den T6 bieten alle nur Diesel an. Renault Traffic, Opel Vivaro usw. Ford und VW mit S-Max, Galaxy und Touran, Sharan haben sich preislich ins Abseits geschossen. So ist das Angebot ist stark ausgedünnt bei der Suche nach einem Benziner.
Ich verstehe die Automobilindustrie nicht. Das Suchen nach einem Fahrzeug soll doch Spaß machen. Bei uns ist es keiner mehr, sondern eher eine Zumutung und Belastung. Oder meinen die Bosse, Familien fahren alle über 15.000 oder 20.000 km pro Jahr, wo sich Diesel lohnen? Produktvielfalt, Auswahlmöglichkeiten, Kundenorientierung: Die Autoindustrie agiert m.E. völlig am Kunden vorbei. Und wehe, die gewerblichen Zulassungen gehen eimal zurück. 33 % Privatanteil an den Gesamtzulassungen sagt vieles darüber aus, daß die Hersteller die Privatkunden nicht mehr zum Neuwagenkauf animieren können. Kein Wunder. Unsere Erfahrungen decken sich damit.
Zurück zum Auto.
Einzig Renault mit dem Grand Scenic und Citroen mit dem C4 Grand Picasso bieten diese Möglichkeiten bei einem Budget bis ca. 28.000,-- €. VW, Ford, Opel u.a. seine wegen ihrer Aufpreislisten und kargen Serienausstattung von vornherein aus dem Raster geflogen. Preislich viel zu sehr abgehoben.
Der Gegenwert passt einfach nicht mehr.
Ich fuhr den HDI 150 mit Automatik. Sehr gewöhnungsbedürftig. Nur noch das Bremspedal ist vorhanden, die Kupplung ist abgeschafft. Der linke Fuß sozusagen still gelegt. Die Automatikschaltung ist über dem Lenkrad platziert. Die Schaltungen gehen gut vonstatten, wenn man sich daran gewöhnen kann. Hatte aber immer Bedenken, daß dieses "Stäbchen" bricht. So verletzlich und labil lag es in meinen Fingern. Mehrmals hatte ich Panik, daß ich meinem Vordermann auffahre. Ging aber gut. Trotzdem nichts für mich. Die Automatik ist noch dazu ca. 1000,-- € teuerer als die 6-Gang-Schaltung. Mir ist schleierhaft, warum für dieses System von Citroen noch ein Aufpreis von ca. 1000,-- € beim 130-PS-Benziner verlangt wird. Beim THP 165 sind es sagenhafte 2.700,-- €!
Abgesehen von der Schaltung ist der C4 Grand Picasso für Familien bestens geeignet. Die Variabilität von umlegbaren und verschiebbaren Rücksitzen (auch die Neigung ist einstellbar) bis hin zur Möglichkeit auf einen 7-Sitzer aufzurüsten sowie die elektrische Heckklappe sind Pfunde, die heutzutage fast niemand mehr bietet und wiegen vieles wieder auf.
Die Anzeigen in der Mittelkonsole sind ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftig. Genauso wie das überfrachtete Lenkrad. Ich habe mich nicht konkret damit auseinandergesetzt, sozusagen nur die Temperatur im Wagen eingestellt und die Radiosender gewechselt, denke aber, daß es mit der Zeit besser wird, wenn man die Anlernphase hinter sich hat und auch die Ablenkbarkeit in den Griff zu kriegen ist. Die Soundanlage mit JBL-Paket ist Klasse. Nur unterm Fahren würde ich jetzt am Anfang nicht oft auf dem Display lostippen. Das lenkt schon gewaltig ab. Wer aber weiß, was man wo suchen muß, kann das tun. Dauert aber seine Zeit, bis die Abläufe und Einstellungen klarer werden. Man sucht sich anfangs einen Egon, weil das ganze doch sehr verschachtelt wirkt. Aber wie gesagt: am Anfang. Die Zeit bringt vieles mit sich.....
Das Auto hatte ein sensationelles Panoramadach. Zusätzlich zur standardmäßigen bis ins Dach hineinreichenden Windschutzscheibe. Die Sonnenblende oben ist verstellbar und kann je nach Bedarf nach vorne und hinten verschoben werden. Klasse gemacht. Das Glasdach kann innen vierfach per am Dach angebrachter Sensorsteuerung geregelt werden. Überragende Lösung. Das bietet keiner.
Der Wendekreis ist sensationell. Ich konnte soweit einschlagen, daß ich gemeint habe, ich drehe mich auf dem Kreis. Die Lenkung eher gefühllos (auch an das gewöhnt man sich) und die Sitze geben auch eher wenig Seitenhalt. Sowohl hinten und vorne. Sind aber nicht unbequem, sowohl hinten wie vorne. Klasse auch die Lüftung für die Fondsitze und die an den Vordersitzen angebrachten Tablets. Tragen auch nicht so dick auf die beim Renault Grand Scenic, wo sie viel Beinfreiheit kosten.
Der Picasso hat drei vollwertige Einzelsitze. Drei Erwachsene haben nebeneinander Platz. Leicht eingeengt, aber es geht. Die anderen Vorzüge habe ich ja schon erwähnt. Unter den Füßen sind noch zwei Ablagefächer. Das sollte auch noch erwähnt werden...
Die Verarbeitung ist m.E. nicht schlechter als bei den deutschen Wettbewerbern. Auch die Haptik ist okay . Der flauschige Filzboden im Kofferraum und die "Schleifentechnik" beim Umlegen der Rücksitze bzw. Aufrichten der Sitze ist auch okay. Man verstellt ja auch nicht jeden Tag seine Rücksitze aufs neue. Da braucht man nicht unbedingt Tasten oder eine teuere Klapptechnik. Auf Diskussionen über Spaltmasse lasse ich mich nicht ein, weil das deutsche Pendant bei gleicher Ausstattung sicher einige Tausend Euro mehr kostet als der Citroen.
Die Verarbeitung und Materialanmutung mag nicht auf dem Niveau der deutschen Hersteller liegen. Kann sein. Wer sich aber einen Seat oder Skoda vornimmt und vier- oder sechstausend Euro mehr hinblättert, wird auch nur von einer zwar gut verarbeiteten, aber doch nicht übersehbaren Hartplastiklandschaft im Innenraum "verwöhnt". Jedem selbst überlassen, ob er sich das antun möchte.
Citroen kann Van. Das steht fest. Auf ihre doch manchmal sehr eigenwillige Art.
Meine Kinder sind begeistert und wollten das Auto gar nicht mehr loslassen. Meine Frau kämpft noch mit sich.....
Als Fazit und trotz vier Sternen ist das Auto für mich als Deutschen mit seiner gewissen Vorstellung, wie etwas zu sein hat, eher als durchwachsen zu bezeichnen. Auf vieles muß man sich einfach einlassen. Ein Franzose eben. Das Design mag polarisieren, uns gefällt es. Es sieht einfach spacig aus und auf der Straße ist man zumindest bei uns die absolute Ausnahmeerscheinung.
Bisher habe ich im Umkreis von ca. 50 bis 80 km nur drei Citroen C4 Picasso in weiß und schwarz gesehen. Das sagt schon alles aus.
Das prozentutal größte Manko bei uns in der Gegend ist die nicht vorhandene Händlerunterstützung. Bei einem Garantiefall (nur 2 Jahre Garantie, noch ein Minuspunkt!) müßten wir ca. 40 bis 50 km zur nächsten Werkstatt fahren. Das kann eigentlich nicht sein. Citroen vernachlässigt unsere Gegend seit Jahren. In den letzten zwei ist es sogar noch ärger gekommen. 4 (in Worten VIER) Citroen-Händler gibt es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr. Die vertreiben jetzt Toyota o.ä. Bei einem weiteren Händler mit zwei Standorten hört man, daß sich Citroen auch von diesem trennen will.
Sie bauen eigenwillige Autos. Gut. Aber wer seinen Vertrieb vernachlässigt und keine Alternativen schafft, verliert den Anschluß an die Kunden und lässt ganze Landstriche brachliegen. Niemand mehr hat Citroen auf dem Schirm. Schade, aber offenbar auch gewünscht. Weil die Verkaufsvorgaben seitens Citroen nicht zu erfüllen sind? Habe so etwas gehört....